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Halber Vor­steu­er­ab­zug von Bewir­tungs­kos­ten — EU-widrig?


Sep­tem­ber 2001 

Der Eigen­ver­brauchs-Tat­be­stand gemäß § 1 Abs. 1 Zi 2 lit c UStG (50%-Kürzung der Kosten für Geschäfts­freun­de­be­wir­tung gemäß § 20 Abs. 1 Zi 3 EStG) steht unter EU-Beschuss. Aus­ge­hend vom Urteil des EuGH vom 19. Sep­tem­ber 2000, in dem das Verbot des gänz­li­chen Vor­steu­er­ab­zu­ges von den Kosten der Geschäfts­freun­de­be­wirt-ung als EU-widrig qua­li­fi­ziert wird, hat die EU-Kom­mis­si­on ange­kün­digt, in der ähnlich gela­ger­ten Situa­ti­on in Öster­reich mit der öster­rei­chi­schen Behörde Kontakt auf­zu­neh­men. Daraus ist zu schlie­ßen, dass gegen Öster­reich das Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wird, falls Öster-reich nicht frei­wil­lig die EU-widrige Regelung besei­tigt. Das BMF hat hiezu wie folgt Position bezogen: Die 50%-Kürzung sei eine gesetz­lich ver­an­ker­te pau­scha­le Schät­zung jener Kosten, die der Steu­er­pflich­ti­ge für das eigene Essen und Trinken auf­wen­det. Diese konkrete Regelung gelte wohl erst seit 5. Mai 1995, sei aber ledig­lich eine Prä­zi­sie­rung der grund­sätz­lich seit 1. Jänner 1995 gel­ten­den Rechts­la­ge und sei somit bereits zum Zeit­punkt des Bei­trit­tes Öster­reichs zur EU am 1. Jänner 1995 und damit des Wirk­sam­wer­dens der 6. EG-Richt­li­nie inner­staat­li­ches Recht gewesen. Daraus schließt das BMF: „Eine Gemein­schafts­wid­rig­keit scheint daher nicht gegeben“.

Weiters argu­men­tiert das BMF damit, dass sich das zitierte EuGH-Urteil auf den gänz­li­chen Vor­steu­er­aus­schluss bei der Geschäfts­freun­de­be­wir­tung beziehe, während in Öster­reich ja nur die Eigen­kos­ten des Unter­neh­mers pauschal mit 50% aus­ge­schlos­sen würden.

Dem ist fol­gen­des ent­ge­gen­zu­hal­ten:
Die Rück­be­zie­hung der gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung (50% Kürzung) ab 5. Mai 1995 auf den 1. Jänner 1995 wider­spricht dem Rück­wir­kungs­ver­bot von Gesetzen. Die Aussage, es handle sich ab 5. Mai 1995 ledig­lich um eine Prä­zi­sie­rung der Geset­zes­la­ge vom Stand 1. Jänner 1995 ist eine reine Zweck­be­haup­tung. Die Ein­füh­rung der gene­rel­len 50%-Kürzung war damals ein emp­find­li­cher Eingriff und wurde von der öster­rei­chi­schen Wirt­schaft auch als neues Recht emp­fun­den.

Die Unter­schei­dung zwischen gänz­li­cher und teil­wei­ser Vor­steu­er­kür­zung ist nur ein quan­ti­ta­ti­ves, nicht aber qua­li­ta­ti­ves Kri­te­ri­um. Der Vor­steu­er­aus­schluss ist entweder zulässig oder nicht. Wo wird die Grenze gezogen zwischen ganz und ein bisschen?
Im übrigen ent­spricht die 50%ige Pau­schal­kür­zung für den Unter­neh­mer­an­teil nur im Falle der Bewir­tung eines Geschäfts­freun­des etwa der Realität. Werden aber mehrere Geschäfts­freun­de bewirtet, führt die 50%-Kürzung zu einer groben Benach­tei­li­gung des Steu­er­pflich­ti­gen und wider­spricht dem Gleich­heits­grund­satz.

Man darf auf den Ausgang des Ver­fah­rens gespannt sein. Es ist zu über­le­gen, ob nicht zur Wahrung des Rechtes des (vollen) Vor­steu­er­ab­zu­ges die 50%ige Vor­steu­er­kür­zung aus­ge­setzt werden sollte. Dieser Umstand müßte aller­dings dem Finanz­amt ent­spre­chend bekannt gemacht und gegen die Abwei­sung Berufung erhoben werden.

Bild: © ty — Fotolia