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Artikel zum Thema: Aktiengesellschaft

Rechnungslegungsänderungs­gesetz 2014 — Spezial — Teil 1

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

November 2016 

Das Rech­nungs­le­gungs­än­de­rungs­ge­setz 2014 (RÄG 2014), welches bereits im Dezember 2014 beschlos­sen worden war, setzt vor allem EU-Vorgaben um und hat zum Ziel, die unter­neh­mens­recht­li­chen und steu­er­recht­li­chen Bestim­mun­gen anzu­glei­chen (Stich­wort Ein­heits­bi­lanz). Betrof­fen von den umfang­rei­chen Neue­run­gen sind vor allem Gesell­schaf­ten mit beschränk­ter Haftung, Akti­en­ge­sell­schaf­ten sowie kapi­ta­lis­ti­sche Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten (GmbH & Co KG). Die Ände­run­gen gelten für Wirt­schafts­jah­re, die nach dem 31.12.2015 begonnen haben – bei Regel­bi­lanz­stich­tag daher erstmals für die anste­hen­den Jah­res­ab­schlüs­se zum 31.12.2016. Damit es bei der Bilanz­er­stel­lung keine Über­ra­schun­gen gibt, sollten die nächsten Wochen noch zur Vor­be­rei­tung genutzt werden. Nach­fol­gend werden die wich­tigs­ten Ände­run­gen pra­xis­nah dargestellt.

Ände­run­gen bei den Größenklassen

Mit dem RÄG 2014 wurde mit den Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten (so genannte Micros) eine neue Grö­ßen­klas­se ein­ge­führt. Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten sind kleine Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten, die zumin­dest zwei der fol­gen­den drei Schwel­len­wer­te nicht überschreiten:

Bilanz­sum­me

350.000

Umsatz­er­lö­se

700.000

Arbeit­neh­mer

10

Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten müssen keinen Anhang erstel­len, sofern Haf­tungs­ver­hält­nis­se, sonstige wesent­li­che finan­zi­el­le Ver­pflich­tun­gen und ding­li­che Sicher­hei­ten (§ 237 Abs. 1 Z 2 UGB) sowie Vor­schüs­se und Kredite an Unter­neh­mens­or­ga­ne (§ 237 Abs. 1 Z 3 UGB) unter der Bilanz ange­ge­ben werden. Der Straf­rah­men für Zwangs­stra­fen i.Z.m. der nicht zeit­ge­rech­ten Offen­le­gung des Jah­res­ab­schlus­ses ist für Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten generell halbiert. Grund­sätz­lich gilt, dass in der Insol­venz keine weiteren Zwangs­stra­fen mehr anfallen sollen.

Neben der Ein­füh­rung einer neuen Grö­ßen­klas­se wurden durch das RÄG 2014 auch die Schwel­len­wer­te infla­ti­ons­be­dingt ange­ho­ben, welche für die Ein­stu­fung als kleine, mit­tel­gro­ße oder große Kapi­tal­ge­sell­schaft relevant sind. Die erhöhten Schwel­len­wer­te sind im Jahr 2016 bereits rück­wir­kend für die Beob­ach­tungs­zeit­räu­me 2014 und 2015 anzu­wen­den. Die neuen Schwel­len­wer­te sind wie folgt:

Kapi­tal­ge­sell­schaft

Bilanz­sum­me (€)

Umsatz­er­lö­se (€)

Arbeit­neh­mer

Klein

bis 5.000.000

bis 10.000.000

bis 50

Mit­tel­groß

bis 20.000.000

bis 40.000.000

bis 250

Groß

> 20.000.000

> 40.000.000

> 250

Zu beachten ist, dass Akti­en­ge­sell­schaf­ten, die Mut­ter­un­ter­neh­men sind („Holding-AGs“) die Schwel­len­wer­te für den Ein­zel­ab­schluss ab dem Jahr 2016 auf Basis von kon­so­li­dier­ten oder agg­re­gier­ten Werten zu berech­nen haben.

