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Kluge Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen während der (COVID-19) Krise treffen

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

August 2020 

Die COVID-19-Krise ruft zumin­dest kurz­fris­tig betrach­tet in vielen Unter­neh­men den Drang bzw. die Not­wen­dig­keit von dras­ti­schen Ein­spa­run­gen hervor. Sofern jedoch ein bestimm­ter Grund­op­ti­mis­mus an bessere Zeiten und an ein Über­win­den dieser Krise besteht, sollte sich ein Unter­neh­men auch mit der Thematik Inves­ti­tio­nen aus­ein­an­der­set­zen. Inves­ti­tio­nen können dabei aller­dings eine ambi­va­len­te Rolle spielen. Auf der einen Seite sind gerade Ein­spa­run­gen bei Inves­ti­tio­nen ein (auf den ersten Blick) wirk­sa­mes Mittel zur Schonung der Liqui­di­tät. Überdies stellen nicht durch­ge­führ­te Inves­ti­tio­nen eine “tak­ti­sche Manö­vrier­mas­se” dar, um kurz­fris­tig ope­ra­ti­ve Zah­lun­gen leisten zu können. Ande­rer­seits können gerade unter­las­se­ne Inves­ti­tio­nen die mittel- und lang­fris­ti­gen Ren­di­te­mög­lich­kei­ten gefähr­den, da bei­spiels­wei­se ohne Inves­ti­tio­nen gerade dann die (Produktions)Anlagen veraltet sind oder zu geringe Kapa­zi­tä­ten zu Ver­fü­gung stehen, wenn das wirt­schaft­li­che Umfeld wieder zur alten Stärke zurück­ge­fun­den hat.

Negativ betrach­tet posi­tio­niert sich das Unter­neh­men durch nicht getä­tig­te Inves­ti­tio­nen mög­li­cher­wei­se schwä­cher am Markt und ver­schlech­tert dadurch seine Markt­po­si­ti­on sogar lang­fris­tig. Dabei ist auch das Risiko eines soge­nann­ten Inves­ti­ti­ons­staus zu beachten. Neben dem rich­ti­gen Zeit­punkt für die gene­rel­le Ent­schei­dung für Inves­ti­tio­nen müssen noch die Imple­men­tie­rungs­dau­er der Inves­ti­tio­nen sowie der damit zusam­men­hän­gen­de Inves­ti­ti­ons­zy­klus berück­sich­tigt werden – erfolgt dies nicht, kann es zu einem Inves­ti­ti­ons­stau kommen. Eine durch­dach­te Inves­ti­ti­ons­stra­te­gie (welche z.B. Inves­ti­ti­ons­zy­klen und Kon­junk­tur­zy­klen berück­sich­tigt) und ein damit zusam­men­hän­gen­des robustes Inves­ti­ti­ons­ma­nage­ment sind also unab­ding­bar, um den Umschwung aus einer dro­hen­den Ver­lust­si­tua­ti­on hin zu län­ger­fris­ti­gen Gewinnen errei­chen zu können.

Der Grund­ge­dan­ke für eine durch­dach­te Inves­ti­ti­ons­stra­te­gie liegt darin, dass durch Inves­ti­tio­nen und Kapi­tal­ein­satz zusätz­li­che Gewinne erwirt­schaf­tet werden sollen. Inves­ti­tio­nen können nach unter­schied­li­chen Zielen ein­ge­ord­net werden – bei­spiels­wei­se als Inves­ti­ti­on in zusätz­li­che Kapa­zi­tä­ten zwecks Wachs­tums. Inves­ti­tio­nen in neue Tech­no­lo­gien können z.B. zu effi­zi­en­te­ren Pro­duk­ti­ons­pro­zes­sen führen und durch Kos­ten­re­duk­ti­on die Gewinne erhöhen. Schließ­lich können Inves­ti­tio­nen trag­fä­hi­ges Wachstum bewirken und damit der Nach­hal­tig­keit des unter­neh­me­ri­schen Handelns dienen.

