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BASEL II — 1. Teil

Kate­go­rien: Klienten-Info

Sep­tem­ber 2003 

Das Thema BASELII wird viel dis­ku­tiert, sowohl bei Banken als auch in zuneh­men­dem Ausmaß bei kre­dit­neh­men­den Unter­neh­men. Folgende Aspekte sollen im Rahmen dieser Ausgabe betrach­tet werden:

  • Grund­zü­ge von Basel II
  • Rating Kriterien

:: Hin­ter­grund

1975 wurde der Baseler Aus­schuss für Ban­ken­auf­sicht ins Leben gerufen. Ziel dieses Aus­schus­ses ist die Ent­wick­lung eines inter­na­tio­na­len Ban­ken­auf­sichts­rechts bzw. Netz­werks, um die Qualität der Ban­ken­auf­sicht zu ver­bes­sern. Mit­glie­der des Aus­schus­ses sind Ver­tre­ter der Zen­tral­ban­ken und der Ban­ken­auf­sichts­be­hör­den der G10-Staaten sowie Luxem­burg. Der Aus­schuss tritt in der Regel bei der Bank für Inter­na­tio­na­len Zah­lungs­aus­gleich (BIZ) in Basel zusammen, wo sich auch das ständige Sekre­ta­ri­at befindet. 1988 wurden erst­ma­lig unter dem Namen Basel I ban­ken­auf­sichts­recht­li­che Rege­lun­gen mit dem Ziel der Siche­rung der Sta­bi­li­tät des Bank­sek­tors durch Begren­zung des Insol­venz­ri­si­kos von Banken normiert.
Das wesent­li­che Instru­ment von Basel I ist die Pflicht zur Eigen­ka­pi­tal­un­ter­le­gung der ver­ge­be­nen Kredite mit 8% der Kre­dit­sum­me — unab­hän­gig von der indi­vi­du­el­len Bonität des Kre­dit­neh­mers.
Unter Basel II wird eine umfas­sen­de Neu­re­ge­lung des Ban­ken­auf­sichts­rechts ver­stan­den, welches zum 1. Januar 2007 in Kraft treten soll.

:: Die drei Säulen von Basel II

Basel II besteht aus „drei Säulen“: den Min­dest­ei­gen­ka­pi­tal­an­for­de­run­gen (MINIMAL CAPITAL REQUIREMENTS), der Qua­li­ta­ti­ven Aufsicht (SUPERVISORY REVIEW PROCESS) und der Markt­dis­zi­plin (MARKET DISCIPLIN). Während die zweite Säule das Ver­fah­ren zur Über­prü­fung durch die Auf­sichts­be­hör­den beschreibt, wird unter dem Stich­wort Markt­dis­zi­plin die Trans­pa­renz von Risi­ko­la­ge und Kapi­tal­aus­stat­tung der Kre­dit­in­sti­tu­te ver­stan­den. Im Mit­tel­punkt der Dis­kus­si­on und momentan für die Kre­dit­wirt­schaft beson­ders relevant ist die zu Anfang genannte Neu­ge­stal­tung der Eigen­ka­pi­tal­vor­schrif­ten für Kre­dit­in­sti­tu­te. Der Neu­re­ge­lung werden immense Rück­wir­kun­gen auf die Kre­dit­ver­ga­be­po­li­tik der Banken zugeschrieben.

:: Basel II regelt für Banken die Eigen­mit­tel­un­ter­le­gung von Krediten in Abhän­gig­keit von der indi­vi­du­el­len Bonität des Kunden.

Aufgrund der neuen Eigen­ka­pi­tal­vor­schrif­ten sind Banken in Zukunft im Rahmen von Basel II dazu ver­pflich­tet, ihre Eigen­ka­pi­tal­quo­te an der Qualität ihres Kre­dit­port­fo­li­os dem Risiko ent­spre­chend aus­zu­rich­ten. Die Kre­dit­neh­mer werden in ver­schie­de­ne Boni­täts­klas­sen unter­teilt. Ein Kredit an ein Unter­neh­men mit schlech­ter Bonität muss dem­zu­fol­ge durch die Bank mit mehr Eigen­ka­pi­tal unter­legt werden, wodurch die Kre­dit­kos­ten für die Bank steigen. Diese erhöhten Kosten werden wiederum durch schlech­te­re Kre­dit­kon­di­tio­nen an das Unter­neh­men wei­ter­ge­ge­ben. Die prin­zi­pi­el­le Eigen­mit­tel­un­ter­le­gung beträgt wei­ter­hin 8%, jedoch wird diese durch die im Fol­gen­den beschrie­ben Ansätze wesent­lich beeinflusst.

