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Artikel zum Thema: Bonuszahlung

Deri­va­ti­ve Wert­pa­pie­re: Zertifikate


Juni 2006 

“Zer­ti­fi­ka­te zählen zu den deri­va­ti­ven Wert­pa­pie­ren. Ihr Markt­wert leitet sich von den jewei­li­gen zugrunde lie­gen­den Basis­wer­ten (“Under­ly­ing”) ab (siehe Manage­ment-Info Ausgabe 8).”

Als Basis­wer­te kommen dabei prak­tisch alle denk­ba­ren Anla­ge­for­men in Betracht. Zer­ti­fi­ka­te können sich auf einzelne oder mehrere Aktien, Indizes, Anleihen, Zinsen etc. sowie eine Kom­bi­na­ti­on dieser beziehen. Sie lassen sich wohl am besten als Mischung zwischen klas­si­schen Wert­pa­pie­ren und Opti­ons­schei­nen beschrei­ben. Recht­lich gesehen handelt es sich dabei jedoch um Wert­pa­pie­re in der Rechts­form von Anleihen oder Schuld­ver­schrei­bun­gen. Das Risiko eines Total­ver­lus­tes des ein­ge­setz­ten Kapitals mangels Zah­lungs­fä­hig­keit des Emit­ten­ten ist vorhanden. 

Zer­ti­fi­ka­te werden sehr indi­vi­du­ell aus­ge­stal­tet, nach­fol­gen­de Über­sicht soll einen Über­blick über wichtige Aus­ge­stal­tungs­for­men geben:

Index-Zer­ti­fi­ka­te

Sie haben als Basis­wert einen Wert­pa­pier- oder auch Roh­stoff­in­dex. Die Laufzeit ist bei diesen Zer­ti­fi­ka­ten meist unbe­grenzt. Der Wert hängt direkt von der Ent­wick­lung des Index unter Berück­sich­ti­gung des Bezugs­ver­hält­nis­ses ab. Bei Leit­in­di­zes ist dies meist 1:100. Beträgt also bei­spiels­wei­se der ATX (Wiener Börse) 3.700 so liegt der Kurs des Zer­ti­fi­ka­tes bei € 37,-. Das Risi­ko­pro­fil des Zer­ti­fi­ka­tes ent­spricht dem des zugrunde lie­gen­den Indizes. Die Gewinn­mög­lich­kei­ten beschrän­ken sich auf stei­gen­de Kurse. 

Basket-Zer­ti­fi­ka­te

Basket-Zer­ti­fi­ka­te ähneln den Index-Zer­ti­fi­ka­ten. Der Unter­schied besteht im wesent­li­chen darin, dass nicht ganze Indizes sondern ein Korb aus­ge­wähl­ter Wert­pa­pie­re als Basis­wert her­an­ge­zo­gen werden. Diese können zB nach Branchen oder Markt­seg­men­ten zusam­men­ge­stellt werden und grenzen sich von Fonds durch ihre fixe Zusam­men­set­zung und damit ein­her­ge­hend nied­ri­ge­ren Manage­ment­ge­büh­ren ab. 

Discount-Zer­ti­fi­ka­te

Discount-Zer­ti­fi­ka­te ermög­li­chen eine Risi­ko­be­gren­zung, im Gegenzug dafür aller­dings auch ein ein­ge­schränk­tes Gewinn­po­ten­ti­al. Ein Discount-Zer­ti­fi­kat erlaubt die Inves­ti­ti­on in einen Basis­wert (meist eine Aktie) mit einem gewissen Abschlag (Discount). Am Ende der fest­ge­setz­ten Laufzeit ent­spricht der Wert des Zer­ti­fi­ka­tes dem der Aktie, aller­dings mit der Ein­schrän­kung auf einen vorher bestimm­ten Höchst­wert — dem “Cap”. Der Vorteil von Discount-Zer­ti­fi­ka­ten liegt also darin, dass sich selbst bei sta­gnie­ren­den Akti­en­kur­sen Gewinne erzielen lassen. Anleger, die in Discount-Zer­ti­fi­ka­te inves­tie­ren, erwarten daher sta­gnie­ren­de oder nur moderat anstei­gen­de Kurse. Darüber hinaus ist ein Risi­ko­puf­fer in Höhe der Dif­fe­renz zw. Akti­en­kurs und Zer­ti­fi­kat­preis gegeben.