Ände­run­gen in der Glie­de­rung bzw. im Ausweis

Mit dem RÄG 2014 wurde der Begriff „Umsatz­er­lö­se“ neu defi­niert. Ab dem Jahr 2016 sind Umsatz­er­lö­se jene Beträge, die sich aus dem Verkauf von Pro­duk­ten und der Erbrin­gung von Dienst­leis­tun­gen nach Abzug von Erlös­schmä­le­run­gen, Umsatz­steu­er und sons­ti­gen direkt mit dem Umsatz ver­bun­de­nen Steuern (z.B. Elektrizitäts‑, Kohle- und Erd­gas­ab­ga­be) ergeben. Ob die Erlöse für die gewöhn­li­che Geschäfts­tä­tig­keit des Unter­neh­mens typisch sind, spielt keine Rolle mehr. Der Umfang der Umsatz­er­lö­se wird sich aufgrund der Neu­de­fi­ni­ti­on regel­mä­ßig erhöhen, da nunmehr auch z.B. Lizenz­ein­nah­men, Kan­ti­nen­er­lö­se und Erlöse aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung Umsatz­er­lö­se dar­stel­len. Hierbei ist darauf zu achten, dass sich daraus auch Aus­wir­kun­gen auf Ver­trags­be­stim­mun­gen (z.B. umsatz­ab­hän­gi­ge Pacht) und Kenn­zah­len (z.B. Umsatz­ren­ta­bi­li­tät) ergeben können. Andere Erträge wie Fremd­wäh­rungs­kurs­ge­win­ne, Scha­den­er­satz­leis­tun­gen und Aus­bu­chun­gen von ver­jähr­ten Ver­bind­lich­kei­ten ver­blei­ben gemäß RÄG 2014 in den übrigen sons­ti­gen betrieb­li­chen Erträgen. Da zwischen Umsatz­er­lö­sen und For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen ein enger Zusam­men­hang besteht, wird es auch zu Umglie­de­run­gen zu Lasten der sons­ti­gen For­de­run­gen kommen. Die Vor­jah­res­wer­te sind im Jah­res­ab­schluss 2016 an die Neu­de­fi­ni­ti­on anzu­pas­sen. Trotz feh­len­der ein­deu­ti­ger gesetz­li­cher Regelung sprechen gute Gründe dafür, dass die Neu­de­fi­ni­ti­on der Umsatz­er­lö­se im Zusam­men­hang mit der Ein­ord­nung in die Grö­ßen­klas­sen – ver­gleich­bar mit den Ände­run­gen bei den Schwel­len­wer­ten — bereits für die Beob­ach­tungs­zeit­räu­me 2014 und 2015 her­an­zu­zie­hen ist.

Kein außer­or­dent­li­ches Ergebnis mehr: In Anleh­nung an die inter­na­tio­na­len Rech­nungs­le­gungs­be­stim­mun­gen soll der Ausweis von außer­or­dent­li­chen Auf­wen­dun­gen und Erträgen in der Gewinn- und Ver­lust­rech­nung ent­fal­len. Dafür sind dazu Angaben im Anhang zu machen. Folglich gibt es auch kein „Ergebnis der gewöhn­li­chen Geschäfts­tä­tig­keit“ (EGT) mehr, welches künftig als „Ergebnis vor Steuern“ zu bezeich­nen ist.

In der Bilanz sind vor allem zu den Fris­tig­kei­ten von For­de­run­gen und Ver­bind­lich­kei­ten bereits in der Bilanz Angaben zu tätigen (bis ein Jahr bzw. über ein Jahr). Eine Ver­la­ge­rung dieser Angaben in den Anhang ist nicht zulässig. Neben dem Entfall der unver­steu­er­ten Rück­la­gen sind eigene Anteile künftig als Minus­pos­ten im Eigen­ka­pi­tal zu zeigen.

Im Anla­gen­spie­gel ist nunmehr die Ent­wick­lung der kumu­lier­ten Abschrei­bun­gen ver­pflich­tend dar­zu­stel­len (Abschrei­bun­gen des Jahres, Abgänge und Umbu­chun­gen). Sofern vom Wahl­recht für die Akti­vie­rung von Fremd­ka­pi­tal­zin­sen Gebrauch gemacht wird, sind die akti­vier­ten Zinsen in einer eigenen Spalte oder in einem „Davon“-Vermerk neben den Zugängen auszuweisen.

Neu­re­ge­lung bei den latenten Steuern

Latente Steuern bilden zeit­li­che Unter­schie­de zwischen dem unter­neh­mens­recht­li­chem Ergebnis und der Steu­er­be­mes­sungs­grund­la­ge ab. Aktive latente Steuern liegen vor, wenn in der Ver­gan­gen­heit (im Ver­hält­nis zum Ergebnis) „zu viel“ an Steuern bezahlt wurde und sich dieser Effekt in Fol­ge­pe­ri­oden wieder aus­gleicht. Im umge­kehr­ten Fall kommt es zu passiven latenten Steuern. Durch das RÄG 2014 gilt in Öster­reich auch das inter­na­tio­nal übliche bilanz­ori­en­tier­te Konzept („lia­bi­li­ty concept“) anstelle der bis­he­ri­gen Ori­en­tie­rung an der Gewinn- und Verlustrechnung.

