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Ver­bes­se­rung des Rechts­schut­zes durch Bescheida­b­än­de­rung auf Grund eines rück­wir­ken­den Ereignisses


April 2007 

Die Qualität eines Gesetzes ist i.d.R. an seinem Umfang messbar. Je kürzer und klarer umso besser. § 295a BAO besteht aus einem Satz und lautet:
Ein Bescheid kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abge­än­dert werden, als ein Ereignis eintritt, das abga­ben­recht­li­che Wirkung für die Ver­gan­gen­heit auf den Bescheid oder Umfang eines Abga­ben­an­spru­ches hat.
Umso umfang­rei­cher fällt die Richt­li­nie des BMF vom 29. November 2006 hin­sicht­lich der Prä­zi­sie­rung “rück­wir­ken­der Ereig­nis­se” aus. Als solche sind sach­ver­halts­än­dern­de Gescheh­nis­se hin­sicht­lich Tat­sa­chen, Wil­lens­er­klä­run­gen von Parteien oder Amts­hand­lun­gen zu ver­ste­hen, die das mate­ri­el­le Abga­ben­recht betref­fen.
Nicht darunter fallen formelle Ände­run­gen wie rück­wir­ken­de Ände­run­gen von Abga­ben­vor­schrif­ten, von Recht­spre­chung oder Erlässen, was auch dem Rechts­schutz von Abga­ben­pflich­ti­gen dienen kann. Ferner ist diese Bestim­mung dann nicht anwend­bar, wenn es aus­drück­lich in einer Abga­ben­vor­schrift ange­ord­net ist.

:: Ob ein rück­wir­ken­des Ereignis nach Eintritt der for­mel­len Rechts­kraft des Beschei­des auch tat­säch­lich rück­wirkt, ist also eine Frage des Inhalts bzw. der Aus­le­gung mate­ri­el­ler Abga­ben­vor­schrif­ten.
In der zit. RL des BMF erfolgt eine umfang­rei­che Auf­zäh­lung von ein­schlä­gi­gen Bei­spie­len, von welchen in der Folge einige erwähnt seien:

  • Ent­rich­te­te aus­län­di­sche Abgaben in den Fol­ge­jah­ren sind für das Jahr auf die inlän­di­sche Steuer anzu­rech­nen, für das sie ent­rich­tet worden sind. Eine nach­träg­li­che Besteue­rung oder Besei­ti­gung einer Besteue­rung lt. DBA ist ein rück­wir­ken­des Ereignis.
  • Ein­kom­men­steu­er
    • Nach­träg­li­che Ein­nah­men / Ausgaben oder Wegfall der­sel­ben wie z.B.: Nach­zah­lung von Pen­sio­nen; Ersatz von Ausgaben, die als a.g. Belas­tung geltend gemacht wurden; Ersatz von Wer­bungs­kos­ten durch den Arbeit­ge­ber; nach­träg­li­che Wer­bungs­kos­ten oder Erlös­min­de­run­gen bei Spe­ku­la­ti­ons- oder Veräußerungsgeschäften.
    • Anrech­nung von ent­rich­te­ten Erb­schafts- oder Schen­kungs­steu­ern auf die Ein­kom­men­steu­er bei Ver­äu­ße­rung von Wirt­schafts­gü­tern, Betei­li­gun­gen bzw. Veräußerungsgewinnen.
    • Anfech­tung von Rechts­ge­schäf­ten wegen Irrtums, List oder Furcht.
    • Rück­wir­ken­de Gewäh­rung von Allein­ver­die­ner- oder Allein­er­zie­her­ab­setz­be­trag sowie Fami­li­en­bei­hil­fe.
  • Weitere Bei­spie­le sind ange­führt für: KStG, UmgrStG, GrEStG, ErbStG, GebG, KVStG, VersStG und NeuFöG.

:: Antrag

Dieser ist schrift­lich ein­zu­brin­gen. Legi­ti­miert ist auch der Kom­man­di­tist bei Beschei­den über die ein­heit­li­che und geson­der­te Fest­stel­lung von Ein­künf­ten. Der Antrag ist sinn­vol­ler­wei­se gem. § 205 Abs. 6 BAO auf die vor­ge­schrie­be­nen Anspruchs­zin­sen zu erwei­tern, um deren Her­ab­set­zung oder Nicht­fest­set­zung zu erwirken, wobei auch hier die € 50,- Grenze zu beachten ist. Obwohl diese Bestim­mung mit 31. Dezember 2004 in Kraft getreten ist, ist sie auch anwend­bar für vor ihrem Inkraft­tre­ten ent­stan­de­ne Abga­ben­an­sprü­che, ein­ge­tre­te­ne rück­wir­ken­de Ereig­nis­se und erfolgte Fest­set­zun­gen von Anspruchszinsen.

:: Ermessen

Die Abän­de­rung liegt im Ermessen der Behörde unab­hän­gig davon, ob der Antrag von der Partei stammt oder von Amts wegen erfolgt und ob zuguns­ten oder zum Nachteil der Partei. Der Ermes­sens­spiel­raum ist aller­dings vom Grund­satz über Treu und Glauben, sowie den Richt­li­ni­en für die Abga­ben­ein­he­bung bestimmt.

:: Anfecht­bar­keit der Abänderung

Der Abän­de­rungs­be­scheid ist mit Berufung nur dem Grunde nach, sowie hin­sicht­lich der Abän­de­rung anfechtbar.

:: Ver­jäh­rung

Abän­de­run­gen sind nur bis zum Ablauf der Ver­jäh­rungs­frist zulässig. Die Ver­jäh­rung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das rück­wir­ken­de Ereignis ein­ge­tre­ten ist. Sie sind auch noch nach Ver­jäh­rungs­ein­tritt sachlich zu erle­di­gen, wenn der Antrag vor Eintritt der Ver­jäh­rung ein­ge­bracht wurde. Nach Ablauf der abso­lu­ten Ver­jäh­rungs­frist von 10 Jahren nach Ent­ste­hung des Abga­ben­an­spru­ches, ist eine Abän­de­rung aber nicht mehr zulässig.

:: Zeit­li­che Anwendung

§ 295a BAO ist am 20. Dezember 2003 in Kraft getreten und ist auch dann anwend­bar, wenn der betrof­fe­ne Bescheid vor Inkraft­tre­ten erlassen wurde bzw. das rück­wir­ken­de Ereignis vor Inkraft­tre­ten ein­ge­tre­ten ist.

Bild: © Paul Bodea — Fotolia