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Artikel zum Thema: Berufung

OGH schützt Arbeit­neh­mer bei Urlaubsvorgriff

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Juli 2015 

Falls einmal der Rest­ur­laub eines Jahres nicht mehr für die geplante längere Reise aus­reicht, kann durch einen Urlaubs­vor­griff Abhilfe geschaf­fen werden. Ein Urlaubs­vor­griff führt zwar im Regel­fall nicht zu mehr Urlaub, jedoch bietet er dem Arbeit­neh­mer erhöhte Fle­xi­bi­li­tät in der Ver­wen­dung seiner Urlaubs­ta­ge ins­ge­samt. Der Oberste Gerichts­hof hatte sich mit einem Sach­ver­halt aus­ein­an­der­zu­set­zen (OGH vom 29.1.2015, GZ 9 ObA 135/14i), in dem strittig war, ob ein Urlaub einer Arbeit­neh­me­rin ein zusätz­li­cher, vom Arbeit­ge­ber (unfrei­wil­lig) gewähr­ter Urlaub sei oder ob es sich um einen Urlaubs­vor­griff handelt, welcher den Urlaubs­an­spruch des Fol­ge­jah­res redu­ziert. Da die Arbeit­neh­me­rin nach einem längeren Kran­ken­stand gekün­digt wurde, ging es im vor­lie­gen­den Fall um den Anspruch auf eine Zahlung für nicht kon­su­mier­ten Urlaub.

Die Patent­an­walts­an­wär­te­rin ver­brauch­te in ihrem ersten Arbeits­jahr (2010/2011) 21 Urlaubs­ta­ge, im zweiten Arbeits­jahr 35 Urlaubs­ta­ge und im dritten, begon­ne­nen Arbeits­jahr keinen Urlaub. Wohl auch dadurch bedingt, dass weder dem Arbeit­ge­ber noch der Arbeit­neh­me­rin bewusst war, dass grund­sätz­lich das Arbeits­jahr als Urlaubs­jahr vor­ge­se­hen ist, wurde der Urlaub im Jahr 2012 nicht als Urlaubs­vor­griff erkannt. Die Parteien hatten auch keine Ver­ein­ba­rung über die Hand­ha­bung eines Urlaubs­vor­griffs getrof­fen. Sowohl das Erst­ge­richt als auch das Beru­fungs­ge­richt gingen davon aus, dass es zu einem auto­ma­ti­schen Urlaubs­vor­griff komme, so wie es auch bei der Über­tra­gung eines Urlaubs­gut­ha­bens geschieht. Folglich wiesen die beiden Gerichte das Begehren der ehe­ma­li­gen Ange­stell­ten nach einer Zahlung für den nicht ver­brauch­ten Urlaub ab.

OGH fordert ein­deu­ti­ge Ver­ein­ba­rung für auto­ma­ti­schen Urlaubsvorgriff

Mit Verweis auf das Urlaubs­ge­setz betonte der OGH — anders als die Vor­in­stan­zen — dass ein Urlaubs­vor­griff zulässig sei, jedoch einer ein­deu­ti­gen Ver­ein­ba­rung zwischen den Arbeits­ver­trags­par­tei­en bedarf. Durch den Urlaubs­vor­griff soll es dem Arbeit­neh­mer ermög­licht werden, einen Teil des ihm erst im fol­gen­den Jahr gebüh­ren­den Urlaubs bereits vorweg zu ver­brau­chen. Dadurch kann die zeit­li­che Ver­tei­lung zuguns­ten des Arbeit­neh­mers ver­än­dert werden, wobei der Arbeit­neh­mer im End­ergeb­nis nicht mehr an Urlaub erhält als ihm gesetz­lich zusteht. Der OGH stellt außerdem klar, dass es ohne ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung nicht zu einer auto­ma­ti­schen Anrech­nung eines vor­ge­zo­ge­nen Urlaubs auf den erst im nächsten Urlaubs­jahr ent­ste­hen­den Urlaubs­an­spruch kommen kann. Das Urlaubs­ge­setz sieht zwar die (für den Arbeit­neh­mer günstige) Über­tra­gung eines nicht ver­brauch­ten Urlaubs­an­spruchs auf das nächste Urlaubs­jahr vor, nicht aber den ein­sei­ti­gen Übertrag von zu viel ver­brauch­ten Urlaubs­ta­gen. Erst durch die konkrete Ver­ein­ba­rung zwischen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer kann ein Urlaubs­ver­brauch zum Urlaubs­vor­griff werden. Kann eine solche ein­deu­ti­ge Ver­ein­ba­rung jedoch nicht nach­ge­wie­sen werden, so gilt dem Obersten Gerichts­hof folgend der zusätz­li­che Urlaub ohne Vorgriff und Anrech­nung auf den im nächsten Urlaubs­jahr gebüh­ren­den Urlaub — mit anderen Worten ent­spricht dies einem vom Arbeit­ge­ber frei­wil­lig gewähr­ten zusätz­li­chen Urlaub. Im kon­kre­ten Fall hatte die ehe­ma­li­ge Arbeit­neh­me­rin demnach Anspruch auf ein Entgelt für den nicht ver­brauch­ten Urlaub. Daran ändert auch nichts, dass der Arbeit­ge­ber ihr darüber hinaus auch noch frei­wil­lig Lern­ur­laub zur Prü­fungs­vor­be­rei­tung gewährt hatte.

Arbeit­ge­ber sollten recht­zei­tig Ver­ein­ba­run­gen mit den
Arbeit­neh­mern treffen

Diese für den Arbeit­neh­mer vor­teil­haf­te Ent­schei­dung des OGH zeigt, dass ein Urlaubs­vor­griff nicht auto­ma­tisch zu ent­spre­chend weniger Urlaub im Fol­ge­jahr führt, sondern nur dann, wenn der Urlaubs­vor­griff ein­deu­tig zwischen den Arbeits­ver­trags­par­tei­en ver­ein­bart wurde. Der OGH bleibt damit seiner Linie treu; bereits vor einigen Jahren ist er nämlich zur Ent­schei­dung gekommen, dass keine Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung seitens des Arbeit­neh­mers besteht, wenn der Arbeit­ge­ber einem Urlaubs­vor­griff zustimmt, obwohl er bereits weiß, dass er den Arbeit­neh­mer kündigen wird. Für Arbeit­ge­ber zeigt sich einmal mehr die Not­wen­dig­keit ein­deu­ti­ger und recht­zei­ti­ger Ver­ein­ba­run­gen mit den Arbeitnehmern.

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