Wie schon bisher besteht für passive latente Steuern eine Pas­si­vie­rungs­pflicht unab­hän­gig von der Grö­ßen­klas­se. Für aktive latente Steuern (aus­ge­nom­men Ver­lust­vor­trä­ge) gilt für mit­tel­gro­ße und große Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten nunmehr eine Akti­vie­rungs­pflicht – für kleine Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten besteht ein Akti­vie­rungs­wahl­recht. Die Akti­vie­rung erfolgt mittels Ausweis in dem mit dem RÄG 2014 neu geschaf­fe­nen Bilanz­pos­ten „D. Aktive Latente Steuern“. Kleine Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten haben bei der Akti­vie­rung latenter Steuern – dadurch kann etwa die Eigen­ka­pi­tal­quo­te ver­bes­sert werden — die­sel­ben Angaben im Anhang zu machen wie mit­tel­gro­ße und große Gesell­schaf­ten. Zu beachten ist auch das Ste­tig­keits­ge­bot, dem­zu­fol­ge auch aus­ge­üb­te Wahl­rech­te in Bezug auf die Akti­vie­rung latenter Steuern in Fol­ge­jah­ren (stetig) anzu­wen­den sind. Latente Steuern von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten (KG, OG) sind bei den Gesell­schaf­tern zu bilanzieren.

Eine beson­de­re Quelle für aktive latente Steuern bilden Ver­lust­vor­trä­ge, welche unbe­schränkt vor­ge­tra­gen werden können, aber regel­mä­ßig nur zu 75% mit steu­er­pflich­ti­gen Ein­künf­ten ver­rech­net werden können. Im Gegen­satz zur Rechts­la­ge vor dem RÄG 2014 ist nunmehr ein Ansatz­wahl­recht vor­ge­se­hen, welches an mehrere Bedin­gun­gen geknüpft ist. Besteht nach Sal­die­rung mit aktiven latenten Steuern (ohne Ver­lust­vor­trä­ge) ein Überhang passiver latenter Steuern, so kann diese Lücke mit aktiven latenten Steuern aus Ver­lust­vor­trä­gen gefüllt werden. Darüber hinaus können aktive latente Steuern aus ver­wert­ba­ren Ver­lust­vor­trä­gen nur dann ange­setzt werden, wenn mittels steu­er­li­cher Pla­nungs­rech­nung über­zeu­gen­de sub­stan­zi­el­le Hinweise vor­lie­gen, dass aus­rei­chen­des steu­er­li­ches Ergebnis in Zukunft zur Ver­fü­gung steht, damit eine Steu­er­erspar­nis auch tat­säch­lich ein­tre­ten kann. Bei der Pla­nungs­rech­nung ist in Anleh­nung an die deut­schen Bestim­mun­gen – das RÄG 2014 gibt hier keine Hinweise – von einem Zeit­ho­ri­zont von 5 Jahren auszugehen.

Schließ­lich ist noch zu beachten, dass keine aktiven latenten Steuern anzu­set­zen sind, die aus dem erst­ma­li­gen Ansatz eines Geschäfts- oder Fir­men­werts resul­tie­ren. Aktive latente Steuern führen überdies zu einer Aus­schüt­tungs­sper­re. Gewinne dürfen also nur insoweit aus­ge­schüt­tet werden, als jeder­zeit auf­lös­ba­re Rück­la­gen zuzüg­lich eines Gewinn­vor­trags und abzüg­lich eines Ver­lust­vor­trags min­des­tens dem akti­vier­ten Betrag der latenten Steuern ent­spre­chen. Der von der Aus­schüt­tungs­sper­re betrof­fe­ne Betrag schwankt daher jährlich im Ausmaß der Ver­än­de­rung der aktiven latenten Steuern.

Da sich durch die Neu­re­ge­lung der latenten Steuern unter Umstän­den die Ver­mö­gens- und Ertrags­la­ge von Unter­neh­men massiv ändern kann, sieht das RÄG 2014 eine Ver­tei­lungs­mög­lich­keit (begin­nend 2016) über längs­tens fünf Jahre vor. Wichtig ist, dass sich diese Ver­tei­lungs­mög­lich­keit auf den Stand der latenten Steuern zum 1.1.2016 bezieht, während die Ver­än­de­rung der latenten Steuern im Jahr 2016 selbst immer in voller Höhe ergeb­nis­wirk­sam zu erfassen ist.

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