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Abgren­zung zwischen ärzt­li­cher Tätig­keit und Krankenanstalt

Kate­go­rien: Klienten-Info , Ärzte-Info

November 2002 

Der VwGH stellt im E. 19. Juni 2002, 2001/15/0053 in Abwei­chung von den Umsatz­steu­er­richt­li­ni­en Tz 950 folgende Kri­te­ri­en für die Abgren­zung der Tätig­keit eines Arztes von einer Kran­ken­an­stalt (z.B. Ambu­la­to­ri­um) auf:

::Für die ärzt­li­che Tätig­keit ist die Eigen­ver­ant­wort­lich­keit des behan­deln­den Arztes gegen­über den Pati­en­ten nach dem
Ärz­te­ge­setz maß­geb­lich.

::Kran­ken­an­stal­ten setzen eine orga­ni­sa­to­ri­sche Ein­rich­tung nach dem Kran­ken­an­stal­ten­ge­setz voraus. Infolge Ver­pflich­tung zur Bestel­lung eines Stell­ver­tre­ters des ärzt­li­chen Leiters, müssen min­des­tens zwei Ärzte der Kran­ken­an­stalt zur Ver­fü­gung stehen. Der Behand­lungs­ver­trag wird nicht nur mit dem Arzt, sondern auch mit der Ein­rich­tung, die unter sani­täts­be­hörd­li­cher Aufsicht steht, abge­schlos­sen. Weiters ist ent­schei­dend, dass die Mög­lich­keit der gleich­zei­ti­gen Behand­lung mehrerer Personen besteht.
Stand bisher – nach den Umsatz­steu­er­richt­li­ni­en – eher eine prag­ma­ti­sche Lösung der Abgren­zung im Vor­der­grund (Zurech­nung nach Über­wie­gen der betref­fen­den Tätig­keit) so löst der VwGH das Zurech­nungs­pro­blem rein auf Basis der Geset­zes­la­ge (Ärz­te­ge­setz bzw. Krankenanstaltengesetz).

Steu­er­li­che Folgen der Unterscheidung

::Ein­kom­men­steu­er
Die Ein­künf­te aus ärzt­li­cher Tätig­keit sind gemäß § 22 Z. 1 b EStG Ein­künf­te aus selb­stän­di­ger Arbeit, die Ein­künf­te aus Kran­ken­an­stal­ten dagegen gemäß § 23 EStG Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb.

Die Zurech­nung zu unter­schied­li­chen Ein­kunfts­ar­ten hat eine getrenn­te Gewinn­ermitt­lung zur Folge:
– Bilan­zie­rungs­pflicht für Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb (Kran­ken­an­stalt) bei Über­schrei­tung der Buch­füh­rungs­gren­zen gemäß § 125 BAO (Jah­res­um­satz bis 2001 über S 5 Mio., ab 2002 über € 400.000,–).
Die Buch­füh­rungs- (Bilan­zie­rungs­pflicht) beginnt dann, wenn diese Umsatz­gren­zen in zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Jahren über­schrit­ten worden sind.

– Ein­nah­men-Aus­ga­ben­rech­nung für Ein­künf­te aus ärzt­li­cher Tätig­keit.

::Umsatz­steu­er
Erlöse aus ärzt­li­cher Tätig­keit, soweit sie die Heil­be­hand­lung betref­fen, sind gemäß § 6 Abs. 1 Z. 19 UStG unecht von der Umsatz­steu­er befreit (daher kein Vor­steu­er­ab­zug).
Die Erlöse aus einer Kran­ken­an­stalt unter­lie­gen gemäß § 10 Abs. 2 Z. 15 UStG dem ermä­ßig­ten Steu­er­satz von 10 %, wobei der Vor­steu­er­ab­zug zusteht.

::Betriebs­prü­fungs­ri­si­ko
Im Falle einer Umqua­li­fi­ka­ti­on von Ein­künf­ten bestehen folgende Risken: Wenn bisher keine Trennung der Erlöse aus ärzt­li­cher Tätig­keit und Kran­ken­an­stalt erfolgte, und die Erlöse aus der Kran­ken­an­stalt mit 10 % ver­steu­ert worden sind, während die Erlöse aus ärzt­li­cher Tätig­keit von der Umsatz­steu­er befreit waren, ist mit fol­gen­den Kon­se­quen­zen zu rechnen: Sofern die Kri­te­ri­en einer Kran­ken­an­stalt vor­lie­gen und die Buch­füh­rungs­gren­zen über­schrit­ten sind, besteht ein Verstoß gegen die Buch­füh­rungs­be­stim­mun­gen. Liegen dagegen die Kri­te­ri­en für eine Kran­ken­an­stalt nicht vor, sind die Erlöse unecht von der Umsatz­steu­er befreit. Dies hätte den Verlust des Vor­steu­er­ab­zu­ges zur Folge, während die Umsatz­steu­er­pflicht Kraft Rech­nungs­le­gung bestehen bleibt. Wurde für die Erlöse der Kran­ken­an­stalt aber die Ust­be­frei­ung zu unrecht in Anspruch genommen, kommt es zur Nach­be­las­tung mit der 10 %igen Umsatz­steu­er, während die Vor­steu­ern, sofern nicht genau ermit­tel­bar, geschätzt werden können.

::Sozi­al­ver­si­che­rung
Handelt es sich um eine gewerb­lich zuge­las­se­ne Kran­ken­an­stalt, unter­liegt die Person des „Rechts­trä­gers“ (ver­ant­wort­li­cher ärzt­li­cher Leiter) gem. § 2(1)71 GSVG – als Mitglied der Kammer der gewerb­li­chen Wirt­schaft – der Voll­ver­si­che­rungs­pflicht. Abschlie­ßend sei vermerkt, dass seitens des BMF zu dieser neuen Recht­spre­chung noch keine Stel­lung­nah­me exis­tiert. Die Aus­wir­kung auf die Ver­wal­tungs­übung ist daher noch nicht absehbar.

 

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