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Die Haftung des Dienst­neh­mers nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Dezember 2007 

Nach all­ge­mei­nem Scha­den­er­satz­recht ist für jeden rechts­wid­rig und schuld­haft zuge­füg­ten Schaden ein­zu­ste­hen. Das Dienst­neh­mer­haft­pflicht­ge­setz (DHG) enthält jedoch eine Reihe von Son­der­be­stim­mun­gen, die in Fällen zu beachten sind, in denen ein Dienst­neh­mer bei Erbrin­gung der Dienst­leis­tung einen Schaden verursacht.

Der Anwen­dungs­be­reich des DHG

Das DHG gilt für alle Arbeit­neh­mer und arbeit­neh­mer­ähn­li­chen Personen. Arbeit­neh­mer­ähn­li­che Personen sind solche, die über keine wesent­li­chen eigenen Betriebs­mit­tel verfügen, die Leistung per­sön­lich erbrin­gen, nur für einen Auf­trag­ge­ber oder eine begrenz­te Zahl von Auf­trag­ge­bern tätig sind und regel­mä­ßig hono­riert werden. Ob eine arbeit­neh­mer­ähn­li­che Beschäf­ti­gung vorliegt, ist nach den Umstän­den des Ein­zel­fal­les jeweils geson­dert zu beur­tei­len. In sach­li­cher Hinsicht erstreckt sich der Anwen­dungs­be­reich des DHG auf die­je­ni­gen Schäden, die ein Dienst­neh­mer bei Erbrin­gung der Dienst­leis­tung ver­ur­sacht. Kurze Pausen schaden dabei nicht, wie zum Beispiel eine Rauch­pau­se oder der Gang zum WC, während eine längere Arbeits­un­ter­bre­chung, etwa eine Heim­fahrt des Dienst­neh­mers, nicht mehr in den Anwen­dungs­be­reich des DHG fällt. Das DHG gilt weiters nur für die Schlecht­er­fül­lung der Arbeits­leis­tung, nicht jedoch bei Nicht­er­fül­lung der Arbeitsleistung.

Die Ver­schul­dens­gra­de des DHG

Abwei­chend vom all­ge­mei­nen Scha­den­er­satz­recht kennt das DHG den Ver­schul­dens­grad der ent­schuld­ba­ren Fehl­leis­tung. In diesem Fall kann der Dienst­neh­mer nicht zur Haftung her­an­ge­zo­gen werden. Eine ent­schuld­ba­re Fehl­leis­tung liegt nach der Recht­spre­chung zum Beispiel vor, wenn ein Arbeit­neh­mer, der als Maler und nicht als Boden­le­ger ange­stellt wurde und zuvor noch nie einen Boden verlegt hat, einen PVC-Boden unsach­ge­mäß verlegt. Eine ent­schuld­ba­re Fehl­leis­tung liegt auch vor bei Über­se­hen des Schlaff­wer­dens eines Seiles, wodurch ein Kran beschä­digt wird. Im Fall von leichter und grober Fahr­läs­sig­keit haftet der Dienst­neh­mer. Leichte Fahr­läs­sig­keit bedeutet ein Fehl­ver­hal­ten, das gele­gent­lich auch einem sorg­fäl­ti­gen Menschen unter­lau­fen kann, während grobe Fahr­läs­sig­keit ein Ver­hal­ten bezeich­net, das ein sorg­sa­mer Mensch in der jewei­li­gen Situa­ti­on kei­nes­falls setzen würde. Bei­spie­le aus der Praxis für leichte Fahr­läs­sig­keit sind Tipp­feh­ler beim Eingeben von 16.000 Adressen vor einem Bild­schirm unter Zeit­druck oder die unrich­ti­ge Auskunft eines unzu­rei­chend ein­ge­schul­ten Außen­dienst­mit­ar­bei­ters im Ver­kaufs­ge­spräch mit einem Kunden. Auch die Ver­ur­sa­chung eines Brandes durch erlaub­tes Rauchen am Arbeits­platz kann leichte Fahr­läs­sig­keit dar­stel­len. Grobe Fahr­läs­sig­keit liegt zum Beispiel bei Alko­ho­li­sie­rung im Stra­ßen­ver­kehr vor oder bei Aus­lie­fe­rung von Waren an einen Kunden ohne vor­he­ri­ge Kauf­preis­zah­lung und ohne sonstige Sicher­heits­leis­tung entgegen einer aus­drück­li­chen Weisung des Arbeit­ge­bers. Auch das Ein­stel­len eines Mit­ar­bei­ters ohne Ein­stel­lungs­be­fug­nis, ohne Ver­stän­di­gung des Arbeit­ge­bers und ohne Sozi­al­ver­si­che­rungs­mel­dung kann grobe Fahr­läs­sig­keit bedeuten. Bei vor­sätz­li­cher Schä­di­gung des Dienst­ge­bers durch den Dienst­neh­mer haftet dieser voll, wobei unter Vorsatz ver­stan­den wird, dass der Dienst­neh­mer den Scha­dens­ein­tritt ernst­lich für möglich hält und sich damit abfindet. Kol­lek­tiv­ver­trä­ge können Ein­schrän­kun­gen der Haftung auf grobe Fahr­läs­sig­keit enthalten.

