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Artikel zum Thema: Angestellter

VwGH zur Ver­la­ge­rung des Mit­tel­punkts der Lebens­in­ter­es­sen bei Auslandstätigkeit

Kate­go­rien: Klienten-Info

Juni 2018 

Für die Besteue­rung von natür­li­chen Personen ist im inter­na­tio­na­len Kontext regel­mä­ßig der Wohnsitz maß­ge­bend, da die meisten Staaten die Ansäs­sig­keit und damit zusam­men­hän­gend die unbe­schränk­te Steu­er­pflicht an das Vor­lie­gen eines Wohn­sit­zes bzw. an den gewöhn­li­chen Auf­ent­halt einer Person knüpfen. Wenn zwei Staaten aufgrund des jewei­li­gen Wohn­sit­zes das Welt­ein­kom­men besteu­ern wollen, droht Dop­pel­be­steue­rung. Als Lösung sehen die Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men (DBA) vor, dass weitere Kri­te­ri­en beur­teilt werden müssen, anhand derer der Ansäs­sig­keits­staat ein­deu­tig ermit­telt werden kann. Eine mögliche Dop­pel­be­steue­rung wird dann ver­mie­den, da nur der Ansäs­sig­keits­staat das Welt­ein­kom­men besteu­ern darf und dem anderen Staat als Quel­len­staat nur ein ein­ge­schränk­tes Besteue­rungs­recht zukommt.

Nach dem Merkmal des Wohn­sit­zes ist das Kri­te­ri­um des Mit­tel­punkts der Lebens­in­ter­es­sen für die Bestim­mung des Ansäs­sig­keits­staats ent­schei­dend. Ver­ein­facht gespro­chen soll eine natür­li­che Person in dem Staat — Wohnsitz als erste Stufe vor­aus­ge­setzt — ansässig sein, zu dem sie die engeren per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen hat. Der VwGH hatte sich (GZ Ra 2016/15/0008 vom 17.10.2017) mit dem Fall aus­ein­an­der­zu­set­zen, in dem ein in Öster­reich Ange­stell­ter sein Dienst­ver­hält­nis ein­ver­nehm­lich gekün­digt hatte, um dann bei dem Kon­zern­un­ter­neh­men in den USA für 18 Monate zu arbeiten (als Ange­stell­ter der US-Gesell­schaft). Er behielt seine Eigen­tums­woh­nung in Öster­reich während seiner Abwe­sen­heit, ver­mie­te­te sie jedoch nicht, da eine Ver­mie­tung über den Zeitraum der Abwe­sen­heit nicht mit den Bestim­mun­gen des MRG in Einklang zu bringen gewesen wäre (ein beschränk­ter Miet­ver­trag nach MRG muss auf min­des­tens drei Jahre abge­schlos­sen werden).

Das öster­rei­chi­sche Finanz­amt sah aufgrund der tat­säch­li­chen Ver­fü­gungs­macht über die Wohnung die Ansäs­sig­keit wei­ter­hin in Öster­reich gegeben (mit der Folge der unbe­schränk­ten Steu­er­pflicht in Öster­reich). Trotz gleich­zei­ti­gem Wohnsitz in den USA sei der Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen wei­ter­hin in Öster­reich anzu­neh­men, welcher grund­sätz­lich über einen längeren Zeitraum hin betrach­tet werden müsse. Regel­mä­ßig ist bei kurz­fris­ti­gen Aus­lands­auf­ent­hal­ten (von weniger als zwei Jahren) von keiner Ver­la­ge­rung des Mit­tel­punkts der Lebens­in­ter­es­sen aus­zu­ge­hen. Der VwGH teilte diese Ansicht und betonte, dass es für die Bestim­mung des Mit­tel­punkts der Lebens­in­ter­es­sen auf das Gesamt­bild der per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se über einen (über 1 Jahr hin­aus­ge­hen­den) Zeitraum ankommt. Während die fami­liä­ren Bin­dun­gen sowie Betä­ti­gun­gen gesell­schaft­li­cher, reli­giö­ser und kul­tu­rel­ler Art die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se bestim­men, geben die örtlich gebun­de­nen Tätig­kei­ten und die Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de in Form von Ein­nah­men Auskunft über die wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se. Mit Verweis auf frühere Judi­ka­tur lässt eine zeitlich begrenz­te Aus­lands­tä­tig­keit den Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen selbst dann in Öster­reich bestehen, wenn die Familie an den Arbeits­ort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber bei­be­hal­ten wird. Außerdem kommt den wirt­schaft­li­chen Bezie­hun­gen in der Regel eine gerin­ge­re Bedeu­tung als den per­sön­li­chen Bezie­hun­gen zu — diese waren im vor­lie­gen­den Fall hin­sicht­lich Mit­glied­schaft in Vereinen und anderen sozialen Enga­ge­ments in den USA nur sehr gering aus­ge­prägt gewesen.

Bild: © Paul Bodea — Fotolia