Ersatz­in­ves­ti­tio­nen, Erwei­te­rungs­in­ves­ti­tio­nen und Innovationsinvestitionen

Eine häufige Ein­tei­lung von Inves­ti­tio­nen erfolgt in Ersatz-, Erwei­te­rungs- und Inno­va­ti­ons­in­ves­ti­tio­nen. Ersatz­in­ves­ti­tio­nen ersetzen Güter, welche sich durch den Wert­schöp­fungs­pro­zess abge­nutzt haben; es kommt jedoch zu keiner Erwei­te­rung der ori­gi­nä­ren Kapa­zi­tä­ten. Hingegen ver­grö­ßern Erwei­te­rungs­in­ves­ti­tio­nen die Kapa­zi­tä­ten des Unter­neh­mens, ohne jedoch das Geschäfts­mo­dell grund­sätz­lich zu ver­än­dern. Inno­va­ti­ons­in­ves­ti­tio­nen schließ­lich bilden die Basis für eine tief­grei­fen­de Ver­än­de­rung des Geschäfts­mo­dells des Unter­neh­mens, etwa durch neue Produkte, Märkte oder Her­stel­lungs­ver­fah­ren. Die unter­schied­li­chen Kate­go­rien von Inves­ti­tio­nen sind jeden­falls durch ver­schie­den hohe Risiken und einen jeweils unter­schied­li­chen Zeit­ho­ri­zont gekenn­zeich­net – gerade in Kri­sen­zei­ten sind das wesent­li­che Aspekte. So können Ersatz­in­ves­ti­tio­nen in der aktu­el­len Corona-Krise aus­ge­las­sen werden, um die Liqui­di­täts­re­ser­ven zu stärken. Dies ist auch betriebs­wirt­schaft­lich durchaus ver­ständ­lich, da aufgrund der gerin­ge­ren Nach­fra­ge die Pro­duk­ti­on gedros­selt werden kann. Län­ger­fris­tig betrach­tet, ins­be­son­de­re bei einer Markt­be­ru­hi­gung, müssen die Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten jedoch wieder erhöht werden – unter Umstän­den kann dies auf­wen­di­ger sein als zum Zeit­punkt der ver­scho­be­nen Inves­ti­ti­on, da sich die Rah­men­be­din­gun­gen, wie etwa Infra­struk­tur oder Geschäfts­be­zie­hun­gen und ‑erfah­run­gen, inzwi­schen geändert haben. Inno­va­ti­ons­in­ves­ti­tio­nen hingegen sind zumin­dest kurz­fris­tig gesehen mit hohem Risiko und bloß einer geringen Rendite ver­bun­den. In Kri­sen­zei­ten sind Unter­neh­men daher oftmals dazu ver­lei­tet, solche Inves­ti­tio­nen hint­an­zu­stel­len, wenn­gleich dadurch stra­te­gi­sche Optionen fal­len­ge­las­sen werden.

Die richtige Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung und damit ver­bun­den das Inves­ti­ti­ons­ma­nage­ment können mittels Ein­ord­nung der poten­ti­el­len Inves­ti­tio­nen in die bereits erwähn­ten Kate­go­rien unter­stützt werden (auch z.B. durch eine Matrix­dar­stel­lung). Die Ein­tei­lung erfolgt dabei in Abhän­gig­keit von der Rendite (Return on Invest­ment) einer­seits und von den Kapi­tal­an­for­de­run­gen (aus­ge­drückt am Anteil vom Inves­ti­ti­ons­bud­get) ande­rer­seits. Wenn Inves­ti­tio­nen eine hohe Rendite (ver­gli­chen mit dem benö­tig­ten Inves­ti­ti­ons­ka­pi­tal) bieten und zugleich einen großen Anteil an dem Inves­ti­ti­ons­bud­get benö­ti­gen, können sie grund­sätz­lich als attrak­ti­ve Inves­ti­tio­nen betrach­tet werden (auch wenn sie aufgrund der hohen Kapi­tal­an­for­de­run­gen andere Inves­ti­tio­nen ver­drän­gen). Ein anderes Feld (Kate­go­rie) erfasst Inves­ti­tio­nen, die eben­falls eine hohe Rendite ver­spre­chen, jedoch nur einen geringen Anteil am Inves­ti­ti­ons­bud­get benö­ti­gen. Deutlich weniger attrak­tiv sind jene Inves­ti­tio­nen, welche einen hohen Kapi­tal­be­darf zeigen, der erwar­te­te ROI jedoch nur sehr beschei­den ausfällt. Die vierte Kom­bi­na­ti­on ist schließ­lich jene aus geringer Rendite und geringem Anteil am Inves­ti­ti­ons­bud­get. Gerade in Kri­sen­zei­ten wie der aktu­el­len COVID-19-Krise liegt die Her­aus­for­de­rung für Unter­neh­men auch darin, das Inves­ti­ti­ons­port­fo­lio ganz­heit­lich zu betrach­ten und Ren­di­te­for­de­run­gen mit der beschränk­ten Ver­füg­bar­keit von Kapital auszubalancieren.

