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Sind Doppel- und Über­zah­lun­gen umsatzsteuerpflichtig?


Februar 2010 

Im Wirt­schafts­le­ben kommt es regel­mä­ßig vor, dass Kunden an Unter­neh­mer irr­tüm­lich Zah­lun­gen doppelt leisten oder Beträge über­wei­sen, die den tat­säch­li­chen Rech­nungs­be­trag über­stei­gen. In diesem Zusam­men­hang stellt sich die Frage, ob solche Doppel- und Über­zah­lun­gen der Umsatz­steu­er­pflicht unter­lie­gen. In Öster­reich liegt dies­be­züg­lich keine rele­van­te Recht­spre­chung vor. Aufgrund einer ähn­li­chen umsatz­steu­er­li­chen Gesetz­ge­bung könnte jedoch ein vor einiger Zeit ergan­ge­nes Urteil des deut­schen Bun­des­fi­nanz­ho­fes auch für Öster­reich von Bedeu­tung sein (BFH 19.7.2007, V R 11/05).

Laut BFH ist zu unter­schei­den, ob über­haupt ein steu­er­ba­rer Vorgang vorliegt. Erfolgt eine Fehl­über­wei­sung ohne vor­an­ge­gan­ge­ner Leistung, steht das Entgelt in keinem unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang mit einer Leistung. Folglich besteht auch keine Umsatz­steu­er­schuld. Liegt hingegen eine Doppel- bzw. Über­zah­lung im Zusam­men­hang mit einer steu­er­ba­ren Leistung vor, stellen die ver­ein­nahm­ten Entgelte im Zeit­punkt des Zah­lungs­ein­gan­ges laut BFH die Bemes­sungs­grund­la­ge für die Umsatz­steu­er dar. Insoweit der Unter­neh­mer Teile der Über­zah­lung an den Kunden zurück­zahlt, mindert sich die Bemes­sungs­grund­la­ge nach­träg­lich (§ 16 UStG).

Das Urteil des BFH steht in Einklang mit der umsatz­steu­er­li­chen Behand­lung eines Entgelts, das unein­bring­lich wird. Im Fall der Unein­bring­lich­keit redu­ziert sich die Bemes­sungs­grund­la­ge auf das ver­blei­ben­de nied­ri­ge­re Entgelt. Laut BFH kann für den umge­kehr­ten Fall der Doppel- bzw. Über­zah­lung nichts anderes gelten.

In Hinblick auf die Grund­re­geln des Mehr­wert­steu­er­sys­tems erscheint das BFH-Urteil jedoch pro­ble­ma­tisch, da die Umsatz­steu­er­schuld auf Basis des ver­ein­nahm­ten Entgelts zu ermit­teln ist, wohin­ge­gen der Leis­tungs­emp­fän­ger nur die auf der Rechnung aus­ge­wie­se­ne Umsatz­steu­er als Vor­steu­er geltend machen kann. Im vor­lie­gen­den Fall wäre die Umsatz­steu­er somit keine reine Ver­brauch­steu­er — dies würde sowohl dem Zusam­men­hang zwischen Leistung und Gegen­leis­tung wider­spre­chen als auch die steu­er­li­che Neu­tra­li­tät der Umsatz­steu­er in Frage stellen.

Darüber hinaus könnte das BFH-Urteil dem Gemein­schafts­recht wider­spre­chen, da Doppel- bzw. Über­zah­lun­gen nicht geleis­tet werden, um die Leistung zu erhalten. Solche Zah­lun­gen unter­lie­gen laut Recht­spre­chung des EuGH von vorn­her­ein nicht der Umsatzsteuer.

Bild: © Klaus Eppele — Fotolia