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Manage­ment-Info — Archiv

Mög­lich­kei­ten zur Berei­ni­gung der Gesell­schaf­ter­struk­tur — das Gesellschafterausschlussgesetz

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

August 2007 

Eine gute Zusam­men­ar­beit mit Min­der­heits­ge­sell­schaf­tern bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten (ins­be­son­de­re AG und GmbH) ist ein wich­ti­ger Baustein für eine erfolg­rei­che Unter­neh­mens­füh­rung. Dazu gehört auch, dass die gesetz­li­chen Min­der­hei­ten­rech­te ent­spre­chend respek­tiert werden. Leider zeigt die tägliche Gesell­schafts­recht­pra­xis aber auch, dass Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter durch inten­si­ve Aus­nüt­zung ihrer Min­der­hei­ten­rech­te wichtige Ent­schei­dun­gen ver­zö­gern bzw blo­ckie­ren können und die Geschäfts­füh­rer bzw anderen Gesell­schaf­ter mit Anträgen regel­recht “bom­bar­die­ren”. Weiters ist auch die Unter­neh­mens­füh­rung im Konzern durch ent­spre­chen­de Min­der­heits­an­tei­le zum Teil erschwert.

Auch bisher gab es schon Mög­lich­kei­ten, Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter “los zu werden”. Im Wesent­li­chen waren dies Instru­men­te wie zB die ver­schmel­zen­de Umwand­lung auf den Haupt­ge­sell­schaf­ter, die errich­ten­de Umwand­lung bzw die nicht ver­hält­nis­wah­ren­de Spaltung (“Squeeze-out-Spaltung”). Durch das seit Ende Mai 2006 geltende Gesell­schaf­ter­aus­schluss­ge­setz ist nun ein weiteres und für viele Fälle prak­ti­ka­bles Instru­ment hin­zu­ge­tre­ten, nämlich die zwangs­wei­se Über­tra­gung von Anteilen gegen Gewäh­rung einer ange­mes­se­nen Barabfindung. 

Demnach ist ein Aus­schluss von Min­der­heits­ge­sell­schaf­tern unter fol­gen­den Bedin­gun­gen möglich:

  • Es muss sich um eine Kapi­tal­ge­sell­schaft handeln (ein Aus­schluss bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ist daher nicht möglich).
  • Der Haupt­ge­sell­schaf­ter (natür­li­che Person oder auch juris­ti­sche Person bzw Per­so­nen­ge­sell­schaft) muss selbst min­des­tens 90% des Nennkapitals/Stammkapitals halten. Ein gemein­sa­mes Vorgehen mehrerer Gesell­schaf­ter, die zusammen 90% halten, ist nur dann möglich, wenn diese unter­ein­an­der seit zumin­dest einem Jahr in einem Kon­zern­ver­hält­nis stehen.
  • Der Aus­schluss muss sämt­li­che Min­der­heits­an­tei­le betref­fen, einzelne (aus­ge­wähl­te) Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter können nicht hin­aus­ge­drängt werden.
  • Der Haupt­ge­sell­schaf­ter und die Geschäfts­füh­rung haben gemein­sam einen Bericht über den geplan­ten Aus­schluss auf­zu­stel­len. Der Bericht muss zumin­dest die Vor­aus­set­zun­gen für den Aus­schluss (Anteils­ver­hält­nis­se!) dar­stel­len und die Ange­mes­sen­heit der Bar­ab­fin­dung erläu­tern und begrün­den. Besteht ein Auf­sichts­rat so hat auch dieser einen ent­spre­chen­den Bericht aufzustellen.
  • Vor der Beschluss­fas­sung über den Aus­schluss ist vom Gericht ein sach­ver­stän­di­ger Prüfer mit der Prüfung der Ange­mes­sen­heit der Abfin­dung zu beauftragen.
  • Die erfor­der­li­chen Unter­la­gen (Entwurf des Beschluss­an­tra­ges über den Aus­schluss, Berichte von Geschäfts­füh­rung, Haupt­ge­sell­schaf­ter, Prüfer und Auf­sichts­rat, Gut­ach­ten zur Beur­tei­lung der Ange­mes­sen­heit der Abfin­dung, Jah­res­ab­schlüs­se und Lage­be­rich­te der Gesell­schaft für die letzten drei Jahre) sind den Gesell­schaf­tern recht­zei­tig (dh bei einer GmbH zumin­dest 14 Tage vor der Gene­ral­ver­samm­lung bzw bei einer AG durch Ver­öf­fent­li­chung min­des­tens einem Monat vor der Haupt­ver­samm­lung und Hin­ter­le­gung am Sitz) zugäng­lich zu machen.
  • Die Beschluss­fas­sung durch die Gesell­schaf­ter ist nota­ri­ell zu beur­kun­den. Nach erfolg­ter Beschluss­fas­sung ist der Aus­schluss beim Fir­men­buch anzu­mel­den. Der Beschluss darf aller­dings nur dann ein­ge­tra­gen werden, wenn der Treu­hän­der dem Fir­men­buch­ge­richt ange­zeigt hat, dass ihm die Barabfindung(en) bzw Bank­ga­ran­tien über­ge­ben wurden.

Dem aus­ge­schlos­se­nen Gesell­schaf­ter steht es frei, die Ange­mes­sen­heit der Bar­ab­fin­dung durch das Gericht über­prü­fen zu lassen, wobei der Tag der Beschluss­fas­sung über den Aus­schluss als Stichtag für die Fest­stel­lung der Ange­mes­sen­heit dient. All­fäl­li­ge Son­der­rech­te des aus­ge­schlos­se­nen Gesell­schaf­ters sind bei der Bewer­tung zu berücksichtigen.

Zusam­men­fas­send ist fest­zu­stel­len, dass das Gesell­schaf­ter­aus­schluss­ge­setz eine inter­es­san­te Mög­lich­keit zur Berei­ni­gung von Gesell­schaf­ter­struk­tu­ren bietet und gegen­über den bis­he­ri­gen nur über Umgrün­dun­gen erreich­ba­ren Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten zahl­rei­che Vorteile (keine Änderung der Rechts­form, raschere Umsetz­bar­keit) bietet. 

Bei neuen Gesell­schafts­grün­dun­gen bzw Ände­run­gen von Gesell­schafts­ver­trä­gen ist zu beachten, dass die Anwen­dung der Regeln des Gesell­schaf­ter­aus­schluss­ge­set­zes durch ent­spre­chen­de Aufnahme im Vertrag als nicht zulässig ver­ein­bart werden kann bzw eine höhere Anteils­quo­te als 90% bestimmt werden kann. Eine solche Bestim­mung des Gesell­schafts­ver­tra­ges kann nur mit Zustim­mung aller Gesell­schaf­ter auf­ge­ho­ben oder geändert werden, es sei denn, die Bestim­mung sieht aus­drück­lich eine gerin­ge­re Mehrheit, die jedoch nicht weniger als 75% der abge­ge­be­nen Stimmen umfassen darf, vor.

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