:: Drei Ansätze für die Berech­nung des Kreditrisiko

Basel II stellt den Banken drei Ansätze mit stei­gen­der Risi­ko­sen­si­ti­vi­tät zur Berech­nung des Kre­dit­ri­si­kos und damit zur Eigen­ka­pi­tal­quo­te zur Ver­fü­gung.

1. der Stan­dardan­satz wird ange­wandt bei externen Ratings bzw. bei Unter­neh­men die über kein Rating verfügen. Ein unbe­si­cher­ter Unter­neh­mens­kre­dit wird wie bisher mit 100% von 8% Eigen­mit­tel­un­ter­le­gung ein­ge­stuft. Neu ist, dass not­lei­den­de Kredite (For­de­rung mehr als 90 Tage fällig) mit 150% von 8%, also ins­ge­samt 12% Eigen­ka­pi­tal zu unter­le­gen sind.

2. der Basis-IRB Ansatz (Internal Rating Based) basiert auf bank­in­ter­nen Ein­stu­fun­gen (Ratings). Dieser Ansatz ermög­licht eine viel exaktere und indi­vi­du­el­le Risi­ko­ein­stu fung der Kredite. Für not­lei­den­de Kredite kann dies aber im schlech­tes­ten Fall eine Eigen­ka­pi­tal­un­ter­le­gung von bis zu 562,5% von 8% (45% EK-Unter­le­gung) bedeuten.

3. der Fort­ge­schrit­te­ne IRB Ansatz ver­fei­nert die internen Rating­ver­fah­ren der Bank. Während im Basis-IRB nur die Aus­falls­wahr­schein­lich­keit durch die Bank geschätzt wird, können bei diesem Ansatz zusätz­lich auch die Aus­falls­quo­te, die Höhe zum Zeit­punkt des Ausfalls und die Rest­lauf­zeit eines Kredites durch die Bank geschätzt werden. Die Wahl eines der drei Ansätze oder deren Mischung steht der Bank prin­zi­pi­ell frei, jedoch müssen die Kre­dit­in­sti­tu­te zur Wahl der IRB-Ansätze gewisse Anfor­de­run­gen erfüllen. Es ist daher davon aus­zu­ge­hen, dass nur die großen Banken den Fort­ge­schrit­te­nen IRB anwenden und die klei­ne­ren Insti­tu­te den Stan­dardan­satz wählen werden.

Aspekte des Rating-Verfahrens

Das Ver­fah­ren zur Beur­tei­lung der Kun­den­bo­ni­tät wird Rating genannt. Mit Hilfe dieses sys­te­ma­ti­sier­ten Ver­fah­rens wird die aktuelle und zukünf­ti­ge wirt­schaft­li­che Lage eines Unter­neh­mens bzw. Orga­ni­sa­ti­on bewertet. Grund­la­ge eines Ratings sind neben externen Wirt­schafts­in­for­ma­tio­nen (Bran­chen­kenn­zah­len, Markt­an­teils­da­ten u.a.) vor allem umfang­rei­che quan­ti­ta­ti­ve und qua­li­ta­ti­ve Infor­ma­tio­nen, die das Unter­neh­men der externen Rating-Agentur bzw. der Kre­dit­ge­ben­den Bank auf­be­rei­tet zur Ver­fü­gung stellen muss.

