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Nicht vor­her­seh­ba­re Kos­ten­ex­plo­si­on infolge der For­mu­lar­flut bei den neuen Steu­er­erklä­run­gen ab 2003

Der Sager, man könne infolge der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung künftig seine Ein­kom­men­steu­er auf einem Bier­de­ckel aus­rech­nen, ver­drängt die Tatsache, dass vorerst die Bemes­sungs­grund­la­ge zu ermit­teln ist. Das Ver­spre­chen der Finanz­ver­wal­tung, ein System zur Ver­ein­fa­chung der Steu­er­erklä­run­gen zu schaffen, damit jeder Steu­er­pflich­ti­ge selbst via Computer viel schnel­ler und ein­fa­cher seine Steu­er­erklä­run­gen erstel­len und pünkt­lich ein­rei­chen kann, mündet in eine For­mu­lar­flut unge­ahn­ten Ausmaßes. Aus den bisher 4 Seiten der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung, wurden 8 Seiten mit 3 neuen umfang­rei­chen Beilagen. Ins­ge­samt bestehen 38 For­mu­la­re für die Ein­kom­men­steu­er und 26 für die Umsatz­steu­er. Der Schwer­punkt der Neu­ge­stal­tung der For­mu­la­re betrifft aber das Aus­fül­len von bestimm­ten Posten aus der Ein­nah­men-Aus­ga­ben­rech­nung, der Bilanz und Gewinn- und Ver­lust­rech­nung, welche aus dem bestehen­den Rech­nungs­we­sen (händisch!) abzu­lei­ten sind. Daraus resul­tiert ein nicht­kal­ku­lier­ba­rer Mehr­auf­wand mit enormem Feh­ler­ri­si­ko, welches zusätz­li­che Kon­troll­maß­nah­men erfor­dert. Hinzu kommen Soft­ware­kos­ten für even­tu­el­le Pro­gramm­än­de­run­gen und Studium der Erläu­te­run­gen (die Aus­füll­hil­fe für E1 und E1a umfassen alleine 22 Seiten Klein­ge­druck­tes), welche umfang­rei­ches Fach­wis­sen vor­aus­set­zen. Grund­la­gen also für die Eska­la­ti­on eines Ver­wal­tungs­mons­ters zu Lasten des Steu­er­pflich­ti­gen und seines Beraters, die zu einer nicht kal­ku­lier­ba­ren Kos­ten­ex­plo­si­on führen.