Ein ein­fa­ches Beispiel macht dies deutlich:
Ein Zer­ti­fi­kat zu einer Aktie mit einem Kurs von € 100,- kostet € 90,- und hat einen Cap von € 110,-. Solange der Kurs der Aktie am Lauf­zeit­ende nicht unter € 90,- sinkt, ergibt sich ein Gewinn. Auf der anderen Seite ist das Zer­ti­fi­kat aller­dings auch nur vor­teil­haft solange der Akti­en­kurs nicht deutlich über € 110,- steigt, da dann der Kauf der Aktie ren­ta­bler gewesen wäre.

Bonus-Zer­ti­fi­ka­te

Sie eignen sich vor allem für sich seit­wärts­be­we­gen­de oder auch leicht fallende Kurse der Basis­wer­te, wobei jedoch auch stei­gen­de Kurse voll abge­bil­det werden. Diese Zer­ti­fi­ka­te besitzen zwei Grenz­wer­te: die Bonus­gren­ze und die Kurs­gren­ze (auch Barriere oder Sicher­heits­le­vel genannt). Während die Bonus­gren­ze über dem aktu­el­len Kurswert der zugrun­de­lie­gen­den Aktie ange­sie­delt ist, liegt die Kurs­gren­ze deutlich darunter. Bewegt sich nun der Akti­en­kurs während der gesamten Laufzeit inner­halb dieser beiden Grenzen, bekommt der Anleger am Ende eine Aus­zah­lung in Höhe der Bonus­gren­ze. Über­schrei­tet der Akti­en­kurs die Bonus­gren­ze, dann erhält der Anleger am Lauf­zeit­ende den Akti­en­kurs aus­be­zahlt. Gleiches gilt, sollte der Kurs der Aktie während der Laufzeit die Kurs­gren­ze unter­schrei­ten. Daraus ergibt sich, dass diese Zer­ti­fi­ka­te den zugrun­de­lie­gen­den Aktien in vielen Sze­na­ri­en über­le­gen sind: Fällt der Akti­en­kurs stark (unter das Sicher­heits­le­vel) so ist der Anleger nicht schlech­ter gestellt, als hätte er direkt die Aktie erworben; steigt der Kurs stark an, so pro­fi­tiert der Anleger in gleichem Ausmass gegen­über dem Direkt­in­vest­ment; bei sta­gnie­ren­dem oder leicht stei­gen­dem Aki­en­kurs ist die Rendite des Zer­ti­fi­kats deutlich höher.
Selbst­ver­ständ­lich hat auch diese Kon­struk­ti­on seinen Preis: Die Bonus­zah­lung wird vom Emit­ten­ten durch den Kauf von Optionen abge­si­chert, die idR durch die Divi­den­den­aus­schüt­tun­gen der Basis­ak­tie finan­ziert werden. Der Anleger ver­zich­tet also beim Kauf des Zer­ti­fi­ka­tes im Gegen­satz zur Aktie auf diese jähr­li­che Performance.

Fazit

Im Rahmen dieses Beitrags wurden ledig­lich einige wichtige Formen dar­ge­stellt, es exis­tie­ren noch eine Reihe weiterer Zer­ti­fi­ka­te, wie Garantie- Airbag- oder Express-Zer­ti­fi­ka­te. Mit Ausnahme der Hebel- Turbo- oder Knockout-Zer­ti­fi­ka­te (diese werden in der nächsten Ausgabe dar­ge­stellt), die aufgrund des hohen Risi­ko­pro­fils nur erfah­re­nen Anlegern zu emp­feh­len sind, eignen sich die meisten Zer­ti­fi­ka­te auch zur Ergän­zung des Port­fo­lio von Pri­vat­an­le­gern. Während beim Kauf von Aktien nur auf stei­gen­de Kurse gesetzt werden kann, gibt es geeig­ne­te Zer­ti­fi­ka­te für jede erwar­te­te Markt­stim­mung; auch bei stei­gen­den Akti­en­kur­sen können Zer­ti­fi­ka­te dem Invest­ment in den Basis­wert gegen­über über­le­gen sein. Jeden­falls ist es selbst­ver­ständ­lich unab­ding­bar sich detail­liert mit den ein­zel­nen Zer­ti­fi­ka­ten und deren kon­kre­ten Kon­di­tio­nen aus­ein­an­der­zu­set­zen. Dies nicht zuletzt deswegen, weil die Emit­ten­ten diese Wert­pa­pie­re sehr indi­vi­du­ell konstruieren.

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