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Artikel zum Thema: Ausgleichsverfahren

Der Konkurs — ein Überblick

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

August 2008 

Laut Insol­venz­sta­tis­tik des Kre­dit­schutz­ver­ban­des von 1870 gab es im Jahr 2007 in Öster­reich 8.619 Pri­vat­kon­kur­se sowie über 6.200 Unter­neh­mens­in­sol­ven­zen, wobei von der Gesamt­zahl der Unter­neh­mens­kon­kur­se mehr als die Hälfte mangels Masse abge­wie­sen wurde. Dieser Artikel soll einen Über­blick über die Vor­aus­set­zun­gen und wesent­lichs­ten Folgen einer Kon­kurs­er­öff­nung sowie die Haftung für Kon­kurs­ver­schlep­pung geben. Hin­ge­wie­sen sei außerdem auf die Insolvenzdatei.

Die Kon­kurs­an­trags­pflicht

Ein Kon­kurs­an­trag kann entweder vom Schuld­ner oder von einem Gläu­bi­ger gestellt werden. Der Schuld­ner ist zur Stellung des Kon­kurs­an­trags ohne schuld­haf­tes Zögern ver­pflich­tet, längs­tens jedoch binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit bzw. ab Kenntnis der (erkenn­ba­ren) Über­schul­dung. Bei sorg­fäl­ti­ger Betrei­bung eines Aus­gleichs oder von Sanie­rungs­be­mü­hun­gen gilt der Kon­kurs­an­trag als nicht schuld­haft ver­zö­gert; die 60-Tage-Frist ist jeden­falls ein­zu­hal­ten. Auch jeder Kon­kurs­gläu­bi­ger ist antrags­le­gi­ti­miert. Er hat zu beschei­ni­gen, dass ihm eine For­de­rung gegen den Schuld­ner zusteht, die aber noch nicht fällig sein muss. Der Gläu­bi­ger hat zudem die Insol­venz des Schuld­ners zu beschei­ni­gen. Stellt der Schuld­ner seine Zah­lun­gen ein, so ist gemäß § 66 Abs 2 Kon­kurs­ord­nung (KO) seine Zah­lungs­un­fä­hig­keit wider­leg­lich zu vermuten. Das Vor­lie­gen der Zah­lungs­un­fä­hig­keit muss in diesem Fall vom Gläu­bi­ger nicht glaub­haft gemacht werden.

Wen trifft die Konkursantragspflicht?

Ist der Schuld­ner eine natür­li­che Person, so trifft diese Person die Kon­kurs­an­trags­pflicht; bei der OHG und der KG sind es die unbe­schränkt haf­ten­den Gesell­schaf­ter und Liqui­da­to­ren. Bei allen anderen juris­ti­schen Personen trifft die Kon­kurs­an­trags­pflicht jeden ein­zel­nen, zur Außen­ver­tre­tung befugten Organ­wal­ter. Ein gesamt­ver­tre­tungs­be­fug­ter Geschäfts­füh­rer muss einen Kon­kurs­an­trag auch dann stellen, wenn die anderen Geschäfts­füh­rer die Antrag­stel­lung ablehnen. In diesem Fall muss die Insol­venz beschei­nigt werden, die übrigen Antrags­pflich­ti­gen sind dazu ein­zu­ver­neh­men. Da die Kon­kurs­an­trags­pflicht dem Schutz der Gläu­bi­ger dient, ist eine Weisung der Gene­ral­ver­samm­lung einer GmbH, mit welcher einem Geschäfts­füh­rer die Antrag­stel­lung verboten wird, nicht rechtswirksam.