Das rich­ter­li­che Mäßigungsrecht

Das Gericht kann den zu erset­zen­den Scha­dens­be­trag für den Dienst­neh­mer her­ab­set­zen oder — bei einem minderen Grad des Ver­se­hens — ganz erlassen. Das rich­ter­li­che Mäßi­gungs­recht beruht auf der Tatsache, dass in der Arbeit­welt bereits geringe Fehl­leis­tun­gen zu enormen Schäden führen können. Der Arbeit­neh­mer soll unter diesem Aspekt nicht zu einer Ersatz­pflicht her­an­ge­zo­gen werden, die zu seinem Ein­kom­men in einem krassen Miss­ver­hält­nis steht. Die Mäßigung des zu erset­zen­den Scha­dens­be­tra­ges wird im Ein­zel­fall beur­teilt. § 2 Abs 2 DHG zählt weiters Bemes­sungs­kri­te­ri­en auf, wie etwa das Ausmaß der mit der Tätig­keit ver­bun­de­nen Ver­ant­wor­tung, den Grad der Aus­bil­dung des Dienst­neh­mers oder die Bedin­gun­gen, unter denen die Dienst­leis­tung ver­rich­tet wurde. 

Schä­di­gung eines Dritten

Wird der Dienst­ge­ber von einem Dritten, etwa einem Kunden, zum Ersatz eines Schadens her­an­ge­zo­gen, den sein Dienst­neh­mer ver­ur­sacht hat, so kann er sich grund­sätz­lich am Dienst­neh­mer nach §4 DHG schadlos halten. Vor­aus­set­zung dieses Regres­ses ist jeden­falls, dass der Dienst­ge­ber dem geschä­dig­ten Dritten den Schaden entweder im Ein­ver­ständ­nis mit dem Dienst­neh­mer oder aufgrund eines rechts­kräf­ti­gen Urteils ersetzt. Eine bloße Kenntnis des Arbeit­neh­mers vom Schaden reicht nicht aus. Ersetzt der Arbeit­neh­mer im Ein­ver­ständ­nis mit dem Arbeit­ge­ber oder aufgrund eines rechts­kräf­ti­gen Urteils dem Dritten den Schaden, so hat er einen Rück­griffs­an­spruch gegen­über dem Dienst­ge­ber gemäß § 3 DHG. In beiden Fällen ist zu beachten, dass das Gericht den Ersatz­an­spruch mäßigen kann. Macht der Dritte hingegen Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che geltend, so liegt ein Direkt­scha­den des Arbeit­ge­bers vor. Er stützt seinen Ersatz­an­spruch gegen den Arbeit­neh­mer in diesem Fall auf § 2 DHG und benötigt kein Ein­ver­ständ­nis des Arbeit­neh­mers oder ein rechts­kräf­ti­ges Urteil, um den Arbeit­neh­mer zur Haftung her­an­zie­hen zu können.

Die Ver­ein­ba­rung einer Kon­ven­tio­nal­stra­fe im Arbeitsvertrag

Eine Kon­ven­tio­nal­stra­fe stellt einen pau­scha­lier­ten Scha­den­er­satz dar, der vom Nachweis eines tat­säch­lich ein­ge­tre­te­nen Schadens unab­hän­gig ist und statt des erlit­te­nen Nach­teils zu ersetzen ist. Kon­ven­tio­nal­stra­fen können in sehr umfas­sen­der Weise ver­ein­bart werden, zum Beispiel für unbe­rech­tig­ten vor­zei­ti­gen Austritt, Ver­let­zung der Ver­schwie­gen­heits­pflicht oder Ver­let­zung des Kon­kur­renz­ver­bo­tes. Zusätz­lich kann im Falle eines Schadens ein Gehalts- oder Lohn­ab­zug ver­ein­bart werden.

Verfall und Verjährung

Auf leichter Fahr­läs­sig­keit beru­hen­de Scha­den­er­satz- oder Rück­griffs­an­sprü­che zwischen Dienst­ge­ber und Dienst­neh­mer erlö­schen, wenn sie nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden können, gericht­lich geltend gemacht werden. Scha­den­er­satz­an­sprü­che wegen grober Fahr­läs­sig­keit und vor­sätz­li­cher Schä­di­gung ver­jäh­ren nach den all­ge­mei­nen Bestim­mun­gen grund­sätz­lich nach 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schä­di­ger. Ansprü­che wegen vor­zei­ti­gen Aus­tritts oder vor­zei­ti­ger Ent­las­sung müssen binnen sechs Monaten gericht­lich geltend gemacht werden. Auch in dieser Hinsicht ent­hal­ten Kol­lek­tiv­ver­trä­ge, ins­be­son­de­re für Arbeiter, häufig Son­der­be­stim­mun­gen wie zum Beispiel kürzere Ver­falls­fris­ten oder die Not­wen­dig­keit der schrift­li­chen Gel­tend­ma­chung von Ersatz­an­sprü­chen gegen­über dem Arbeitnehmer.ABGB erst nach 30 Jahren.

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