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Artikel zum Thema: Berufung

Antritt einer Urlaubs­rei­se während des Kran­ken­stands recht­fer­tigt Entlassung

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Dezember 2014 

Während des Kran­ken­stands soll der Arbeit­ge­ber den Arbeit­neh­mer – sofern nicht eine Aus­nah­me­si­tua­ti­on vorliegt – in Ruhe lassen, damit seine Genesung mög­lichst rasch vor­an­schrei­tet und die Arbeits­fä­hig­keit wie­der­her­ge­stellt wird. Ebenso ist auch der Arbeit­neh­mer dazu ange­hal­ten, sich ent­spre­chend zu schonen und jegliche Akti­vi­tä­ten zu unter­las­sen, welche den Hei­lungs­pro­zess gefähr­den oder ver­zö­gern könnten. Wenn­gleich das Vor­an­schrei­ten des Gesun­dungs­pro­zes­ses eine sehr sub­jek­ti­ve Emp­fin­dung ist und man sich viel­leicht schon nach wenigen Tagen deutlich besser fühlt, sollte dies nicht zum Anlass genommen werden, während des Kran­ken­stands völlig unein­ge­schränkt das Haus zu ver­las­sen oder gar eine Urlaubs­rei­se anzu­tre­ten. Der Dienst­neh­mer könnte durch ein solches Ver­hal­ten nämlich eine Dienst­pflicht­ver­let­zung begehen, welche im Extrem­fall die Ent­las­sung nach sich ziehen kann.

Der Oberste Gerichts­hof (OGH) hatte sich mit dem Sach­ver­halt (GZ 8 ObA 47/14s vom 25.8.2014) aus­ein­an­der­zu­set­zen, in dem eine als Maschi­nen­ar­bei­te­rin Beschäf­tig­te vom Arzt für drei Tage krank­ge­schrie­ben worden war und am letzten Tag des ver­ord­ne­ten Kran­ken­stands als Bei­fah­re­rin eine mehr­stün­di­ge Auto­fahrt von Öster­reich nach Serbien ange­tre­ten hat. Nach dem auf diesen Tag fol­gen­den Wochen­en­de war der Arbeit­neh­me­rin Urlaub gewährt worden. Der Arbeit­ge­ber erfuhr durch einen Tele­fon­an­ruf mehr oder weniger zufällig von dem (ver­früh­ten) Aufbruch der Arbeit­neh­me­rin in den Urlaub während des Kran­ken­stands und entließ sie dar­auf­hin. Das ent­schlos­se­ne und hart anmu­ten­de Vorgehen des Arbeit­ge­bers ist mitunter auch dadurch erklär­bar, dass die schon mehrere Jahre im Unter­neh­men tätige Maschi­nen­ar­bei­te­rin zuerst um zusätz­li­chen Urlaub bzw. um frühere Been­di­gung der Arbeit an diesem Freitag (vor ihrem Urlaub) ange­sucht hatte und infolge der Nicht­ge­wäh­rung durch den Arbeit­ge­ber einen Arzt auf­ge­sucht hatte, um krank­ge­schrie­ben werden zu können.

Miss­ach­tung ärzt­li­cher Anord­nun­gen kann Ent­las­sungs­grund darstellen

Mit der Diagnose einer eitrigen Rachen­ent­zün­dung wurde die Arbeit­neh­me­rin von ihrem behan­deln­den Arzt für drei Tage krank­ge­schrie­ben, wobei er ihr – wie bei solchen Krank­hei­ten durchaus üblich – Aus­geh­zei­ten jeweils zwischen 9.00 und 11.00 Uhr sowie zwischen 14.00 und 17.00 Uhr erlaubte und somit mög­lichst umfas­sen­de kör­per­li­che Schonung zusätz­lich zur medi­ka­men­tö­sen Behand­lung ver­ord­ne­te. Am letzten Tag des mehr­tä­gi­gen Kran­ken­stands – es war zugleich jener Tag, an dem die Erkrank­te eigent­lich hätte Urlaub nehmen wollen – begab sie sich mit ihrem Mann auf eine mehr­stün­di­ge Auto­fahrt nach Serbien. Als die Arbeit­neh­me­rin beim dritten Anruf des Pro­duk­ti­ons­lei­ters zugab, dass sie sich bereits auf der Fahrt nach Serbien befinde, wurde ihr nach Rück­spra­che mit dem deut­schen Mut­ter­kon­zern die Ent­las­sung ausgesprochen.

Wie schon das Erst­ge­richt sah der OGH, entgegen der Meinung des Beru­fungs­ge­richts, die Ent­las­sung durch den Arbeit­ge­ber als gerecht­fer­tigt. Das Beru­fungs­ge­richt hatte gerade noch kein der Arbeit­neh­me­rin sub­jek­tiv vor­werf­ba­res Ver­hal­ten gesehen, da kein aus­drück­li­ches ärzt­li­ches Verbot einer Auto­fahrt bestan­den hatte. Der OGH betonte bei seiner Wür­di­gung wiederum, dass sich der Arbeit­neh­mer im Krank­heits­fall und bei damit ver­bun­de­ner Arbeits­un­fä­hig­keit so zu ver­hal­ten hat, dass die Arbeits­fä­hig­keit mög­lichst bald wieder her­ge­stellt ist. Es sind hierbei strenge Maßstäbe anzu­set­zen, weshalb schon die bloße Eignung des Ver­hal­tens, den Hei­lungs­pro­zess zu ver­zö­gern, einen Ent­las­sungs­grund dar­stel­len kann. Wichtig ist freilich, dass ein objektiv sorg­falts­wid­ri­ges Ver­hal­ten dem Arbeit­neh­mer auch sub­jek­tiv vor­werf­bar ist. Der Arbeit­neh­mer darf also weder ärzt­li­chen Anord­nun­gen noch den der all­ge­mei­nen Lebens­er­fah­rung ent­spre­chen­den Ver­hal­tens­re­geln bei Kran­ken­stand schwer­wie­gend zuwiderhandeln.

Im kon­kre­ten Fall hatte die Arbeit­neh­me­rin gegen die aus­drück­li­che ärzt­li­che Anord­nung der kör­per­li­chen Schonung ver­sto­ßen und überdies die erlaub­ten Aus­geh­zei­ten miss­ach­tet. Der Verstoß gegen die ärzt­li­chen Anord­nun­gen war der Arbeit­neh­me­rin auch tat­säch­lich bewusst, da sie anfangs auf die Anrufe ihres Arbeit­ge­bers mit einer Lüge reagier­te und die dem Gene­sungs­pro­zess abträg­li­che Auto­fahrt ver­schwieg. Selbst ohne ärzt­li­chen Hinweis hätte ihr ent­spre­chend der all­ge­mei­nen Lebens­er­fah­rung klar sein müssen, dass die mit der langen Auto­fahrt ver­bun­de­nen Stra­pa­zen den Hei­lungs­pro­zess bei einer eitrigen Rachen­ent­zün­dung negativ beein­flus­sen. Ins­ge­samt war der OGH somit der Ansicht, dass das Fehl­ver­hal­ten der Arbeit­neh­me­rin auch sub­jek­tiv vor­werf­bar war und daher die Ent­las­sung aufgrund beharr­li­cher Pflicht­ver­let­zung gerecht­fer­tigt war. 

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