Qua­li­ta­ti­ve und quan­ti­ta­ti­ve Inves­ti­ti­ons­be­wer­tung als Schlüs­sel zum Ziel

Für die erfolg­rei­che Umset­zung von Inves­ti­ti­ons­stra­te­gien können qua­li­ta­ti­ve und quan­ti­ta­ti­ve Inves­ti­ti­ons­be­wer­tun­gen her­an­ge­zo­gen werden. Die qua­li­ta­ti­ven Faktoren sind dabei oftmals wirt­schaft­li­cher, tech­ni­scher, sozialer oder recht­li­cher Natur. Dabei können auch Para­me­ter einer Inves­ti­ti­on wie z.B. stra­te­gi­scher Nutzen, Fle­xi­bi­li­tät, öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit oder bestehen­de Erfah­rung (in Bezug auf Inves­ti­tio­nen) eine wichtige Rolle spielen. Dadurch kann sich her­aus­stel­len, dass eine Inves­ti­ti­on aufgrund von qua­li­ta­ti­ven Vor­tei­len auch in Kri­sen­zei­ten vor­ge­nom­men werden sollte, selbst wenn quan­ti­ta­tiv betrach­tet (d.h. typi­scher­wei­se die Rendite) kein zwin­gen­der Anlass für eine Inves­ti­ti­on bestand.

Der stra­te­gi­sche, lang­fris­ti­ge Nutzen einer Inves­ti­ti­on kann darin bestehen, dass es zu posi­ti­ven Wer­be­ef­fek­ten und Kun­den­bin­dung kommt und somit auch eine ren­di­te­mä­ßig geringer dimen­sio­nier­te Inves­ti­ti­on während Kri­sen­zei­ten zu attrak­ti­ven Fol­ge­auf­trä­gen führt. Der aus­schließ­li­che quan­ti­ta­ti­ve Fokus auf jede einzelne Inves­ti­ti­on für sich könnte hingegen lang­fris­tig betrach­tet irre­füh­rend sein. Fle­xi­bi­li­tät ist auch in Kri­sen­zei­ten grund­sätz­lich eine positive Eigen­schaft und kann bezogen auf Inves­ti­tio­nen jedoch insoweit pro­ble­ma­tisch sein, da bei­spiels­wei­se bereits begon­ne­ne Inves­ti­tio­nen oftmals nur mit großen Ver­lus­ten redu­ziert oder gänzlich rück­gän­gig gemacht werden können. Der Aspekt der öko­lo­gi­schen Nach­hal­tig­keit einer Inves­ti­ti­on kann schließ­lich – auch in Kri­sen­zei­ten – den Aus­schlag geben, ob ein Unter­neh­men eine Inves­ti­ti­on durch­führt oder nicht. Dies trägt auch dem immer bedeut­sa­me­ren gesell­schaft­lich und poli­tisch gewoll­ten Wandel zu umwelt­scho­nen­den Tech­no­lo­gien Rechnung. Schließ­lich ist auch der Aspekt der Erfah­rung gerade in Kri­sen­zei­ten nicht zu unter­schät­zen. Es sind nicht nur die eigenen Kom­pe­ten­zen zur Durch­füh­rung einer Inves­ti­ti­on mit­ent­schei­dend, sondern es gilt auch, äußere Ein­flüs­se in anders funk­tio­nie­ren­den Märkten in tur­bu­len­ten Zeiten mög­lichst gut ein­schät­zen zu können.

Mithilfe der quan­ti­ta­ti­ven Inves­ti­ti­ons­be­wer­tung kann – oftmals durch das Con­trol­ling – dazu bei­getra­gen werden, dass nicht tragbare Inves­ti­tio­nen früh­zei­tig erkannt werden und Gegen­maß­nah­men ein­ge­lei­tet werden. In Kri­sen­zei­ten muss jeden­falls risi­ko­an­ge­pass­te Liqui­di­täts­pla­nung immer mit­be­dacht werden. Die wesent­li­chen Para­me­ter der quan­ti­ta­ti­ven Inves­ti­ti­ons­be­wer­tung umfassen die Planung zukünf­ti­ger Zah­lungs­strö­me (der Inves­ti­ti­on), die Berech­nung der Bewer­tungs­kri­te­ri­en und den Ver­gleich der Bewer­tungs­kri­te­ri­en mit Schwellenwerten.