Die Kon­kurs­vor­aus­set­zung der Zahlungsunfähigkeit

§ 66 Abs 2 KO bestimmt, dass Zah­lungs­un­fä­hig­keit ins­be­son­de­re dann anzu­neh­men ist, wenn der Schuld­ner seine Zah­lun­gen ein­stellt. Zah­lungs­un­fä­hig­keit setze außerdem nicht voraus, dass Gläu­bi­ger andrän­gen. Dass der Schuld­ner noch einzelne seiner Gläu­bi­ger befrie­di­gen kann, ist kein Grund für die Annahme der Zah­lungs­fä­hig­keit. Werden einzelne Gläu­bi­ger nach Eintritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit wei­ter­hin befrie­digt, kann dies — für den Schuld­ner — eine straf­recht­lich rele­van­te Gläu­bi­ger­be­güns­ti­gung dar­stel­len. Da das Gesetz keine Legal­de­fi­ni­ti­on der Zah­lungs­un­fä­hig­keit enthält, haben Lehre und Recht­spre­chung Kri­te­ri­en für das Vor­lie­gen der Zah­lungs­un­fä­hig­keit ent­wi­ckelt: Ein Schuld­ner ist nach der Defi­ni­ti­on des Obersten Gerichts­ho­fes zah­lungs­un­fä­hig, wenn er nicht mehr imstande ist, bei red­li­cher wirt­schaft­li­cher Gebarung seine Schulden binnen ange­mes­se­ner Frist nach Fäl­lig­keit voll­kom­men zu beglei­chen. Erst in Zukunft zu erwar­ten­de Eingänge werden nicht berück­sich­tigt. Ist der Schuld­ner bloß zah­lungs­un­wil­lig, kann mit den Mitteln der Exe­ku­ti­on vor­ge­gan­gen werden. Es ist kein Kon­kurs­an­trag zu stellen. Die Zah­lungs­un­fä­hig­keit bezieht sich nur auf Geld­schul­den, und zwar alle fälligen Geld­schul­den. Das heißt, eine nur drohende Zah­lungs­un­fä­hig­keit bildet keinen Kon­kurs­grund, wohl aber einen Grund für einen Aus­gleich. Liegt nur eine bloß vor­über­ge­hen­de Zah­lungs­sto­ckung vor, so ist dies kein Grund für einen Kon­kurs­an­trag. Diese ist nach der Recht­spre­chung des Obersten Gerichts­ho­fes gegeben, wenn der Schuld­ner zwar über die ent­spre­chen­den Aktiven zur Abde­ckung sämt­li­cher Ver­bind­lich­kei­ten verfüge, sie aber bloß im Moment nicht flüssig machen könne. Die Beweis­last für das Vor­lie­gen einer bloßen Zah­lungs­sto­ckung trifft den Schuld­ner. Das wesent­li­che Unter­schei­dungs­merk­mal zwischen Zah­lungs­un­fä­hig­keit und Zah­lungs­sto­ckung ist ihre Dauer: Während sich das Ober­lan­des­ge­richt Wien für eine Höchst­frist von 60 Tagen aus­spricht, stellt der Oberste Gerichts­hof auf die im Ein­zel­fall jeweils rele­van­te Ver­kehrs­auf­fas­sung ab.

