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Artikel zum Thema: Finanzierung

Dyna­mi­sche Investitionsrechenverfahren

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Sep­tem­ber 2023 

Da die sta­ti­schen Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren für eine erste grobe Beur­tei­lung geeignet sind, aber kon­zep­tio­nel­le Schwä­chen auf­wei­sen, sollten bei der detail­lier­ten Prüfung von Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen dyna­mi­sche Ver­fah­ren ein­ge­setzt werden. Ins­be­son­de­re der Faktor Zeit wird im Rahmen der sta­ti­schen Ver­fah­ren ver­nach­läs­sigt, was dazu führt, dass Gewinne gleich behan­delt werden, egal in welcher Periode sie auch anfallen. Diese Nicht­be­rück­sich­ti­gung des Zin­ses­zins­ef­fekts macht sich umso stärker bemerk­bar, je länger die Laufzeit des Pro­jek­tes ist — umso größer ist auch der Mangel bei den sta­ti­schen Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren. Ein weiterer häufiger Fehler bei den sta­ti­schen Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren liegt darin, dass nur das Jahr der Anschaf­fung (d.h. der Inves­ti­ti­on) ana­ly­siert wird und die für das erste Jahr getrof­fe­nen Annahmen auch für die rest­li­che Zeit der Nut­zungs­dau­er Gül­tig­keit haben sollen, obwohl etwa Löhne, Erlöse, Ener­gie­prei­se etc. im Zeit­ab­lauf Schwan­kun­gen unterliegen.

Dyna­mi­sche Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren erfor­dern zwar mehr Ein­gangs­da­ten, bieten jedoch eine höhere Genau­ig­keit. Die Vorteile dyna­mi­scher Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren liegen vor allem in der Berück­sich­ti­gung des zeit­li­chen Anfalls von Ein- und Aus­zah­lun­gen (je früher der Rück­fluss, desto höher der Wert) und in der besseren Ver­gleich­bar­keit mit alter­na­ti­ven Inves­ti­ti­ons­mög­lich­kei­ten. Ver­ein­facht aus­ge­drückt berück­sich­ti­gen die dyna­mi­schen Ver­fah­ren den zeit­li­chen Unter­schied zwischen Ein­zah­lun­gen und Aus­zah­lun­gen und machen Zah­lungs­strö­me ver­gleich­bar, indem entweder auf den Endwert auf­ge­zinst (End­wert­me­tho­de) oder auf den Inves­ti­ti­ons­zeit­punkt abge­zinst (Bar­wert­me­tho­de) wird.

Im Fol­gen­den werden die gängigen dyna­mi­schen Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren beschrie­ben und es werden Inter­pre­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten für die berech­ne­ten Ergeb­nis­se dar­ge­stellt. Dabei handelt es sich um die Kapi­tal­wert­me­tho­de, die dyna­mi­sche Annui­tä­ten­me­tho­de, die Interner-Zinssatz-Methode sowie die dyna­mi­sche Amortisationsrechnung.

Damit die dyna­mi­schen Ver­fah­ren aus­rei­chend Aus­sa­ge­kraft haben, müssen mehrere Annahmen erfüllt sein. Neben der Existenz eines voll­kom­me­nen und voll­stän­di­gen Kapi­tal­markts wird etwa vor­aus­ge­setzt, dass Kapital unein­ge­schränkt vor­han­den ist und für die zugrun­de­lie­gen­den Inves­ti­ti­ons­pro­jek­te zur Ver­fü­gung steht. Überdies wird ange­nom­men, dass der Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz jenem Zinssatz ent­spricht, zu dem Geld am Kapi­tal­markt ver­an­lagt werden könnte — die Ent­schei­dung liegt also darin, das Kapital am Kapi­tal­markt zu ver­an­la­gen oder in das zu unter­su­chen­de Projekt zu inves­tie­ren. Schließ­lich ist der Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz gege­be­nen­falls um einen Risi­ko­zu­schlag zu erhöhen — das ist dann not­wen­dig, wenn nicht für alle Projekte Sicher­heit bzw. die gleiche Sicher­heit unter­stellt werden kann.

