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Artikel zum Thema: Finanzamt

Haftet der Rechts­an­walt für eine falsch errech­ne­te Immobilienertragsteuer?

Kate­go­rien: Klienten-Info , Ver­mie­ter-Info

Juni 2023 

Im Jahr 2012 hat der Gesetz­ge­ber die Besteue­rung von privaten Grund­stü­cken grund­le­gend geändert. Zuvor war grund­sätz­lich eine steu­er­freie Ver­äu­ße­rung nach Ablauf der sog. Spe­ku­la­ti­ons­frist von 10 Jahren für unbe­bau­te und von 15 Jahren für bebaute Grund­stü­cke möglich. Das damals neue Gesetz sah vor, dass für Grund­stücks­an­schaf­fun­gen vor dem 31.3.2002, bei denen zum 31.3.2012 die Spe­ku­la­ti­ons­frist bereits abge­lau­fen ist, eine pau­scha­le Besteue­rung zur Anwen­dung gelangt.

In § 30 Abs. 4 EStG ist geregelt, dass in solchen Fällen grund­sätz­lich 4,2 % des Ver­äu­ße­rungs­er­lö­ses als Steuer abzu­füh­ren ist. Im Falle einer Umwid­mung von Grünland in Bauland ab dem 1.1.1988 sind im Fall der späteren Ver­äu­ße­rung 18 % des Erlöses als Immo­bi­li­en­er­trag­steu­er (ImmoESt) fällig (60 % x 30 %). Der Ver­käu­fer hat im Rahmen des Ver­äu­ße­rungs­vor­gangs einen Par­tei­en­ver­tre­ter (z.B. einen Rechts­an­walt) mit der Berech­nung und der Abfuhr der Steuer beauf­tra­gen. Der Steu­er­pflich­ti­ge muss diesem aller­dings alle erfor­der­li­chen Unter­la­gen und Infor­ma­tio­nen vorlegen.

Die Par­tei­en­ver­tre­ter haften dann für die Abfuhr der ImmoESt. Hin­sicht­lich der Rich­tig­keit haften diese dem Gesetz ent­spre­chend nur, wenn die ImmoESt wider besseren Wissens auf Grund­la­ge der Angaben des Steu­er­pflich­ti­gen berech­net wird. Im gegen­ständ­li­chen Fall hat der Rechts­an­walt im Zuge des Ver­kau­fes des Grund­stü­ckes im Dezember 2015 den nied­ri­ge­ren Steu­er­satz für die Ermitt­lung der ImmoESt ange­setzt, da der Ver­käu­fer davon aus­ge­gan­gen ist, dass das Grund­stück bereits seit jeher als Bauland galt. Das Finanz­amt war jedoch der Ansicht, dass eine steu­er­recht­lich rele­van­te Umwid­mung erst im Sep­tem­ber 2015 statt­ge­fun­den hat und nicht schon, wie vom Ver­käu­fer ein­ge­wen­det, die Bau­land­wid­mung seit jeher aufgrund des bestehen­den Bebau­ungs­plans vor­ge­le­gen ist, womit 18 % des Ver­äu­ße­rungs­er­lö­ses als ImmoESt abzu­füh­ren wären. Im Jahr 2016 hat das Finanz­amt den Rechts­an­walt mittels Bescheids zur Haftung dieses höheren Betrages herangezogen.

Das Bun­des­fi­nanz­ge­richt stimmte dem Finanz­amt zu. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof (GZ Ro 2022/15/0004 vom 9.2.2022) wies jedoch darauf hin, dass im Falle einer zu niedrig ermit­tel­ten ImmoESt der Grund­stücks­ver­käu­fer Steu­er­schuld­ner ist. Daneben haftet der Rechts­an­walt (Par­tei­en­ver­tre­ter) gemäß § 30c Abs. 3 EStG dann für die Rich­tig­keit der Immo­bi­li­en­er­trag­steu­er, wenn er die ImmoESt wider besseres Wissen auf Grund­la­ge der Angaben des Steu­er­pflich­ti­gen zu niedrig berech­net hat. Das BFG und das Finanz­amt haben in ihren Beschei­den die wesent­li­che Frage, ob diese gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für eine Haftung des Rechts­an­walts über­haupt vor­lie­gen, nicht behan­delt. Aufgrund dieser Ver­ken­nung der Rechts­la­ge hat der VwGH den Haf­tungs­be­scheid wegen inhalt­li­cher Rechts­wid­rig­keit aufgehoben.

Zusam­men­fas­send kann daher fest­ge­hal­ten werden, dass ein Rechts­an­walt nicht auto­ma­tisch, aber in gewissen Fällen, für eine zu gering berech­ne­te ImmoESt haftet. In der Praxis wird daher häufig auf die Exper­ti­se eines Steu­er­be­ra­ters zurück­ge­grif­fen, um auch bei kom­ple­xen Sach­ver­hal­ten eine korrekte Ermitt­lung der ImmoESt zu gewährleisten.

Bild: © Adobe Stock — Shisu_ka