Die Kon­kurs­vor­aus­set­zung der Überschuldung

Gemäß § 67 KO stellt Über­schul­dung nur bei juris­ti­schen Personen, solchen Personen, für deren Ver­bind­lich­kei­ten keine natür­li­che Person unbe­schränkt haftet (GmbH & Co KG) und bei Ver­las­sen­schaf­ten einen Kon­kurs­grund dar. Die Über­schul­dung setzt sich aus zwei Kom­po­nen­ten zusammen, die kumu­la­tiv vor­lie­gen müssen: Erstens muss rech­ne­ri­sche Über­schul­dung vor­lie­gen, zweitens muss die Fort­be­stehens­pro­gno­se negativ aus­fal­len. Beide Tat­be­stands­merk­ma­le werden getrennt von­ein­an­der geprüft. Rech­ne­ri­sche Über­schul­dung ist gegeben, wenn die Schulden ins­ge­samt die Aktiva des Ver­mö­gens über­stei­gen. Zur Fest­stel­lung der rech­ne­ri­schen Über­schul­dung ist ein Über­schul­dungs­sta­tus zu erstel­len, das ist eine Son­der­bi­lanz zu Liqui­da­ti­ons­wer­ten unter Ein­be­zie­hung der stillen Reserven. Eine positive Fort­be­stehens­pro­gno­se setzt voraus, dass der Fort­be­stand des Unter­neh­mens mit zumin­dest “über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit” gesi­chert ist. Die Fort­be­stehens­pro­gno­se setzt eine Analyse der Ver­lust­ur­sa­chen sowie einen Finan­zie­rungs­plan voraus. Ent­schei­dend ist, dass die Unter­bi­lanz durch eine zukünf­ti­ge positive Ent­wick­lung aus­ge­gli­chen werden kann. In einer zwei­stu­fi­gen Prognose sollte die Zah­lungs­fä­hig­keit für einen Zeitraum von zumin­dest sechs Monaten nach­ge­wie­sen und in weiterer Zukunft — mehr­jäh­rig — auf­recht­erhal­ten werden können.

Kos­ten­de­cken­des Vermögen als Vor­aus­set­zung für ein Konkursverfahren

Vor­aus­set­zung jeder Kon­kurs­er­öff­nung ist das Vor­lie­gen kos­ten­de­cken­den Ver­mö­gens. Fehlt es an diesem, kann durch Erlag eines Kos­ten­vor­schus­ses ein Kon­kurs­ver­fah­ren eröffnet werden. Bei juris­ti­schen Personen besteht eine Kos­ten­vor­schuss­pflicht der organ­schaft­li­chen Ver­tre­ter: Sie sind gemäß § 72a KO ver­pflich­tet, einen Kos­ten­vor­schuss in Höhe von maximal EUR 4.000 zu leisten, um zumin­dest die Anlauf­kos­ten des Ver­fah­rens decken zu können. Diese Regelung soll ver­hin­dern, dass ein Konkurs mangels Masse abge­wie­sen wird. Im Falle eines Pri­vat­kon­kur­ses gelten Son­der­re­ge­lun­gen, die es dem Schuld­ner erleich­tern sollen, eine Kon­kurs­er­öff­nung zu erreichen.

Die Wir­kun­gen der Konkurseröffnung

Mit Kon­kurs­er­öff­nung verliert der Schuld­ner seine Dis­po­si­ti­ons­fä­hig­keit über das mas­se­zu­ge­hö­ri­ge Vermögen. In der Folge wird ein Mas­se­ver­wal­ter bestellt, der die Kon­kurs­mas­se zur Befrie­di­gung der Gläu­bi­ger ver­wer­tet. Die Kon­kurs­gläu­bi­ger haben ihre For­de­run­gen beim Kon­kurs­ge­richt anzu­mel­den. Unter Umstän­den kann es zu einem Zwangs­aus­gleich kommen, das heißt zu einem Aus­gleich im Konkurs. Bei Nicht­un­ter­neh­mern findet ein Schul­den­re­gu­lie­rungs­ver­fah­ren statt, ein Mas­se­ver­wal­ter ist nur in Aus­nah­me­fäl­len zu bestellen.