Kapi­tal­wert­me­tho­de

Der Kapi­tal­wert einer Inves­ti­ti­on ist die Summe aller Ein- und Aus­zah­lun­gen, die auf den Inves­ti­ti­ons­zeit­punkt (t0) abge­zinst werden. Es ist wichtig, die Ein- und Aus­zah­lun­gen der Inves­ti­ti­on dem Pla­nungs­zeit­raum zuzu­ord­nen, der typi­scher­wei­se 5 bis 10 Jahre umfasst. Der Kapi­tal­wert zeigt, um welchen Betrag die Inves­ti­ti­on “mehr bringt” als eine alter­na­ti­ve Anlage zum Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz. Dabei kann mittels Kapi­tal­wert­me­tho­de sowohl eine absolute als auch eine relative Vor­teil­haf­tig­keit berech­net werden. Dabei hängt der Kapi­tal­wert stark vom Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz ab: je höher der Zinssatz, desto weniger vor­teil­haft ist die Inves­ti­ti­on, da der Barwert der zukünf­ti­gen Zah­lun­gen durch den höheren Zinssatz geringer wird. Die Kapi­tal­wert­me­tho­de ermög­licht auch die Berück­sich­ti­gung von kom­ple­xen Para­me­tern wie Steu­er­wir­kun­gen und Finan­zie­rungs­ent­schei­dun­gen. Da die Kapi­tal­kos­ten bereits im Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz abge­bil­det werden, dürfen Zins­auf­wen­dun­gen bzw. Zins­zah­lun­gen (d.h., kal­ku­la­to­ri­sche Zinsen) nicht nochmals in dem Zah­lungs­strom bei der Berech­nung des Kapi­tal­werts berück­sich­tigt werden.

Dyna­mi­sche Annuitätenmethode

Die Annuität einer Inves­ti­ti­on ist der jähr­li­che Ren­ten­be­trag über die Nut­zungs­dau­er des Projekts, bei dem der Barwert der Renten dem Kapi­tal­wert ent­spricht. Die dyna­mi­sche Annui­tä­ten­me­tho­de basiert auf den gleichen Grund­la­gen wie die Kapi­tal­wert­me­tho­de. Sie ermög­licht jedoch einen besseren Ver­gleich von Inves­ti­tio­nen mit unter­schied­li­chen Nut­zungs­dau­ern, da hier die Aus­sa­ge­kraft der Kapi­tal­wert­me­tho­de an ihre Grenzen stößt. Die Annuität als gleich­blei­ben­de Zahlung über einen defi­nier­ten Zeitraum stellt den maximal ent­nehm­ba­ren Betrag dar, sodass der Kapi­tal­wert der rest­li­chen Zah­lun­gen null beträgt. Daher kann mittels (dyna­mi­scher) Annui­tä­ten­me­tho­de jener Betrag ermit­telt werden, welcher über die Laufzeit des Pro­jek­tes aus dessen Rück­flüs­sen ent­nom­men werden kann, sodass der Kapi­tal­wert genau null beträgt (es wird dann die Ver­zin­sung auf Basis des Kal­ku­la­ti­ons­zins­sat­zes erreicht).

Interner Zinssatz

Der interne Zinssatz bzw. die Interner-Zinssatz-Methode als Aus­prä­gung der dyna­mi­schen Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren haben als Prämisse, dass Projekte nur rea­li­siert werden sollten, wenn ihr interner Zinssatz die gefor­der­te Min­dest­ver­zin­sung erreicht oder über­steigt. Der interne Zinssatz ist der Zinssatz, bei dem der Kapi­tal­wert einer Inves­ti­ti­on null ist. Hierbei müssen Ein- und Aus­zah­lun­gen ebenso im Zeit­ver­lauf abge­schätzt werden. Anders aus­ge­drückt, wird bei Ver­wen­dung der Interner-Zinssatz-Methode prin­zi­pi­ell von einer Kapi­tal­knapp­heit aus­ge­gan­gen. Ent­schei­dungs­re­le­vant ist folglich nicht ein posi­ti­ver Kapi­tal­wert, sondern eine Ver­zin­sung des für die Inves­ti­ti­on benö­tig­ten Kapitals. Umge­kehrt zeigt sich, wie hoch die Kapi­tal­kos­ten maximal sein dürfen, damit der Kapi­tal­wert nicht negativ wird.