For­mu­la­re im Über­blick bei diversen Einkunftsarten

:: Betrieb­li­che Ein­künf­te als Einzelunternehmer
Land- und Forst­wir­te, Selb­stän­di­ge und Gewer­be­trei­ben­de sind die Haupt­be­trof­fe­nen von fol­gen­den neuen For­mu­la­ren:
E1 Auf 8 Seiten erwei­ter­tes Einkommensteuererklärungsformular. 
E1a Pro Betrieb ist eine stan­dar­di­sier­te Ein­nah­men- Aus­ga­ben­rech­nung bzw. Bilanz und Gewinn- und Ver­lust­rech­nung ins Formular ein­zu­tra­gen und aus 222 Kenn­zah­len die ent­spre­chen­de Bran­chen­kenn­zahl zu ver­mer­ken. Dieses Formular ist nicht zu ver­wen­den, wenn folgende For­mu­la­re aus­zu­fül­len sind:
E1c und E25 (pau­scha­lier­te Land- und Forst­wir­te) sowie gewerb­li­che Voll­pau­scha­lier­te Komb11E , Komb12E.
:: Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung
E1b Ist als Beilage zu E1 mit zusätz­li­chen Daten zu erstellen. 
:: Pau­scha­lie­run­gen
E1c Ist als Beilage zu E1 für Ein­zel­un­ter­neh­mer mit pau­scha­lier­ten Ein­künf­ten aus Land und Forst­wirt­schaft auszufüllen. 
Komb9 Beilage zu E1 und U1 für pau­scha­lier­te Künstler/Schriftsteller.
Komb10 Beilage zu E1 und U1 für pau­scha­lier­te Handelsvertreter 
Komb11E Für pau­scha­lier­te Gast­stät­ten und Herbergsbetriebe 
Komb12E Für pau­scha­lier­te Lebens­mit­tel- und Gemischtwarenhändler 
Komb13E Beilage zu E1 bzw. L1 für Individualpauschalierung 
Komb24 Für pau­scha­lier­te Weinbauern 
Komb25 Für pau­scha­lier­te Gärt­ne­rei- und Baumschulbetriebe 
Komb26 Für Most­bu­schen­schank und land­wirt­schaft­li­che Nebenbetriebe 
:: Erklä­rung der Ein­künf­te aus Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten (Gemein­schaf­ten)
  Die For­mu­la­re E6 und deren Beilagen E106, E106b‑F, E106b‑E, E106b‑K und E107 sind von der For­mu­lar­re­form (vor­läu­fig) ver­schont geblie­ben. Hier wird keine dem Formular E1a ver­gleich­ba­re Auf­glie­de­rung ein­zel­ner Posten gefor­dert. Dem Formular E6 sind daher Bilanz, GVR bzw. Über­schuss­rech­nung wei­ter­hin anzuschließen. 
:: Sonstige E‑Formulare
  Neben den oben ange­führ­ten For­mu­la­ren bestehen noch diverse Antrags‑, Mit­tei­lungs- und Erstat­tungs­for­mu­la­re, um auf die eingangs erwähnte Anzahl von ins­ge­samt 38 Stück zu kommen. 
:: Kör­per­schaft­steu­er
K1 In dieses Formular sind eben­falls bestimm­te Bilanz- sowie Gewinn- und Ver­lust­pos­ten samt Kor­rek­tu­ren betref­fend eine steu­er­li­che Mehr-Weni­ger­rech­nung einzutragen. 
K4 Enthält 4 Seiten klein­ge­druck­te Anlei­tun­gen zum Aus­fül­len von K2 (Erklä­rung ohne Buch­füh­rungs­pflicht) und K3 (beschränk­te Steuerpflicht). 

Termine und Ein­rei­chungs­ar­ten für die Steuererklärungen

:: Gesetz­li­che Termine

30. April des Folgejahres

Der bis­he­ri­ge Termin 31.März wurde auf 30.April für die Abgabe der Steu­er­erklä­run­gen in Papier­form verlängert. 

30. Juni des Folgejahres

Dieser Termin gilt für die elek­tro­ni­sche Ein­rei­chung, welche dann ver­pflich­tend ist, wenn schon bisher auf Grund der € 100.000,- Umsatz­gren­ze die Ver­pflich­tung zur elek­tro­ni­schen Ein­rei­chung der UVA besteht, bzw. die elek­tro­ni­sche Ein­rei­chung nicht unzu­mut­bar ist. Die elek­tro­ni­sche Ein­rei­chung ist jeden­falls dann erfor­der­lich, wenn sie durch den steu­er­li­chen Ver­tre­ter erfolgen kann. Ab Mai 2004 bestehen die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen, dass Unter­neh­mer die Einkommensteuer‑, Umsatz­steu­er- und Kör­per­schaft­steu­er für 2003 elek­tro­nisch über­mit­teln können. 

30. Sep­tem­ber des Folgejahres

Termin für die Erklä­rung zur Arbeit­neh­mer­pflicht­ver­an­la­gung L1 gemäß § 41 Abs. 1 EStG (gleich­gül­tig ob in Papier­form oder auf elek­tro­ni­schem Wege).

Binnen fünf Jahren nach Ende des Veranlagungszeitraumes

Antrag auf frei­wil­li­ge Arbeit­neh­mer­ver­an­la­gung gemäß
§ 41 Abs. 2 EStG (gleich­gül­tig, ob in Papier­form oder auf elek­tro­ni­schem Wege).

:: Termine für Par­tei­en­ver­tre­ter und auf Antrag

Die gesetz­li­chen Termine gelten nicht für Par­tei­en­ver­tre­ter (z.B. Steu­er­be­ra­ter, Anwälte etc.) und deren Klienten, sowie für Steu­er­pflich­ti­ge die recht­zei­tig um Ter­min­ver­län­ge­rung ansuchen. 

