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Klienten-Info — Archiv

Arbeits­ver­hält­nis oder fami­liä­re Beistandspflicht

Kate­go­rien: Klienten-Info

August 2005 

Das Bestre­ben, die Mit­ar­beit der Ehe­gat­tin im Betrieb des Ehe­gat­ten (oder umge­kehrt) — gleiches gilt für Lebens­ge­mein­schaf­ten — in Form eines Dienst­ver­hält­nis­ses zu gestal­ten, ist vor­nehm­lich vom Gedanken der sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Absi­che­rung (KV, UV, PV etc.) beherrscht. Um dieses Ziel zu errei­chen genügen aber nicht die bloße Anmel­dung bei der GKK und die Abfuhr der Beiträge und Steuern. Vielmehr kommt es darauf an, ob sämt­li­che Kri­te­ri­en für ein Dienst­ver­hält­nis erfüllt sind.

Merkmale für ein Dienstverhältnis

Wesent­lich sind: Die per­sön­li­che, auf Zeit abge­stell­te Arbeits­ver­pflich­tung, die dis­zi­pli­nä­re Ver­ant­wor­tung und Fremd­be­stimmt­heit der Arbeit, die Treue­pflicht, sowie die orga­ni­sa­to­ri­sche Ein­glie­de­rung in den Betrieb des Arbeit­ge­bers. Bei Ver­trä­gen zwischen nahen Ange­hö­ri­gen kommt noch hinzu, dass diese nach außen aus­rei­chend zum Ausdruck kommen, einen ein­deu­ti­gen und klaren — jeden Zweifel aus­schlie­ßen­den — Inhalt haben und zwischen Fami­li­en­frem­den unter gleichen Bedin­gun­gen abge­schos­sen worden wären, um zur steu­er­li­chen und sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Aner­ken­nung zu gelangen. Gesetz­li­che Grund­la­gen: § 1151 Abs. 1 ABGB, § 47 Abs. 2 EStG und § 4 Abs. 2 ASVG. 

Recht­spre­chung

:: Beschäf­ti­gung nach Bedarf

Der VwGH 22.2.2000,99/14/0082 hat die Aner­ken­nung eines Dienst­ver­hält­nis­ses der Ehe­gat­tin ver­wei­gert, weil keine Ver­ein­ba­rung über Dienst­be­ginn und Diens­ten­de bestan­den hat und damit nicht sicher­ge­stellt sei, auf welche Weise die Arbeit­neh­me­rin die ver­ein­bar­ten 20 Wochen­stun­den erbringt.

:: Bereit­schafts­dienst der Ehegattin

Im Falle des VwGH 13.10.1999, 93/13/0074 stellt sich die Frage der betrieb­li­chen Ver­an­las­sung des Bereit­schafts­diens­tes der Ehe­gat­tin eines Apo­the­kers. Die Argu­men­ta­ti­on, die Gattin arbeite prak­tisch rund um die Uhr und verfüge über kei­ner­lei Freizeit, stellte für das Gericht eine “prak­tisch undurch­führ­ba­re Tätig­keit” dar. Einem Fremd­ver­gleich kann diese Tätig­keit nicht standhalten.

:: Fami­liä­re Beistandspflicht

Der OGH 9 Ob A 25/01v hat in fol­gen­dem Fall den Anspruch der beschäf­tig­ten Ehefrau auf Insol­venz-Aus­fall­geld abge­wie­sen. Die Ehefrau war von zu Hause aus für den Betrieb des Ehe­man­nes tätig. Ver­ein­bart war, dass sie Arbeiten zu erbrin­gen habe, die ihr der Ehemann über­tra­ge. Infolge finan­zi­el­ler Probleme konnte das Gehalt lange Zeit nicht aus­ge­zahlt werden. Im Konkurs bean­spruch­te schließ­lich die Ehefrau vom Insol­venz-Aus­fall­geld-Fonds ihre aus­ste­hen­den Gehalts­for­de­run­gen. Das Gericht qua­li­fi­zier­te das Ver­trags­ver­hält­nis als atypisch und nicht dem Fremd­ver­gleich stand­hal­ten­de Gestal­tung eines Arbeitsverhältnisses.

Schluss­fol­ge­rung

Fehlen die wesent­li­chen Merkmale für ein echtes Dienst­ver­hält­nis, handelt es sich um ein nich­ti­ges Scheindienst­ver­hält­nis. Die geleis­te­ten Beiträge stellen ver­lo­re­nen Aufwand dar und begrün­den keine ASVG-Ver­si­che­rung, was ins­be­son­de­re für die ange­streb­te Pen­si­ons­ver­si­che­rung fatale Folgen hat. Zu prüfen wäre allen­falls, ob ein Freies Dienst­ver­hält­nis gem. § 4 Abs. 4 ASVG besteht, oder Neue Selb­stän­dig­keit gem. § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorliegt, was z.B. bei Über­nah­me der Buch­hal­tung oder Lohn­ver­rech­nung denkbar wäre. Aber auch in diesen Fällen ist der Fremd­ver­gleich ein maß­geb­li­ches Kri­te­ri­um.
Bei Ver­trä­gen zwischen nahen Ange­hö­ri­gen oder Lebens­ge­fähr­ten ist der Abschluss eines schrift­li­chen Ver­tra­ges, dringend zu emp­feh­len. Das gilt ins­be­son­de­re für Dienst­ver­trä­ge in denen alle wesent­li­chen Merkmale ent­hal­ten sein müssen. Zur for­mel­len Gestal­tung kommt aller­dings noch deren mate­ri­el­le Erfül­lung hinzu. Nach dem Motto Papier ist geduldig ist darauf zu achten, dass der Vertrag auch “gelebt” wird.

Bild: © Ljupco Smo­kov­ski — Fotolia