Eine wesent­li­che Prämisse und zugleich Schwäche der Interner-Zinssatz-Methode ist, dass alle Zah­lun­gen mit dem internen Zinssatz abge­zinst werden. Somit wird unter­stellt, dass alle Zah­lun­gen des Projekts zum internen Zinssatz ver­an­lagt bzw. beschafft werden können. Ist nun der interne Zinssatz größer als der Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz, so wird ange­nom­men, dass aus dem Inves­ti­ti­ons­pro­jekt resul­tie­ren­de Zah­lun­gen zu besseren Bedin­gun­gen am Kapi­tal­markt wie­der­ver­an­lagt werden können (“Wie­der­ver­an­la­gungs­prä­mis­se”). Der “modi­fi­zier­te interne Zinssatz” versucht diesen Mangel zu beheben. Konkret wird im Rahmen der modi­fi­zier­ten internen Zins­satz­me­tho­de ein zweiter Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz für die Wie­der­ver­an­la­gung der Rück­flüs­se ver­wen­det. Da nun sämt­li­che Rück­flüs­se zum ein­heit­lich vor­ge­ge­be­nen Zinssatz ver­an­lagt werden, werden rech­ne­risch alle Rück­flüs­se gleich behan­delt. Typi­scher­wei­se werden die Kapi­tal­grenz­kos­ten als Zinssatz für die Zwi­schen­ver­an­la­gung herangezogen.

Dyna­mi­sche Amortisationsrechnung

Bei der dyna­mi­schen Amor­ti­sa­ti­ons­rech­nung bzw. dyna­mi­schen Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er wird die Inves­ti­ti­on mit der relativ kür­zes­ten Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er gewählt. Die dyna­mi­sche Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er ist eine Kennzahl zur Risi­ko­be­ur­tei­lung und berück­sich­tigt explizit Zinsen und Zin­ses­zin­sen — sie ähnelt der sta­ti­schen Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er (im Rahmen der sta­ti­schen Amor­ti­sa­ti­ons­dau­er wird jedoch von durch­schnitt­li­chen Rück­flüs­sen aus­ge­gan­gen und der Faktor Zeit wird nicht ent­spre­chend berück­sich­tigt). Konkret kann mittels dieses Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­rens jener Zeitraum bestimmt werden, inner­halb dessen die Inves­ti­ti­ons­aus­zah­lung in Form von Cash zurück­ge­flos­sen ist. Dabei wird jede Periode einzeln betrach­tet und die Rück­flüs­se werden auf den Zeit­punkt t0 abge­zinst, um dem unter­schied­li­chen zeit­li­chen Anfall der Zah­lun­gen Rechnung tragen zu können.

Der Einsatz von Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren — sowohl sta­ti­scher als auch dyna­mi­scher Natur — kann die Qualität von (Investitions)Entscheidungen nicht zuletzt dadurch erhöhen, dass eine gründ­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit der Inves­ti­ti­on und eine quan­ti­ta­ti­ve Bewer­tung rele­van­ter Aspekte erfor­der­lich ist. Zu beachten ist, dass die Ver­wen­dung von Inves­ti­ti­ons­re­chen­ver­fah­ren eine umfang­rei­che Daten­grund­la­ge erfor­dern kann, wie z.B. mög­lichst genaue Annahmen über zukünf­ti­ge Ein- und Aus­zah­lun­gen, Steu­er­wir­kun­gen und Finan­zie­rungs­ent­schei­dun­gen usw.

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