News
Immer aktuell

Klienten-Info

Klienten-Info — Archiv

Anfor­de­run­gen an eine Schät­zung durch die Finanzbehörde

Kate­go­rien: Klienten-Info

April 2016 

Im Rahmen von Betriebs­prü­fun­gen kann es dazu kommen – ins­be­son­de­re, wenn Auf­zeich­nun­gen unvoll­stän­dig sind und Nach­wei­se fehlen – dass die Finanz­be­hör­de als letzten Ausweg eine Schät­zung der Bemes­sungs­grund­la­ge androht. Der VwGH hatte sich unlängst (GZ 2012/13/0068 vom 27.1.2016) mit den Anfor­de­run­gen an eine Schät­zung der Bemes­sungs­grund­la­ge durch die Betriebs­prü­fung aus­ein­an­der­zu­set­zen. Im Fokus stand dabei ein Taxi­un­ter­neh­mer für Miet­wa­gen­ver­kehr und sonstige Per­so­nen­be­för­de­rung, bei dem die Betriebs­prü­fung mehrere Aspekte der Gewinn­ermitt­lung sehr kritisch betrach­te­te. So wurde etwa die Ord­nungs­mä­ßig­keit der Auf­zeich­nun­gen in Zweifel gezogen, da häufig auf­tre­ten­de „Doppel- und Mehr­fach­lo­sun­gen“ (Entgelte für Taxi­fahr­ten) übli­cher­wei­se bei einem Taxi­un­ter­neh­men nicht vorkämen, da es eine Vielfalt an Strecken zu befahren gelte. Außerdem stellte die Betriebs­prü­fung mittels Treib­stoff­in­ter­vall­v­er­pro­bung fest, dass die Treib­stoff­ver­rech­nung mög­li­cher­wei­se nicht in Ordnung sei und in Folge die ange­ge­be­ne Kilo­me­ter­leis­tung und die Erlöse in Frage zu stellen sind. Aus diesen und weiteren Umstän­den leitete die Behörde das Recht zur Schät­zung der Steu­er­be­mes­sungs­grund­la­ge des Taxi­un­ter­neh­mens ab.

Der VwGH betonte in seiner Ent­schei­dungs­fin­dung, dass das Ziel einer Schät­zung sein muss, den wahren Besteue­rungs­grund­la­gen mög­lichst nahe zu kommen, wenn­gleich jeder Schät­zung eine gewisse Unge­nau­ig­keit immanent ist. Die Abga­ben­be­hör­de hat die Bemes­sungs­grund­la­ge für die Besteue­rung zu schätzen, wenn sie diese nicht ermit­teln oder berech­nen kann. Es sind dabei alle Umstände zu berück­sich­ti­gen, die für die Schät­zung von Bedeu­tung sind. Demnach müssen die zum Schät­zungs­er­geb­nis füh­ren­den Gedan­ken­gän­ge (somit auch die anzu­wen­den­de Schät­zungs­me­tho­de) schlüs­sig und fol­ge­rich­tig sein und das Schät­zungs­er­geb­nis mit der Lebens­er­fah­rung im Einklang stehen. Dabei muss die Behörde im Rahmen des Schät­zungs­ver­fah­rens auch auf alle vom Steu­er­pflich­ti­gen sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­ge­nen und für die Schät­zung rele­van­ten Behaup­tun­gen eingehen. Im kon­kre­ten Fall war etwa die vom Taxi­un­ter­neh­men vor­ge­brach­te Begrün­dung für die höheren (als bran­chen­üb­lich) Leer­fahr­ten schlüs­sig, da er als Wiener Taxi nicht berech­tigt ist, am Flug­ha­fen Wien Schwe­chat (in Nie­der­ös­ter­reich) am Taxi­stand­platz zu stehen und auf Kunden zu warten, um ent­spre­chen­de Umsätze bei der Rück­fahrt vom Flug­ha­fen zu erzielen.

Schät­zungs­er­geb­nis­se durch die Betriebs­prü­fung unter­lie­gen auch der Begrün­dungs­pflicht. Im vor­lie­gen­den Fall hat der VwGH dies als nicht­erfüllt ange­se­hen und ist somit zu einem für den Steu­er­pflich­ti­gen erfreu­li­chen Ergebnis gekommen. An eine Schät­zung werden hohe Anfor­de­run­gen gestellt – ins­be­son­de­re damit eine mög­lichst den tat­säch­li­chen Bege­ben­hei­ten ent­spre­chen­de Besteue­rung erfolgt und nicht eine auto­ma­ti­sche Mehr­be­las­tung im Sinne einer Pöna­li­sie­rung.

Bild: © Klaus Eppele — Fotolia