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Klienten-Info — Archiv

Sehr hohe Fahrt­kos­ten zur Abholung des Sohnes als außer­ge­wöhn­li­che Belastung

Kate­go­rien: Klienten-Info

April 2022 

Kosten können regel­mä­ßig dann steu­er­lich als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung geltend gemacht werden, wenn sie außer­ge­wöhn­lich sind, zwangs­läu­fig erwach­sen und die wirt­schaft­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit wesent­lich beein­träch­ti­gen. Darüber hinaus dürfen die Kosten weder Betriebs­aus­ga­be, Wer­bungs­kos­ten noch Son­der­aus­ga­be sein. Das BFG hatte sich (GZ RV/7104316/2020 vom 4.8.2021) mit dem Fall aus­ein­an­der­zu­set­zen, in dem beträcht­li­che Fahrt­kos­ten für den Besuch des bei der Mutter lebenden, gemein­sa­men Sohnes vom (Kinds)Vater als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung geltend gemacht werden sollten.

Aus­gangs­punkt dabei ist, dass die Kin­des­mut­ter und der rund 11 Monate alte Sohn nach einer gemein­sa­men Zeit mit dem Kinds­va­ter in Öster­reich nach Tsche­chi­en zu ihrer Mutter gezogen ist und dem Kinds­va­ter durch ein tsche­chi­sches Gericht neben Unter­halts­ver­pflich­tun­gen auch Kontakt- bzw. Besuchs­rech­te ein­ge­räumt worden sind. So hat der Kinds­va­ter das Recht, an geraden Wochen­en­den von Freitag bis Sonntag Zeit mit seinem Sohn zu ver­brin­gen (darüber hinaus an jedem zweiten Geburts­tag sowie zu einer längeren Zeit während der Ferien). Dabei wird der Sohn jeweils bereits am Freitag vom Vater abgeholt und am Sonntag zur Mutter zurück­ge­bracht. Mit der Ausübung des Kon­takt­rechts durch den Vater waren rund 600 km Auto­fahrt jeweils pro Wochen­en­de ver­bun­den, welche durch ein Fahr­ten­buch nach­ge­wie­sen werden konnten. Die Weg­stre­cke setzt sich aus jeweils 150 km pro Richtung für das Abholen bzw. das Zurück­brin­gen des Kindes aus bzw. nach Tsche­chi­en zusammen. Eine sinn­vol­le Eisen­bahn­ver­bin­dung als Alter­na­ti­ve zur Fahrt mit dem Pkw steht nicht zur Verfügung.

Das BFG setzte sich im Rahmen seiner Ent­schei­dungs­fin­dung im Detail mit den Para­me­tern der Gewöhn­lich­keit, Zwangs­läu­fig­keit usw. aus­ein­an­der. So ist es bei der Ausübung des Kon­takt­rechts i.Z.m. einem gemein­sa­men Kind gewöhn­lich, dass die Abholung und das Zurück­brin­gen des Kindes jeweils im näheren Umkreis erfolgt. Im kon­kre­ten Fall hingegen sind die Kosten für rund 600 km Auto­fahrt für jeden Besuch des Kindes als außer­ge­wöhn­lich anzu­se­hen. Bei der Beur­tei­lung der Zwang­läu­fig­keit einer außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tung kann zwischen drei Gründen unter­schie­den werden (Zwangs­läu­fig­keit aus tat­säch­li­chen, recht­li­chen und aus sitt­li­chen Gründen). Da im kon­kre­ten Fall Kinds­mut­ter und ‑vater nicht ver­hei­ra­tet waren, kann die Zwangs­läu­fig­keit nach Meinung des BFG nicht von vorn­her­ein weg­fal­len, da es sich nicht um Auf­wen­dun­gen im Gefolge einer ein­ver­nehm­li­chen Ehe­schei­dung handelt. Die Zwangs­läu­fig­keit aus tat­säch­li­chen Gründen (z.B. aufgrund von Natur­ka­ta­stro­phen, Krank­heits­kos­ten usw.) trifft hier ebenso wenig zu wie jene aus recht­li­chen Gründen. Im kon­kre­ten Fall ist jedoch die Zwangs­läu­fig­keit aus sitt­li­chen Gründen gegeben — ins­be­son­de­re dadurch, dass sich der Vater (auch gericht­lich) um die Gewäh­rung aus­rei­chen­der und umfang­mä­ßig üblicher Kon­takt­rech­te zu seinem Sohn bemüht hat. Nicht zuletzt dadurch, dass er durch die gemein­sa­me Zeit mit seinem Sohn aus­rei­chend Kontakt hatte und an dessen Erzie­hung teilnahm, sind im vor­lie­gen­den Fall die (sehr hohen) Fahrt­auf­wen­dun­gen für die Ausübung seiner Kon­takt­rech­te zu seinem Sohn aus sitt­li­chen Gründen als zwangs­läu­fig anzusehen.

Eine weitere Vor­aus­set­zung für die steu­er­li­che Absetz­bar­keit als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ist, dass die Belas­tung nicht bereits durch Absetz­be­trä­ge abge­gol­ten wird. Für das BFG ent­schei­dend ist dies­be­züg­lich, ob der Zweck des Abholens und Zurück­brin­gen des Sohnes unter die Leistung des gesetz­li­chen Unter­halts sub­su­miert werden kann. Leis­tun­gen des gesetz­li­chen Unter­halts sind durch den Unter­halts­ab­setz­be­trag abge­gol­ten und daher können damit zusam­men­hän­gen­de Kosten nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abge­zo­gen werden. Die unmit­tel­ba­re Leistung von Erzie­hung und Kon­takt­pfle­ge durch die Eltern bzw. einen Eltern­teil sind als ideelle Leis­tun­gen an das Kind zu sehen, welche nicht zu den Leis­tun­gen des gesetz­li­chen Unter­halts zählen. Im End­ef­fekt konnte der Vater die Fahrt­kos­ten für das Abholen und Zurück­brin­gen des bei der Mutter in Tsche­chi­en lebenden Sohnes als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung (mit Selbst­be­halt) geltend machen.

Bild: © Adobe Stock — Jürgen Fälchle