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Klienten-Info — Archiv

Die Folgen des Urteils “Seeling” — Vor­steu­er­ab­zug bei Liegenschaften

Kate­go­rien: Klienten-Info , Ärzte-Info

Februar 2004 

Mit seiner Ent­schei­dung vom 8. Mai 2003 hat der EuGH die unechte Steu­er­be­frei­ung für den Ver­wen­dungs­ei­gen­ver­brauch von Gebäuden für richt­li­ni­en­wid­rig erklärt. Ursprüng­lich hätte als Reaktion auf dieses Urteil die Novelle zum UStG bereits mit dem AbgÄG 2003 beschlos­sen werden sollen, doch die geplan­ten Ände­run­gen wurden über­ra­schen­der­wei­se vor Beschluss­fas­sung aus dem Geset­zes­text her­aus­ge­nom­men.
Am 3. Dezember 2003 hat der Natio­nal­rat nunmehr end­gül­tig die Novelle zum UStG beschlos­sen und es kam für den Unter­neh­mer als Bau­her­ren besser als erwartet: 

  1. Der Nut­zungs­ei­gen­ver­brauch von Lie­gen­schaf­ten ist ent­spre­chend der Ansicht des EuGH in Zukunft steu­er­pflich­tig (mit dem Normalsteuersatz), 
  2. die Entnahme von Lie­gen­schaf­ten ist wei­ter­hin unecht steu­er­be­freit und 
  3. der Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­zeit­raum wurde entgegen den Erwar­tun­gen nicht ausgedehnt. 

Als unmit­tel­ba­re Folge können die im Rahmen der Errich­tung bzw. Anschaf­fung eines auch nur zum Teil unter­neh­me­risch genutz­ten Gebäudes in Rechnung gestell­ten Umsatz­steu­er­be­trä­ge zur Gänze als Vor­steu­er abge­zo­gen werden. In weiterer Folge hat der Unter­neh­mer die private Ver­wen­dung im Ausmaß der jewei­li­gen Nutzung als Eigen­ver­brauch zu besteu­ern. Nach derzeit gel­ten­der Rechts­la­ge kann die Lie­gen­schaft nach 10 Jahren ohne Vor­steu­er­kür­zung ent­nom­men und in das Pri­vat­ver­mö­gen über­ge­führt werden.

Ein Rechen­bei­spiel mit ver­ein­fa­chen­den Annahmen soll den Vorteil für den Steu­er­pflich­ti­gen dar­stel­len:

Ein Unter­neh­mer errich­tet ein Gebäude, das er zu 10% für unter­neh­me­ri­sche Zwecke nutzt. Von den Her­stel­lungs­kos­ten iHv € 360.000 brutto macht er die geleis­te­te Umsatz­steu­er iHv € 60.000 geltend, die er auf ein mit 2% ver­zins­tes Konto legt. Nach Ablauf des Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­zeit­rau­mes wird das Gebäude steu­er­frei in das Pri­vat­ver­mö­gen über­ge­führt.
Ver­ein­fa­chend wurde unter­stellt, dass Vor­steu­ern und Zinsen jeweils am Jah­res­en­de abge­führt bzw. gut­ge­schrie­ben werden. Der Barwert des am Ende des Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­zeit­rau­mes ver­blei­ben­den Kapitals ent­spricht r.d. € 48.000, d.s. rd. 80 % des ursprüng­li­chen Vor­steu­er­be­tra­ges und steht dem Unter­neh­mer dau­er­haft zur Verfügung.

Das Urteil ist auch auf Kör­per­schaf­ten öffent­li­chen Rechts anwend­bar, da irrele­vant ist, ob es sich um einen Eigen­ver­brauch zu Wohn- oder anderen Zwecken handelt.
Um den Vor­steu­er­ab­zug geltend machen zu können, ist Vor­aus­set­zung, dass das Gebäude dem unter­neh­me­ri­schen Bereich zuge­ord­net ist (vor dem 1. Jänner 2000 musste dies schrift­lich gegen­über dem Finanz­amt erklärt werden).

Darüber hinaus gilt folgendes:

  • Für nicht rechts­kräf­tig ver­an­lag­te Perioden kann der volle Vor­steu­er­ab­zug geltend gemacht sowie die zeit­an­tei­li­ge Besteue­rung des Eigen­ver­brauchs durch­ge­führt werden. Dies betrifft auch Fälle, die von Amts wegen wieder auf­ge­nom­men wurden, bei­spiels­wei­se im Zuge einer Betriebsprüfung. 
  • In rechts­kräf­tig ver­an­lag­ten Zeit­räu­men kann bis zum Ablauf der Ver­jäh­rungs­frist (5 Jahre) ein Antrag auf Auf­he­bung gemäß den §§ 299 und 302 BAO gestellt werden.

Zu einer kuriosen Kon­stel­la­ti­on kommt es, wenn die unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit, die den Vor­steu­er­ab­zug für den privaten Teil erst ermög­licht, steu­er­be­freit ist (z.B. Ärzte, Phy­sio­the­ra­peu­ten, etc.). Dann steht nur für den privat genutz­ten Anteil der Vor­steu­er­ab­zug zu.
Es bleibt abzu­war­ten inwie­weit der Gesetz­ge­ber in Zukunft nicht doch noch die Attrak­ti­vi­tät dieser Lösung, bei­spiels­wei­se durch Ver­län­ge­rung des Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­zeit­rau­mes, ein­schrän­ken wird. Für Spannung im Umsatz­steu­er­recht ist auch wei­ter­hin gesorgt. In der Sache Hundt-Eßwein geht es um den Vor­steu­er­ab­zug im Zusam­men­hang mit einem Arbeits­zim­mer. Die Ent­schei­dung des EuGH wird dem­nächst erwartet.

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