:: Internes vs. Externes Rating

Während ins­be­son­de­re bör­sen­no­tier­te Unter­neh­men durch externe Rating-Agen­tu­ren wie Moody’s oder Standard & Poor’s ein­ge­schätzt werden, erfolgt die Beur­tei­lung von Klein- und Mit­tel­be­trie­ben zumeist auf Basis der bank­in­ter­nen Ratings. Während bank­in­ter­ne Boni­täts­be­ur­tei­lun­gen aufgrund des Bank­ge­heim­nis­ses nur mit Zustim­mung des Unter­neh­mens oder vom Unter­neh­men selbst ver­öf­fent­licht werden, sind externe Ratings grund­sätz­lich zur Ver­öf­fent­li­chung bestimmt. Die Ent­schei­dung für ein internes oder externes Rating fällt zumeist aber auf Grund der Kosten des öffent­li­chen Ratings nicht ganz frei­wil­lig. Für kleine und mittlere Unter­neh­men sind in der Regel externe Ratings nicht emp­feh­lens­wert und nur dann vor­teil­haft wenn die Kosten des Ratings unter den zu erwar­ten­den Zins­vor­tei­len des Kredits liegen, wenn­gleich auch (aus einer eher mar­ke­ting­tech­ni­schen Sicht) offen an die jewei­li­ge Ziel­grup­pe (Lie­fe­ran­ten, Kunden, Mit­ar­bei­ter, Koope­ra­ti­ons­part­ner usw.) kom­mu­ni­zier­te Ratings das Ver­trau­en in die eigene Unter­neh­mung und damit die Geschäfts­be­zie­hung stärken können.

:: Unter­neh­men werden in Kun­den­seg­men­te unterteilt

Im Rahmen des Rating-Pro­zes­ses wird von der Bank das Kun­den­seg­ment des zu beur­tei­len­den Unter­neh­mens hin­sicht­lich Größe (z.B. KMU, Frei­be­ruf­ler), Branche (z.B. Handel, Dienst­leis­tung) Region, Rech­nungs­le­gungs­vor­schrif­ten (z.B. HGB, IAS/IFRS) und Finan­zie­rungs­art (z.B. Pro­jekt­fi­nan­zie­rung, Export­fi­nan­zie­rung) berück­sich­tigt. Als Ver­gleichs­maß­stab werden bei der Beur­tei­lung Unter­neh­men des gleichen Kun­den­seg­ments her­an­ge­zo­gen. Es wird für das kre­dit­neh­men­de Unter­neh­men daher von Inter­es­se sein, dass es von einem Bank­in­sti­tut betreut wird, das ähnliche Kunden betreut und daher über eine hohe Bran­chen­kennt­nis und aus­rei­chen­de Erfah­rungs­wer­te verfügt.

:: Im Rahmen des Ratings werden sowohl hard facts, als auch soft facts berücksichtigt.

Ein Rating ist eine auf eine „Note“ ver­dich­te­te Beur­tei­lung des Unter­neh­mens. Dabei werden sowohl quan­ti­ta­ti­ve („hard facts“) als auch qua­li­ta­ti­ve („soft facts“) Faktoren ein­be­zo­gen. Die Bilanz­bo­ni­tät eines Unter­neh­mens wird anhand der Bilanz und der G&V in Form von Kenn­zah­len z.B. Eigen­ka­pi­tal­quo­te, Gesamt­ka­pi­tal­ren­ta­bi­li­tät, Cash-Flow-Rate etc. beur­teilt. Die Eigen­ka­pi­tal­quo­te gilt hierbei als der wich­tigs­te „hard fact“.

Die qua­li­ta­ti­ven Faktoren setzen sich aus einer Vielzahl von teil­wei­se schwer fass­ba­ren Kri­te­ri­en zusammen und sollen neben Markt und Produkt des Unter­neh­mens auch die Manage­ment­fä­hig­kei­ten, Unter­neh­mens­stra­te­gie, Per­so­nal­fluk­tua­ti­on Con­trol­ling­s­ys­te­me etc. ein­ge­schätzt werden. Hierbei stehen die Zukunfts­aus­sich­ten des Unter­neh­mens, sich auf dem Markt behaup­ten zu können, im Vordergrund. 

Anhand dieses Ratings wird die Aus­falls­wahr­schein­lich­keit des Kredites beur­teilt und dadurch die nötige Eigen­mit­tel­un­ter­le­gung der Bank bestimmt und in weiterer Folge die Kre­dit­kon­di­tio­nen beeinflusst.

Kre­dit­in­sti­tu­te wie auch Kre­dit­neh­mer müssen sich bereits heute auf die zusätz­li­chen Anfor­de­run­gen durch Basel II ein­stel­len und vor­be­rei­ten­de Maß­nah­men treffen.

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