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Wirt­schaft­li­che Bezie­hun­gen sind auch maß­ge­bend für die Bestim­mung des Mit­tel­punkts der Lebensinteressen

Kate­go­rien: Klienten-Info

April 2016 

Für die Ver­mei­dung von Dop­pel­be­steue­rung ist die Bestim­mung des Ansäs­sig­keits­staats wichtig, da diesem das Besteue­rungs­recht des Welt­ein­kom­mens zukommt. Der andere Staat hat dann regel­mä­ßig ein Quel­len­be­steue­rungs­recht. Bei der Bestim­mung der Ansäs­sig­keit einer natür­li­chen Person sieht das Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men mehrere Prüf­schrit­te vor. Sofern der Steu­er­pflich­ti­ge in beiden Staaten über einen Wohnsitz (eine Wohn­stät­te) verfügt, kommt es auf den Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen als Ent­schei­dungs­kri­te­ri­um an. Dabei handelt es sich übli­cher­wei­se um jenen Wohnsitz, zu dem die stärks­ten per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen bestehen.

Der VwGH hatte (GZ 2011/13/0091 vom 25.11.2015) über einen Diri­gen­ten zu ent­schei­den, der für ins­ge­samt 10 Jahre bei einem Orches­ter in Deutsch­land ange­stellt war und Wohn­sit­ze in Deutsch­land und in Öster­reich hatte. Als Gene­ral­mu­sik­di­rek­tor in Deutsch­land ver­pflich­te­te er sich zur Zusam­men­ar­beit mit dem Orches­ter an zumin­dest 150 Tagen pro Jahr. Das öster­rei­chi­sche Finanz­amt bezwei­fel­te den auch vom deut­schen Finanz­amt ange­nom­me­nen Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in Deutsch­land aufgrund der stär­ke­ren per­sön­li­chen Bezugs­punk­te zu Öster­reich. Der VwGH stellte in seiner Ent­schei­dung klar, dass die per­sön­li­chen Bezie­hun­gen typi­scher­wei­se in Form von fami­liä­ren Bin­dun­gen bestehen wie auch in der Betä­ti­gung gesell­schaft­li­cher, reli­giö­ser und kul­tu­rel­ler Art. Wirt­schaft­li­che Bin­dun­gen gehen vor allem von örtlich gebun­de­nen Tätig­kei­ten und von Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den in Form von Ein­nah­me­quel­len aus. Entgegen der Ansicht des öster­rei­chi­schen Finanz­amts sah der VwGH die wirt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen zu Deutsch­land als maß­ge­bend an – nicht zuletzt aufgrund der beruf­lich beding­ten umfang­rei­chen Anwe­sen­heit in Deutsch­land und des Ausmaßes der Ein­künf­te­er­zie­lung aus der Anstel­lung als Gene­ral­mu­sik­di­rek­tor. Den für die enge per­sön­li­che Bezie­hung zu Öster­reich spre­chen­den Argu­men­ten maß der Gerichts­hof jedoch wenig Bedeu­tung zu bzw. sah sie als nicht aus­rei­chend nach­ge­wie­sen an. So konnte etwa eine gemein­sa­me Haus­halts­füh­rung am Wohnsitz in Öster­reich nicht nach­ge­wie­sen werden und auch die Aussage, dass die Mana­ge­rin und spätere Ehefrau des Diri­gen­ten so oft wie möglich nach Deutsch­land gepen­delt ist, war dem Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in Öster­reich abträglich.

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