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Tur­nus­aus­bil­dung im Ausland — keine zwin­gen­de Ver­la­ge­rung des Mit­tel­punkts der Lebensinteressen


April 2011 

Im Rahmen von Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men (DBA) kommt dem Wohnsitz eine große Bedeu­tung für das Besteue­rungs­recht des jewei­li­gen Staates zu. Hat der Steu­er­pflich­ti­ge Wohn­sit­ze in ver­schie­de­nen Ländern, so ist der Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen für die Ansäs­sig­keit ent­schei­dend. Der UFS hat sich unlängst (GZ RV/0520‑I/08 vom 27.1.2011) mit der knapp zwei­jäh­ri­gen Tur­nus­arzt­aus­bil­dung eines öster­rei­chi­schen Medi­zin­stu­den­ten in England — er konnte in Öster­reich keine passende Stelle finden — zu beschäf­ti­gen. Während des Aus­lands­auf­ent­halts hatte er ein Zimmer in der Wohnung seiner Mutter zur Ver­fü­gung und kaufte sich zudem eine Eigen­tums­woh­nung in Öster­reich, die er nach der Aus­bil­dungs­zeit im Ausland selbst bewohnen wollte. Er ver­brach­te auch regel­mä­ßi­ge Kurz­auf­ent­hal­te in Öster­reich.

Zur Debatte stand, ob die in England im Rahmen der Tur­nus­arzt­aus­bil­dung bezo­ge­nen und der bri­ti­schen Lohn­steu­er unter­lie­gen­den Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit auch in Öster­reich zu besteu­ern sind. Dem DBA zwischen Öster­reich und Groß­bri­tan­ni­en (und Nord­ir­land) folgend werden Ein­künf­te aus einem Dienst­ver­hält­nis grund­sätz­lich im Ansäs­sig­keits­staat besteu­ert, wobei dem Staat, in welchem die Tätig­keit ausgeübt wird, auch das Besteue­rungs­recht zukommt. Das Finanz­amt sah Öster­reich als Ansäs­sig­keits­staat, da aufgrund der nur vor­über­ge­hen­den Aus­bil­dung keine Ver­la­ge­rung des Mit­tel­punkts der Lebens­in­ter­es­sen anzu­neh­men sei — die eng­li­schen Tur­nus­arztein­künf­te bleiben daher in Öster­reich weiter steu­er­an­hän­gig. Aufgrund des DBA werden die Ein­künf­te in Öster­reich unter Anwen­dung der Anre­chungs­me­tho­de besteu­ert, wodurch es im vor­lie­gen­den Fall zu einer emp­find­li­chen Nach­zah­lung kommt.

Der UFS bestä­tig­te die Ansicht des Finanz­am­tes. Zen­tra­ler Anknüp­fungs­punkt für die unbe­schränk­te Steu­er­pflicht in Öster­reich ist der Wohnsitz bzw. der gewöhn­li­che Auf­ent­halt. Hierfür reicht die Inne­ha­bung einer Wohnung, wenn die Wohnung bei­be­hal­ten und benutzt wird. Im vor­lie­gen­den Fall stellt das Zimmer bei der Mutter jeden­falls einen Wohnsitz dar. Für die Ansäs­sig­keit in Öster­reich nach dem „Wegzug“ müssen überdies enge per­sön­li­che und wirt­schaft­li­che Bezie­hun­gen bestehen bleiben. Gemäß Ein­kom­men­steu­er­richt­li­ni­en ist bei kurz­fris­ti­gen Aus­lands­auf­ent­hal­ten unter zwei Jahren von keiner Ver­la­ge­rung des Mit­tel­punk­tes der Lebens­in­ter­es­sen aus­zu­ge­hen. Dazu kommt noch, dass durch den (geför­der­ten) Kauf der Eigen­tums­woh­nung in Öster­reich zusätz­lich doku­men­tiert wurde, dass eine wirt­schaft­li­che Bezie­hung zu Öster­reich wei­ter­hin gegeben ist. Durch die häufigen Öster­reich-Besuche war auch die per­sön­li­che Bindung wei­ter­hin zu erkennen. Gegen den Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in England hingegen spricht, dass sich der Medi­zi­ner dort nicht häuslich nie­der­ge­las­sen hat, sondern in den Spi­tä­lern Per­so­nal­zim­mer bzw. kurz­fris­tig ange­mie­te­te Zimmer bewohnt hat. Ein schaler Bei­geschmack blieb überdies, da gegen­über der Wohn­bau­för­de­rungs­ab­tei­lung im Ver­gleich zum Finanz­amt vom Steu­er­pflich­ti­gen ein gänzlich anderes Bild bzgl. Zukunfts­vor­stel­lun­gen gezeich­net wurde.

Bild: © dusk — Fotolia