  • Bei der Planung der zukünf­ti­gen Cash Flows sollte in Zeiten wie der COVID-19-Krise noch größere Sorgfalt an den Tag gelegt werden. Idea­ler­wei­se können Inves­ti­tio­nen durch ope­ra­ti­ve Cash Flows finan­ziert werden – dabei müssen wiederum die Liqui­di­täts­ri­si­ken richtig ein­ge­schätzt werden, um nicht die Insol­venz des Unter­neh­mens zu ris­kie­ren. Sofern die Zah­lungs­strö­me für die geplan­ten Inves­ti­tio­nen und die dafür not­wen­di­ge Liqui­di­tät nicht auf­ein­an­der abge­stimmt werden können, müssen die zusätz­li­chen Mittel für die Inves­ti­ti­on in Form von Fremd­ka­pi­tal oder durch The­sau­ri­e­rung sicher­ge­stellt werden.
  • Barwert, interner Zinsfuß oder auch die Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er sind typische Bewer­tungs­kri­te­ri­en für Inves­ti­tio­nen mit ihren jewei­li­gen Stärken und Schwä­chen (z.B. liegt eine Schwäche des internen Zins­fu­ßes in der Annahme, dass die Zah­lungs­strö­me der Inves­ti­ti­on wieder zum internen Zinsfuß angelegt werden müssen). Für Bewer­tun­gen in Kri­sen­zei­ten haben diese Methoden oftmals den Schwach­punkt, dass nicht berück­sich­tigt werden kann, ob der Kapi­tal­ein­satz für eine Inves­ti­ti­on tat­säch­lich durch die Cash Flows gedeckt werden kann. So gibt etwa der Barwert (net present value) einer Inves­ti­ti­on keinen Auf­schluss darüber, wie hoch der not­wen­di­ge Kapi­tal­ein­satz ist oder wie zeit­in­ten­siv eine Inves­ti­ti­on ist. Daher kann es schwie­rig sein, nur mit einem begrenz­ten Budget während der Krise die beste Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung mittels der Bar­wert­me­tho­de zu finden.
  • Die ver­schie­de­nen Bewer­tungs­kri­te­ri­en können meist erst dann richtig an Aus­sa­ge­kraft gewinnen, sobald sie mit seitens des Unter­neh­mens fest­ge­leg­ten Schwel­len­wer­ten ver­gli­chen werden und somit klar wird, ob bzw. welche Inves­ti­ti­on durch­ge­führt werden soll. Hierbei kann es ziel­füh­rend sein, mehrere Bewer­tungs­kenn­zah­len für die Ent­schei­dung her­an­zu­zie­hen und somit einen umfas­sen­den Ver­gleich zu ermög­li­chen. Während Kri­sen­zei­ten ten­die­ren Unter­neh­men dazu, Schwel­len­wer­te wie die Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er oder den internen Zinsfuß anzu­he­ben, um das Ausmaß an Inves­ti­tio­nen zwecks Siche­rung der Liqui­di­tät zu ver­rin­gern. Bei dieser Vor­ge­hens­wei­se muss mit­be­rück­sich­tigt werden, dass Projekte mit höheren internen Renditen (die somit den Schwel­len­wert über­schrei­ten) auch stärker risi­ko­be­haf­tet sind.

Mit der COVID-19-Krise muss nicht nur eine Krise bewäl­tigt werden – es besteht auch die Mög­lich­keit, dass die aktuell wirt­schaft­lich schwie­ri­gen Umstände sich im End­ef­fekt als Chance für Ver­än­de­rung und Ver­bes­se­rung der Wett­be­werbs­si­tua­ti­on prä­sen­tie­ren. Hin­sicht­lich Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen ist es daher emp­feh­lens­wert, eine Gesamt­per­spek­ti­ve ein­zu­neh­men und nicht bloß auf das (Nicht)Erreichen von Schwel­len­wer­ten abzu­stel­len. Ebenso müssen qua­li­ta­ti­ve Inves­ti­ti­ons­kri­te­ri­en die wohl­über­leg­te Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung abrunden.

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