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Steu­er­pflicht bei gleich­zei­ti­gem Verzicht auf das Ver­äu­ße­rungs- und Belas­tungs­ver­bot und auf das Fruchtgenussrecht?

Kate­go­rien: Klienten-Info , Ver­mie­ter-Info

August 2022 

Einer Steu­er­pflich­ti­gen war auf einer Lie­gen­schaft sowohl ein Frucht­ge­nuss­recht als auch ein Ver­äu­ße­rungs- und Belas­tungs­ver­bot ein­ge­räumt worden. Nachdem sie ver­trag­lich auf beide Rechte ver­zich­tet hatte, erhielt sie eine Pau­schalsum­me von 500.000 €. Der VwGH musste beur­tei­len (GZ Ra 2021/13/0017 vom 24.1.2022), ob und mit welcher Höhe dieser Betrag der Ein­kom­men­steu­er zu unter­zie­hen ist.

Gemäß der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des VwGH unter­liegt der Verzicht auf ein Frucht­ge­nuss­recht gegen Entgelt im Pri­vat­ver­mö­gen regel­mä­ßig nicht der Ein­kom­men­steu­er, da eine Über­tra­gung des Rechts anzu­neh­men ist (die Über­tra­gung ent­spricht einer Ver­äu­ße­rung, welche nicht der Ein­kom­men­steu­er unter­liegt). Bei einem ent­gelt­li­chen Verzicht auf ein Wohn­recht handelt es sich um ein Gebrauchs­recht, welches nicht über­trag­bar ist und somit nach § 29 Z 3 EStG der Ein­kom­men­steu­er zu unter­wer­fen ist. Auch das Ver­äu­ße­rungs- und Belas­tungs­ver­bot wurde vom VwGH als nicht über­trag­bar ange­se­hen, weshalb der ent­gelt­li­che Verzicht eben­falls nach § 29 Z 3 EStG ein­kom­men­steu­er­pflich­tig ist.

In dem aktuell vor­lie­gen­den Fall musste also beur­teilt werden, welcher Teil der Pau­schalsum­me von 500.000 € dem steu­er­pflich­ti­gen Ver­äu­ße­rungs- und Belas­tungs­ver­bot zuge­ord­net werden kann und welcher Teil mit dem steu­er­frei­en Verzicht auf das Frucht­ge­nuss­recht zusam­men­hängt. Die Auf­tei­lung hat dabei nach objek­ti­ven Maß­stä­ben zu erfolgen, wobei in einem ersten Schritt (wenn möglich) für jede Kom­po­nen­te ein Ver­kehrs­wert zu ermit­teln ist. In einem zweiten Schritt muss der bezahlte Gesamt­preis nach dem Ver­hält­nis dieser Ver­kehrs­wer­te auf­ge­teilt werden (soge­nann­te “Methode des Sach­wert­ver­hält­nis­ses”). Diese Methode ist z.B. bei dem Ankauf einer bebauten Lie­gen­schaft zur Auf­tei­lung des Kauf­prei­ses auf Grund und Boden einer­seits und auf das Gebäude ande­rer­seits anzu­wen­den. In dem gegen­ständ­li­chen Sach­ver­halt weicht der VwGH in seiner Ent­schei­dung von der Methode des Sach­wert­ver­hält­nis­ses ab, da ein Ver­kehrs­wert für ein Ver­äu­ße­rungs- und Belas­tungs­ver­bot nicht ermit­tel­bar ist. Aus­nahms­wei­se kommt also die soge­nann­te “Dif­fe­renz­me­tho­de” zur Anwen­dung. Hierbei wird zuerst der objek­ti­ve Ver­kehrs­wert des bewert­ba­ren Frucht­ge­nuss­rechts ermit­telt. Die Dif­fe­renz aus der bezahl­ten Pau­schalsum­me und dem bewert­ba­ren Frucht­ge­nuss­recht stellt dann den Wert des Ver­äu­ße­rungs- und Belas­tungs­ver­bots dar, welcher ein­kom­men­steu­er­pflich­tig ist.

Bild: © Adobe Stock — burdun