Kri­ti­sche Schlussbemerkungen 

:: Die Neu­ge­stal­tung des For­mu­lar­we­sens erfolgte über­falls­ar­tig und rück­wir­kend, was bei der Ermitt­lung der von den neuen For­mu­la­ren ver­lang­ten Daten aus dem bestehen­den Rech­nungs­we­sen für 2003 zu umfang­rei­cher Mehr­ar­beit führen wird (Hinweis auf Tole­ranz­re­ge­lung — siehe unten). 

:: Die neuen Anfor­de­run­gen kommen aber auch für das Rech­nungs­we­sen des lau­fen­den Jahres bereits zu spät, da Bilanz‑, Ertrags- und Auf­wands­glie­de­run­gen sinn­vol­ler Weise am Beginn des Jahres zu instal­lie­ren sind. Für 2004 gilt die Tole­ranz­re­ge­lung aber nicht mehr!

:: EDV-Umstel­lun­gen im Glie­de­rungs­sche­ma des Rech­nungs­we­sens im lau­fen­den Jahr 2004 zu instal­lie­ren ist nicht nur bereits zu spät, sondern es beinhal­tet außerdem das Risiko, dass die Steu­er­re­form 2004/2005 abermals tief­grei­fen­de Ände­run­gen mit sich bringt, wodurch die ganze Arbeit wieder ver­ge­bens wäre. 

:: Welche Umglie­de­rungs­pro­ble­me sich ergeben können, sei an fol­gen­den Bei­spie­len kurz dargestellt:

- KFZ-Kosten

Diese sind grund­sätz­lich in der KZ 9170 (ohne Afa, Leasing und Kilo­me­ter­geld) ein­zu­tra­gen. Km-Gelder sind in KZ 9160, Afa in KZ 9130 und Leasing in KZ 9180 zu erfassen. 

- Miet­auf­wand
Miet‑, Pacht­auf­wand und Leasing sind in KZ 9180, Betriebs­kos­ten (Heizung, Ener­gie­be­zü­ge, Rei­ni­gungs­kos­ten etc.) in KZ 9230 ein­zu­tra­gen. Pau­schal­mie­ten sind aufzuteilen. 

- Tole­ranz­re­ge­lung für 2003
Sollte ein rück­wir­ken­des “Ent­zer­ren” (so die erlass­mä­ßi­ge For­mu­lie­rung) von Auf­wand­pos­ten arbeits­auf­wän­dig sein, so bestehen keine Bedenken, wenn die Beträge unter der KZ 9230 ein­ge­tra­gen werden. 

- Kri­te­ri­en für die Betriebs­kenn­zah­len (KZ)
Sie ori­en­tie­ren sich am Öster­rei­chi­schen Ein­heits­kon­ten­rah­men (EKR)

:: Dar­stel­lungs­pro­ble­me

Grund­sätz­lich will das Finanz­amt nur bestimm­te aus­ge­füll­te For­mu­la­re bekommen und keine weiteren Beilagen oder Belege, welche aber der Auf­be­wah­rungs­pflicht unter­lie­gen. Dieser Grund­satz wird aller­dings hin­sicht­lich des Jah­res­ab­schlus­ses even­tu­el­ler Geschäfts- oder Wirt­schafts­prü­fungs­be­rich­te durch­bro­chen. Diese sind wei­ter­hin in Papier­form zu über­mit­teln und zwar auch bei elek­tro­ni­scher Über­mitt­lung der Steu­er­erklä­run­gen. Ferner sind bestimm­te For­mu­la­re noch nicht elek­tro­nisch ein­rei­chungs­fä­hig (z.B. Komb24 bis 26, E6, K2 und 3 etc.)
Aus­drück­lich aus­ge­schlos­sen von der Ein­rei­chung beim Finanz­amt ist eine Auf­stel­lung der Ein­nah­men-Aus­ga­ben­rech­nung, sowohl bei der Ein­rei­chung in Papier­form als auch im elek­tro­ni­schen Weg, mit Ausnahme bei E6, wie bei der Erklä­rung der Ein­künf­te aus Per­so­nen­ge­sell­schaft bereits aus­ge­führt wurde.
Bei sons­ti­gen Ein­künf­ten gemäß § 29 EStG sind dagegen die Ein­nah­men und Wer­bungs­kos­ten, sowohl bei elek­tro­ni­scher Ein­rei­chung als auch in Papier­form in einer geson­der­ten Beilage dar­zu­stel­len.
Bei Pau­scha­lie­run­gen ist die Ziffer 27 der Erläu­te­run­gen zu E1a genau zu stu­die­ren. Grund­sätz­lich sind in der KZ 9230 neben den pau­scha­lier­ten Betriebs­aus­ga­ben auch alle anderen nicht abpau­scha­lier­ten Betriebs­aus­ga­ben mit Ausnahme der­je­ni­gen ein­zu­tra­gen, die nicht in die KZ 9100 — 9220 ein­zu­tra­gen sind. (z.B. Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge). Beim USt-Brut­to­sys­tem ist die Zahllast eben­falls in KZ 9230, eine USt-Gut­schrift aber in KZ 9090 einzutragen.