Die Insol­venz­da­tei

Jede Kon­kurs­er­öff­nung und jede Kon­kurs­ab­wei­sung mangels Masse ist durch Edikt in der Insol­venz­da­tei öffent­lich bekannt zu machen. Die Insol­venz­da­tei ist eine kos­ten­lo­se, öffent­lich zugäng­li­che Daten­bank beim Bun­des­mi­nis­ter für Justiz (www.edikte.justiz.gv.at). Mit Beginn des der öffent­li­chen Bekannt­ma­chung fol­gen­den Tages treten die Rechts­wir­kun­gen der Kon­kurs­er­öff­nung ein. Zah­lun­gen an den Gemein­schuld­ner nach Kon­kurs­er­öff­nung haben grund­sätz­lich keine schuld­be­frei­en­de Wirkung. Gemäß § 3 Abs 2 KO ist dies jedoch ua dann nicht der Fall, wenn die Kon­kurs­er­öff­nung dem Gläu­bi­ger weder bekannt war noch bekannt sein musste. Der Sorg­falts­maß­stab ist dabei jedoch streng: Von Groß­un­ter­neh­men wird verlangt, dass sie regel­mä­ßig Einsicht in die Insol­venz­da­tei nehmen. Diese Sorg­falts­pflicht kann grund­sätz­lich auch klei­ne­ren Unter­neh­men obliegen. Allein von Kon­su­men­ten wird nicht verlangt, dass sie regel­mä­ßig die Einträge in der Insol­venz­da­tei ver­fol­gen. Ferner ist die Kon­kurs­er­öff­nung im Grund- und Fir­men­buch anzu­mer­ken bzw. einzutragen.

Zivil­recht­li­che Haftung bei Konkursverschleppung

Kon­kurs­ver­schlep­pung liegt vor, wenn der Kon­kurs­an­trag trotz erkenn­ba­rer Insol­venz schuld­haft nicht oder nicht recht­zei­tig gestellt wird. Die bloße Kon­kurs­ver­schlep­pung ist nicht gericht­lich strafbar, löst jedoch eine Reihe von zivil­recht­li­chen Haf­tun­gen aus:

  • GmbH-Geschäfts­füh­rer haften ihrer Gesell­schaft gegen­über zur unge­teil­ten Hand, wenn sie nach Eintritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit bzw. erkenn­ba­rer Über­schul­dung Zah­lun­gen geleis­tet haben. Ähn­li­ches gilt für die Vor­stands­mit­glie­der einer AG.
  • Bei schuld­haf­ter Ver­let­zung der Kon­kurs­an­trags­pflicht haftet der Geschäfts­füh­rer gegen­über den Alt­gläu­bi­gern für deren Quo­ten­scha­den, das ist die Dif­fe­renz zwischen tat­säch­li­cher und hypo­the­ti­scher Kon­kurs­quo­te. Neu­gläu­bi­gern, das sind jene Gläu­bi­ger, die dem Schuld­ner nach erkenn­ba­rer Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Über­schul­dung Kredit gewährt haben, ist der Ver­trau­ens­scha­den zu ersetzen. Sie sind in der Regel so zu stellen als hätten sie mit der Gesell­schaft nicht kon­tra­hiert. Dies gilt auch für Neu­ge­sell­schaf­ter. Die Haftung trifft auch den fak­ti­schen Geschäfts­füh­rer.
  • Für einen all­fäl­lig erlegten Kos­ten­vor­schuss eines Gläu­bi­gers zur Eröff­nung des Kon­kurs­ver­fah­rens kann von den für die Kon­kurs­ver­schlep­pung ver­ant­wort­li­chen Personen Ersatz verlangt werden.

Das Nicht­ab­füh­ren von Dienst­neh­mer­bei­trä­gen zur Sozi­al­ver­si­che­rung ist nach § 153c Straf­ge­setz­buch gericht­lich strafbar.

Sonstige Folgen einer Insolvenz

Eine Kon­kurs­ab­wei­sung oder ‑auf­he­bung mangels Masse stellt nach dem neuen § 13 Gewer­be­ord­nung einen Gewer­be­aus­schluss bzw. ‑ent­zie­hungs­grund dar, sofern der Zeitraum, in dem in der Insol­venz­da­tei Einsicht in den Insol­venz­fall gewährt wird, noch nicht abge­lau­fen ist. Weiters sind Unter­neh­men, gegen die ein Konkurs- oder Aus­gleichs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wurde oder ein Konkurs mangels Masse abge­wie­sen wurde, grund­sätz­lich von Ver­ga­be­ver­fah­ren für öffent­li­che Aufträge aus­ge­schlos­sen.

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