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OGH zu Miet­zins­be­frei­ung und Fixkostenzuschuss

Kate­go­rien: Klienten-Info , Ver­mie­ter-Info

März 2022 

Die COVID-19-Krise hat neben betriebs­wirt­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen auch zu bri­san­ten juris­ti­schen Fragen geführt. Der Oberste Gerichts­hof (OGH) hatte sich (GZ 3 Ob 78/21y vom 21.10.2021) etwa mit einem Fall aus­ein­an­der­zu­set­zen, in dem strittig war, ob eine Miet­zins­be­frei­ung während des Lock­downs vorliegt und ob der Bezug eines Fix­kos­ten­zu­schus­ses dabei eine Rolle spielen kann. Aus­gangs­punkt war, dass die Betrei­be­rin eines Son­nen­stu­di­os inner­halb eines Ein­kaufs­zen­trums während des behörd­li­chen Lock­downs (sie fiel unter das Betre­tungs­ver­bot i.Z.m. der Erbrin­gung kör­per­na­her Dienst­leis­tun­gen) für einzelne Monate keinen Mietzins bezahlte. Gleich­zei­tig bezog sie — auch für die Monate, in denen sie die Miete schuldig blieb — Corona-För­de­run­gen in Form des Fix­kos­ten­zu­schus­ses bzw. des Umsatzersatzes.

Im kon­kre­ten Fall stellen sich also die Fragen, ob die Aus­set­zung der Miet­zins­zah­lung durch den Lockdown gerecht­fer­tigt werden kann und ob nicht etwa der erhal­te­ne Fix­kos­ten­zu­schuss an den Ver­mie­ter wei­ter­ge­ge­ben werden muss, um den aus­stän­di­gen Mietzins zu beglei­chen. Ein­lei­tend für die Klärung ist, dass die COVID-19-Pandemie als Seuche (i.S.d. § 1104 ABGB) zu werten ist. Darunter versteht man ein ele­men­ta­res Ereignis, das vom Menschen nicht beherrsch­bar ist, sodass für dessen Folgen im All­ge­mei­nen von nie­man­dem Ersatz erwartet werden kann. Auch durch die COVID-19-Pandemie ist ein größerer Per­so­nen­kreis auf eine Weise betrof­fen, die durch eine gesetz­li­che Regelung über Ersatz­an­sprü­che nicht aus­ge­gli­chen werden kann.

Für die Betrei­be­rin des Son­nen­stu­di­os ist wesent­lich, dass es für die Unbe­nutz­bar­keit des Miet­ge­gen­stands auf die Erfül­lung des ver­trag­li­chen Geschäfts­zwe­ckes ankommt. Wenn der Kun­den­be­reich eines gemie­te­ten Geschäfts­lo­kals nicht von den Kunden betreten werden darf, so kann der bestim­mungs­ge­mä­ße Geschäfts­zweck nicht erfüllt werden. Daran ändert auch nichts, dass während der Lock­downs andere Geschäf­te inner­halb des Ein­kaufs­zen­trums (z.B. Apo­the­ken oder Lebens­mit­tel­ge­schäf­te) geöffnet hatten. Dem OGH folgend war die Betrei­be­rin während eines pan­de­mie­be­ding­ten ver­ord­ne­ten Lock­downs und dem Betre­tungs­ver­bot für das Son­nen­stu­dio von der Pflicht zur Miet­zins­zah­lung befreit. Ein etwaiger ver­trag­li­cher Verzicht auf das gesetz­li­che Miet­zins­min­de­rungs­recht lag auch nicht vor.

Die Inten­ti­on des Fix­kos­ten­zu­schus­ses liegt in der Erhal­tung der Zah­lungs­fä­hig­keit und der Über­brü­ckung von Liqui­di­täts­schwie­rig­kei­ten von Unter­neh­men i.Z.m. der Aus­brei­tung von COVID-19 und der dadurch ver­ur­sach­ten wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen. Eine Vor­aus­set­zung für die Inan­spruch­nah­me ist, dass das Unter­neh­men zumut­ba­re Maß­nah­men gesetzt haben muss, um die durch den Fix­kos­ten­zu­schuss zu decken­den Fix­kos­ten zu redu­zie­ren. Der OGH sieht jedoch keine Ver­pflich­tung für den Mieter, die staat­li­che Unter­stüt­zung in Form des Fix­kos­ten­zu­schus­ses an den Ver­mie­ter her­aus­zu­ge­ben — der Fix­kos­ten­zu­schuss dient also nicht dazu, den gesetz­li­chen Mietz­ins­aus­fall des Ver­mie­ters wett­zu­ma­chen. Die Betrei­be­rin des Son­nen­stu­di­os ist überdies ihrer Scha­dens­min­de­rungs­pflicht i.Z.m. dem Fix­kos­ten­zu­schuss gerade dadurch nach­ge­kom­men, dass sie die ihr zuste­hen­de Miet­zins­min­de­rung geltend gemacht hat. 

Bild: © Adobe Stock — Marco2811