:: Unter­schrift auf Finan­zon­line Steuererklärung?

Diese ist tech­nisch bedingt bei der elek­tro­ni­schen Über­mitt­lung nicht möglich. Durch die Anmel­dung im Internet ist der Ein­rei­cher der Erklä­rung beim Finanz­amt aber iden­ti­fi­ziert und legi­ti­miert. Dies gilt auch für den Par­tei­en­ver­tre­ter, der aber nur als Über­mitt­ler der Erklä­rung auftritt. Durch § 1 Abs. 5 der Finanz Online-Ver­ord­nung 2002 ist sicher­ge­stellt, dass ein vom Bevoll­mäch­tig­ten elek­tro­nisch ein­ge­reich­tes Anbrin­gen des Voll­macht­ge­bers nicht als vom über­mit­teln­den Bevoll­mäch­tig­ten unter­schrie­ben anzu­se­hen ist. Zu emp­feh­len ist jeden­falls, das Beleg­ex­em­plar für den Akt ‑sowie bisher- vom Klienten unter­schrei­ben zu lassen um even­tu­el­le Haf­tun­gen auszuschließen. 

:: Wem dient die Formularneugestaltung?

Der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung, der “Easy Taxation” wie die Finanz­ver­wal­tung diese dem Steu­er­pflich­ti­gen schmack­haft machen will? Wie oben dar­ge­stellt, bürdet sie — vor allem durch die über­falls­ar­ti­ge Ein­füh­rung — dem Steu­er­pflich­ti­gen emp­find­li­che Ver­wal­tungs­mehr­ar­beit auf. Vorteile daraus zieht aber aus­schließ­lich der Fiskus, da er Daten gelie­fert bekommt, welche ihm zu einer ver­glei­chen­den Bran­chen­ana­ly­se und Nach­kal­ku­la­ti­on für “Außen­prü­fun­gen” (so heißen in Zukunft Betriebs­prü­fun­gen) dienen. Seitens des BMF werden ja bereits stren­ge­re Steu­er­prü­fun­gen ange­kün­digt, wobei eine Aus­wei­tung des Prü­fungs­zeit­rau­mes von bisher 3 auf 5 Jahre geplant ist. Von den 3 aus­lö­sen­den Kri­te­ri­en für eine Außen­prü­fung: 10 Jah­res­rhyth­mus, Zufalls­ge­nera­tor und ver­mu­te­te Unre­gel­mä­ßig­keit, wird sich dank der vom Steu­er­pflich­ti­gen an den Fiskus gelie­fer­ten Daten der Schwer­punkt wohl auf das letzte Kri­te­ri­um ver­la­gern. Der exakten Zuord­nung der Ein­nah­men und Ausgaben zu den betref­fen­den Betriebs­kenn­zah­len wird in Zukunft daher aus diesem Grund erhöhte Bedeu­tung zukommen, um zu ver­mei­den, dass das Finanz­amt aus rein for­mel­len Gründen eine Unre­gel­mä­ßig­keit vermutet. 

 

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