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Übergang der Umsatz­steu­er­schuld bei Bau­leis­tun­gen in Zweifelsfällen

Kate­go­rien: Klienten-Info

Mai 2003 

Bekann­ter­ma­ßen wird die Qualität einer gesetz­li­chen Bestim­mung am Umfang der hierzu ergan­ge­nen Kom­men­ta­re gemessen. Zu der seit 1. Oktober 2002 gel­ten­den Bestim­mung des § 19 Abs. 1 a UStG (reverse charge system in der Bau­wirt­schaft) sind — leider zum Teil mit erheb­li­cher Ver­spä­tung — bisher drei umfang­rei­che Erlässe ergangen, wobei weitere Zwei­fels­fäl­le immer noch offen bleiben. In der Klienten-Info November und Dezember wurde bereits auf diese Neuerung hin­ge­wie­sen. Der dritte Erlass ergänzt die beiden bis­he­ri­gen Erlässe und fügt sie in die UStR 2000 (RZ 2602 ff) ein, wobei zu weiteren Zwei­fels­fäl­len Stellung genommen wird. 

Bau­leis­tun­gen RZ 2602 c — f

Dort werden konkrete Ein­zel­fäl­le ange­führt, welche als Bau­leis­tun­gen anzu­se­hen sind und welche nicht. Der Grund­satz, dass im Zwei­fels­fall von einer Bau­leis­tung aus­zu­ge­hen ist, bleibt aufrecht. Die unrich­ti­ge Annahme aber, dass keine Bau­leis­tung vorliegt, bleibt jedoch nur dann ohne Folgen, wenn es end­gül­tig zu keinem Steu­er­aus­fall gekommen ist. Diesen Umstand muss der Leis­tungs­er­brin­ger nach­wei­sen. Wie er aber das bewerk­stel­li­gen soll bleibt ein Rätsel, da dieser Umstand doch nur dem Fiskus bekannt ist, wenn der Leis­ten­de rechts­kräf­tig ver­an­lagt ist. Wieder einmal verlangt der Gesetz­ge­ber vom Norm­un­ter­wor­fe­nen nahezu unmögliches.

Richtige UID-Nummer

Der leis­ten­de Unter­neh­mer ist seit 1. Oktober 2002 ver­pflich­tet, in seine Rechnung die UID-Nummer des Leis­tungs­emp­fan­gen­den und ab 1. Jänner 2003 auch seine eigene UID-Nummer anzu­füh­ren. Die UID-Nummer ist ein Indiz für die Unter­neh­mer­ei­gen­schaft. Eine unrich­ti­ge UID-Nummer des Leis­tungs­emp­fän­gers kann beim Leis­ten­den eine Steu­er­schuld auslösen. Da die Veri­fi­zie­rung einer inlän­di­schen UID-Nummer aber ver­wal­tungs­tech­nisch nicht vor­ge­se­hen ist (Inlän­der­dis­kri­mi­nie­rung bei der UID-Abfrage), kann sie vom Steu­er­pflich­ti­gen auch nicht über­prüft werden. Aus diesem Grund ent­bin­det der Fiskus den Unter­neh­mer von der Über­prü­fung der Rich­tig­keit der UID-Nummer (USt Richt­li­ni­en RZ 1539). Wenn es dem Unter­neh­mer aber ein Anliegen ist die Rich­tig­keit der UID-Nummer zu veri­fi­zie­ren, kann er sich auf das Aus­kunfts­pflicht­ge­setz als Ersatz­lö­sung berufen.

In der Rechnung ist fol­gen­der Vermerk anzubringen:

Die Steu­er­schuld wird gemäß § 19 Abs. 1 a UStG 1994 vom Emp­fän­ger der Leistung geschuldet. 

Tipp für die Praxis

Das “reverse charge system” ist nur im Unter­neh­mer­be­reich anzu­wen­den, wenn sowohl Leis­ten­der als auch Leis­tungs­emp­fän­ger eine Bau­leis­tung erbrin­gen. Ist das Vor­lie­gen einer Bau­leis­tung strittig, kann das reverse charge system ver­ein­bart werden. Im Zwei­fels­fall ist dem Übergang der Steu­er­schuld der Vorzug zu geben, denn damit ist gewähr­leis­tet, dass der Fiskus nicht zu Schaden kommt. Die for­ma­lis­ti­sche Regelung wurde schließ­lich nur aus diesem Grund eingeführt. 

Maß­nah­men des Fiskus gegen die Baumafia

Zur Bekämp­fung des orga­ni­sier­ten Betruges in der Bau­wirt­schaft setzt der Fiskus die SEG (schnelle Ein­greif­trup­pe) und die KIAB (Kon­trol­le ille­ga­ler Aus­län­der­be­schäf­ti­gung) ein. Allein in Wien gehen jedes Jahr an die 900 Bau­fir­men (meist Schein­fir­men) in Konkurs, wodurch dem Staat erheb­li­che Ausfälle an Steuern und Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen erwach­sen. Als gesetz­li­che Gegen­maß­nah­me wurde im Umsatz­steu­er­recht das “reverse charge system” ein­ge­führt. Diese Maß­nah­men werden nun — wie berich­tet wird — durch über­höh­te Schein­rech­nun­gen umgangen, die wohl eine höhere Umsatz­steu­er­ab­fuhr bedingen, aber Ertrags­steu­ern (Ein­kom­men­steu­er bzw. Kör­per­schaft­steu­er) sparen.

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