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Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in Öster­reich bei (kurz­fris­ti­ger) Ent­sen­dung in die USA

Kate­go­rien: Klienten-Info

Mai 2025 

Für die unbe­schränk­te Steu­er­pflicht in einem Staat, woraus regel­mä­ßig das Besteue­rungs­recht am Welt­ein­kom­men resul­tiert, sind mehrere Kri­te­ri­en aus­schlag­ge­bend, welche dem Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men (DBA) folgend nach­ein­an­der geprüft werden müssen. Dadurch wird sicher­ge­stellt, dass Steu­er­pflich­ti­ge mit ihrem Welt­ein­kom­men (in- und aus­län­di­sche Ein­künf­te) nur in einem Staat steu­er­pflich­tig sind und Dop­pel­be­steue­rung ver­mie­den wird.

Das BFG hatte sich (GZ RV/7103375/2024 vom 12.11.2024) mit einer Ent­sen­dung von Öster­reich in die USA aus­ein­an­der­zu­set­zen, bei der nicht klar war, ob Öster­reich oder die USA das Besteue­rungs­recht an dem im Zeitraum 2017 bis 2018 in den USA bezo­ge­nen Gehalt haben sollte. Hin­ter­grund war eine von 1.2.2017 bis 31.1.2019 befris­te­te Ent­sen­dung (die tat­säch­li­che Rückkehr nach Öster­reich erfolgte im Dezember 2018) durch den öster­rei­chi­schen Arbeit­ge­ber an ein (Konzern)Unternehmen in den USA, wobei der Arbeit­neh­mer zu diesem Zweck in die USA über­sie­del­te — mitsamt Ehefrau, den beiden Kindern und zwei Haus­tie­ren. Ursprüng­lich war die Ent­sen­dung für drei Jahre ange­dacht gewesen, mit der Option auf Ver­län­ge­rung um zwei Jahre.

Erster Anhalts­punkt für die steu­er­li­che Ansäs­sig­keit in einem Staat gem. DBA ist, ob der Steu­er­pflich­ti­ge dort über eine ständige Wohn­stät­te verfügt. Dies war sowohl in den USA als auch in Öster­reich der Fall gewesen. Eine ständige Wohn­stät­te in Öster­reich (bzw. das Vor­lie­gen eines inlän­di­schen Wohn­sit­zes) ist selbst dann gegeben, wenn eine voll­stän­dig ein­ge­rich­te­te Wohnung während des Aus­lands­auf­ent­halts unbe­wohnt zurück­ge­las­sen und nicht ver­mie­tet wird. Für die Abklä­rung der steu­er­li­chen Ansäs­sig­keit muss folglich in einem nächsten Schritt jener Staat ermit­telt werden, zu dem die engeren per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen bestehen (Mit­tel­punkt der Lebensinteressen).

Grund­sätz­lich ist dabei auf das Gesamt­bild der per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se des Steu­er­pflich­ti­gen abzu­stel­len, wobei den wirt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen in der Regel eine gerin­ge­re Bedeu­tung zukommt als den per­sön­li­chen Bezie­hun­gen. Zeitlich betrach­tet ist bei der Ermitt­lung des Mit­tel­punkts der Lebens­in­ter­es­sen regel­mä­ßig nicht nur auf die Ver­hält­nis­se eines Jahres, sondern auf einen längeren Beob­ach­tungs­zeit­raum abzu­stel­len. Auf die vor­lie­gen­de Ent­sen­dung von Öster­reich in die USA bezogen spricht für den Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in Öster­reich das in Öster­reich als Neben­wohn­sitz gemel­de­te Eigen­heim, die durch­ge­hen­de öster­rei­chi­sche Sozi­al­ver­si­che­rungs­num­mer, Spen­den­zah­lun­gen der Ehefrau in Öster­reich, Über­wei­sun­gen auf ein öster­rei­chi­sches Bank- und Spar­kon­to, der Auf­ent­halt der engen Ver­wand­ten des Steu­er­pflich­ti­gen in Öster­reich, der auch während der Ent­sen­dung auf­rech­te Dienst­ver­trag mit dem öster­rei­chi­schen Arbeit­ge­ber und ins­be­son­de­re der bereits bei Wegzug aus Öster­reich bestehen­de Plan, die Kinder nach der Rückkehr wieder in das öster­rei­chi­sche Schul­sys­tem zu inte­grie­ren. Außerdem ist zu bedenken, dass eine zeitlich begrenz­te Aus­lands­tä­tig­keit den Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen auch dann im Inland bestehen lässt, wenn die Familie an den Arbeits­ort ins Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber bei­be­hal­ten wird.

Für die USA als Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen sprach hingegen, dass das Gehalt während der Ent­sen­dung in die USA auf ein Bank­kon­to in den USA über­wie­sen wurde und dass die Söhne eine Schule in den USA besuch­ten und in ört­li­chen Sport­ver­ei­nen aktiv waren. Überdies hatte die Ehefrau des Steu­er­pflich­ti­gen ihre Yoga-Aus­bil­dung in den USA abge­schlos­sen und vor Ort unent­gelt­lich Yoga-Unter­richt ange­bo­ten. Schließ­lich hatte sich die ganze Familie während des Ent­sen­dungs­zeit­raums aus­schließ­lich in den USA auf­ge­hal­ten und dort auch die gesamte Freizeit und Urlaube verbracht.

Das BFG kam zum Ergebnis — auch unter Berück­sich­ti­gung einer zuvor ergan­ge­nen VwGH-Ent­schei­dung — dass vor allem die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se des Steu­er­pflich­ti­gen für den Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in Öster­reich sprechen. Ins­be­son­de­re wurde bereits vor Ende der Ent­sen­dung der Ent­schluss gefasst, wieder nach Öster­reich zurück­zu­keh­ren, um den Kindern die pro­blem­lo­se Wie­der­ein­glie­de­rung in das öster­rei­chi­sche Schul­sys­tem zu ermög­li­chen — tat­säch­lich erfolgte die Rückkehr nach Öster­reich schon nach 23 Monaten. Die engeren Bin­dun­gen zu Öster­reich schon während der Dauer des Aus­lands­auf­ent­halts zeigen sich auch darin, dass vor und während der Ent­sen­dung in Hinblick auf die schu­li­sche Wei­ter­ent­wick­lung der Kinder Kontakt zur Schule und zum öster­rei­chi­schen Bil­dungs­mi­nis­te­ri­um auf­ge­nom­men wurde. Laut Auf­fas­sung des BFG bestan­den hingegen in den USA weder Mit­glied­schaf­ten in Vereinen noch mehr als nur üblicher Kontakt zu Arbeits­kol­le­gen, woraus ein Über­wie­gen der per­sön­li­chen Bezie­hun­gen zu den USA kei­nes­falls ange­nom­men werden konnte. Somit waren die ame­ri­ka­ni­schen Ein­künf­te in Öster­reich unter Anrech­nung der ame­ri­ka­ni­schen Steuer zu erfassen.

Bild: © Adobe Stock — BullRun