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Zwangs­läu­fig­keit als strenges Kri­te­ri­um bei außer­ge­wöhn­li­chen Belastungen

Kate­go­rien: Klienten-Info

Sep­tem­ber 2022 

An die steu­er­li­che Gel­tend­ma­chung von Kosten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung stellt die Finanz­ver­wal­tung seit jeher strenge Kri­te­ri­en. So muss die Belas­tung außer­ge­wöhn­lich sein, zwangs­läu­fig erwach­sen und die wirt­schaft­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit wesent­lich beein­träch­tig­ten. Von Zwangs­läu­fig­keit ist aus­zu­ge­hen, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge sich der Belas­tung aus tat­säch­li­chen, recht­li­chen oder sitt­li­chen Gründen nicht ent­zie­hen kann.

Der VwGH hatte sich (GZ Ra 2019/13/0076 vom 3.12.2021) mit einem Fall aus­ein­an­der­zu­set­zen, in dem eine Steu­er­pflich­ti­ge die Pfle­ge­heim­kos­ten für ihren Schwager als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung geltend machen wollte. Sie habe sich ihrer Schwes­ter nach deren Tod mora­lisch ver­pflich­tet gefühlt, die ihren Mann (den Schwager) aufgrund seines schlech­ten Gesund­heits­zu­stands in einem Pfle­ge­heim unter­ge­bracht hatte. Der Schwager bezog neben Pension und Pfle­ge­geld auch Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung und war dennoch nicht in der Lage gewesen, die Pfle­ge­heim­kos­ten zur Gänze zu bestrei­ten. Zum Verkauf der Wohnung bestand auch keine Mög­lich­keit, da die Wohnung ohnehin ver­mie­tet wurde und die Miet­erlö­se für die Abde­ckung der Pfle­ge­heim­kos­ten ver­wen­det wurden.

Im Rahmen der Ent­schei­dungs­fin­dung führte der VwGH aus, dass bei der im kon­kre­ten Fall in Frage kom­men­den Zwangs­läu­fig­keit aus sitt­li­chen Gründen nicht das per­sön­li­che Pflicht­ge­fühl des Steu­er­pflich­ti­gen maß­ge­bend ist, sondern der objek­ti­ve Pflicht­be­griff nach den herr­schen­den mora­li­schen Anschau­un­gen ent­schei­dend ist. Ein wich­ti­ges Kri­te­ri­um ist überdies, dass Auf­wen­dun­gen nur insoweit als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung berück­sich­tigt werden können, als sie end­gül­tig aus dem eigenen Vermögen des Steu­er­pflich­ti­gen getragen werden müssen. Sofern die Beträge zunächst ver­aus­gabt werden müssen, jedoch später ersetzt werden, können sie nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung steu­er­lich in Abzug gebracht werden. Wird auf den (zuste­hen­den) Ersatz der Auf­wen­dun­gen ver­zich­tet, ist ebenso wenig Zwangs­läu­fig­keit gegeben, weil in einem solchen Fall aus freiem Ent­schluss die Auf­wen­dun­gen end­gül­tig getragen werden. Demnach wären der Schwä­ge­rin — nicht zuletzt durch den Wert der Wohnung des Schwa­gers — Alter­na­ti­ven wie z.B. ein Darlehen an den Schwager (und somit Ansprü­che gegen die Ver­las­sen­schaft) offen gestan­den anstelle der antei­li­gen Tragung der Pfle­ge­heim­kos­ten. Der VwGH ver­nein­te im End­ef­fekt das Merkmal der Zwangs­läu­fig­keit und somit die Gel­tend­ma­chung als außer­ge­wöhn­li­che Belastung.

Bild: © Andrey Popov — Adobe Stock