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Klienten-Info — Archiv

Über- und Dop­pel­zah­lun­gen in der Umsatzsteuer

Kate­go­rien: Klienten-Info

Februar 2020 

Wird von einem Kunden eine Rechnung irr­tüm­li­cher­wei­se doppelt über­wie­sen oder wird vom Kunden ver­se­hent­lich zu viel bezahlt, stellt sich in der Umsatz­steu­er die Frage, ob diese Über- bzw. Dop­pel­zah­lun­gen der Umsatz­steu­er zu unter­wer­fen sind. Im kon­kre­ten Fall hatte ein Steu­er­pflich­ti­ger Dop­pel­zah­lun­gen nach Ablauf von zwölf Monaten über das „Ertrags­kon­to 0%“ aus­ge­bucht und dies damit begrün­det, dass zwischen der Dop­pel­zah­lung und der erbrach­ten Leistung keine unmit­tel­ba­re Ver­knüp­fung bestehe. Gemäß EuGH-Recht­spre­chung sei jedoch ein wech­sel­sei­ti­ger final ver­knüpf­ter Leis­tungs­aus­tausch eine zwin­gen­de Bedin­gung für die Fest­set­zung von Umsatz­steu­er („do ut des — Prinzip).

Der VwGH (GZ Ro 2018/15/0013 vom 24.10.2019) hielt hingegen fest, dass der öster­rei­chi­sche Ent­gelt­be­griff in der Umsatz­steu­er gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 UStG explizit auch frei­wil­li­ge Zah­lun­gen erfassen kann. Gemäß dem Grund­satz des Leis­tungs­prin­zips können (aller­dings) nur jene Zah­lun­gen Ent­gelt­be­stand­teil sein, die der Leis­tungs­emp­fän­ger (nicht bloß irr­tüm­lich) zur Erlan­gung einer anderen Leistung tätigt. Der VwGH sieht in einer auf­rech­ten Kun­den­be­zie­hung die Dop­pel­zah­lung in einem unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang zur Leistung, weil der Kunde seine ver­meint­li­che Kauf­preis­schuld tilgen will. Solange also die irr­tüm­li­che Doppel- oder Über­zah­lung nicht auf­ge­klärt und deshalb nicht zurück­ge­zahlt wird, handelt es sich um eine umsatz­steu­er­li­che Gegen­leis­tung. Auch der Wortlaut des Art. 73 der Mehr­wert­steu­er­richt­li­nie spricht für die gegen­ständ­li­che Auf­fas­sung, wonach zur Bemes­sungs­grund­la­ge alles gehört, was den Wert der Gegen­leis­tung bildet, die der Lieferer oder Dienst­leis­ten­de für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienst­leis­tungs­emp­fän­ger „erhält oder erhalten soll“. Demnach ist auch bei Ent­gel­ten, die unter oder über einem markt­kon­for­men Preis liegen, ein umsatz­steu­er­ba­rer Leis­tungs­aus­tausch anzu­neh­men. Durch diese Argu­men­ta­ti­on gestützt sub­su­mier­te der Gerichts­hof die Dop­pel­zah­lun­gen unter den Ent­gelts­be­griff im öster­rei­chi­schen Umsatz­steu­er­ge­setz und stellte einen steu­er­ba­ren Umsatz fest, welcher im vor­lie­gen­den Fall 20% USt zu unter­wer­fen ist. Wird der Irrtum der Dop­pel­zah­lung entdeckt und eine Gut­schrift an den Kunden aus­ge­stellt, führt diese Gut­schrift erst dann zu einer Änderung der Bemes­sungs­grund­la­ge nach § 16 UStG, wenn der Kunde über die Gut­schrift durch Aus­zah­lung oder ander­wei­tig verfügt hat.

Abhängig von der Art des Irrtums der Fehl­über­wei­sung und einer all­fäl­li­gen Auf­klä­rung können sich grund­sätz­lich folgende Fall­kon­stel­la­tio­nen ergeben:

  • Irr­tüm­li­che Doppel- oder Über­zah­lung bei auf­rech­ter Kun­den­be­zie­hung ohne Rück­zah­lung mangels Auf­klä­rung: Die Doppel- oder Über­zah­lung wird als Gegen­leis­tung für eine erbrach­te Leistung bezahlt. Solange der Irrtum nicht auf­ge­deckt wird, ist die Zahlung Teil des Entgelts und somit steu­er­bar.
  • Irr­tüm­li­che Doppel- oder Über­zah­lung bei auf­rech­ter Kun­den­be­zie­hung mit Rück­zah­lung nach Auf­klä­rung: Zunächst findet ein umsatz­steu­er­ba­rer Vorgang statt. Im Monat der Rück­zah­lung kann das Entgelt nach § 16 UStG berich­tigt werden und die bereits abge­führ­te Umsatz­steu­er zurück­ge­holt werden. Sofern trotz Auf­klä­rung keine Rück­zah­lung erfolgt oder erfolgen kann, liegt mangels Rück­zah­lung keine Änderung der Bemes­sungs­grund­la­ge vor.
  • Fehl­über­wei­sung ohne Leistung: Über­weist der Kunde das Geld irr­tüm­li­cher­wei­se an einen Dritten, entsteht beim (fremden) Dritten mangels Zusam­men­hangs von Entgelt und Leistung kein steu­er­ba­rer Umsatz.

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