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Artikel zum Thema: Formvorschriften

Moder­ni­sie­rung im öster­rei­chi­schen Erbrecht — ein Überblick

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

Dezember 2017 

Durch die EU-Erb­rechts­ver­ord­nung sowie durch das Erb­rechts­än­de­rungs­ge­setz 2015 (“Erb­rechts­re­form”) ist es in Öster­reich zu einer umfas­sen­den Änderung und Moder­ni­sie­rung des Erb­rechts gekommen. Nach wie vor sind die erb­recht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten im (grund­sätz­lich schon in die Jahre gekom­me­nen) All­ge­mei­nen Bür­ger­li­chen Gesetz­buch (ABGB) geregelt. Dabei ist es nicht nur zu sprach­li­chen Moder­ni­sie­run­gen gekommen — bei­spiels­wei­se Ver­stor­be­ner anstelle von Erb­las­ser oder Ver­mächt­nis anstelle von Legat. Nach­fol­gend sollen bedeu­ten­de Aspekte der Anfang 2017 in Kraft getre­te­nen Ände­run­gen durch das Erb­rechts­än­de­rungs­ge­setz 2015 dar­ge­stellt werden.

Ehe­gat­ten erben anstelle von Groß­el­tern und Geschwistern

Ein Grund­prin­zip des Erbens besteht darin, dass Vermögen nach dem Ableben an die nächste Gene­ra­ti­on (Kinder) wei­ter­ge­ge­ben wird bzw. in einem ersten Schritt auch an den Ehe­part­ner. Durch die Erb­rechts­re­form kommt es nun auch in anderen Kon­stel­la­tio­nen zu einer Bes­ser­stel­lung in der Erbfolge für Ehe­gat­ten und ein­ge­tra­ge­ne Partner. Während früher beim Ableben des kin­der­lo­sen und eltern­lo­sen Ehe­gat­ten die Groß­el­tern und Geschwis­ter des Ver­stor­be­nen neben den über­le­ben­den Partner (z.B. Ehe­gat­tin, ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin) als antei­li­ge Erben traten, ver­drängt nunmehr der über­le­ben­de Ehegatte/eingetragene Partner Groß­el­tern und Geschwis­ter und erbt zur Gänze.

Ände­run­gen im Pflichtteilsrecht

Dem Namen ent­spre­chend schränkt das Pflicht­teils­recht die Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten der ver­er­ben­den Person ein, da im Regel­fall zumin­dest ein bestimm­ter Anteil des Erbes den nahen Ange­hö­ri­gen zufallen muss. Neu ist, dass die Eltern und Vor­fah­ren der Ver­stor­be­nen nicht mehr pflicht­teils­be­rech­tigt sind. Ände­run­gen gibt es auch bei der Frage, wie mit Geschen­ken an Pflicht­teils­be­rech­tig­te bereits zu Leb­zei­ten und deren Anrech­nung auf den Pflicht­teil zu ver­fah­ren ist. Durch die Novel­lie­rung soll es hier zu einer ver­stärk­ten Gleich­be­hand­lung der Geschen­k­neh­mer kommen und zugleich zu mehr Gestal­tungs­frei­heit für die ver­er­ben­de Person. Grund­sätz­lich gilt, dass der Pflicht­teils­be­rech­tig­te einen Pflicht­teils­an­spruch in Geld besitzt, wenn er seinen Pflicht­teil nicht bereits durch Zuwen­dun­gen oder Schen­kun­gen des damals noch Lebenden und nunmehr Ver­stor­be­nen erhalten hat. Auf der anderen Seite kann der Ver­stor­be­ne letzt­wil­lig verfügen, dass Schen­kun­gen an den Geschen­k­neh­mer nicht auf dessen Pflicht­teil anzu­rech­nen sind. Der Pflicht­teils­an­spruch entsteht mit dem Tod des Erb­las­sers und wird regel­mä­ßig ein Jahr nach dem Tod fällig. Da der mit der Aus­zah­lung des Pflicht­teils ver­bun­de­ne Liqui­di­täts­be­darf es unter Umstän­den nötig machen kann, geerbtes Vermögen wie z.B. Grund­stü­cke zu ver­äu­ßern, besteht nunmehr die Mög­lich­keit (letzt­wil­lig durch den Ver­stor­be­nen oder durch das Gericht) der Stundung oder Raten­zah­lung des Pflicht­teils. Der Pflicht­teils­an­spruch ist mit 4% p.a. zu verzinsen.

Lebens­ge­fähr­te hat außer­or­dent­li­ches Erbrecht

Nach früherer Rechts­la­ge und unter der Vor­aus­set­zung feh­len­der Erben fiel die Ver­las­sen­schaft dem Staat zu (soge­nann­tes “Heim­falls­recht” und nunmehr “Aneig­nung durch den Bund”). Neu­er­dings kommt in einer solchen Situa­ti­on (d.h. kein tes­ta­men­ta­ri­scher oder gesetz­li­cher Erbe) dem Lebens­ge­fähr­ten bzw. der Lebens­ge­fähr­tin ein außer­or­dent­li­ches Erbrecht zu. Vor­aus­set­zun­gen sind das Zusam­men­le­ben im gemein­sa­men Haushalt inner­halb der letzten drei Jahre vor dem Tod des Partners und die auf­rech­te Lebens­ge­mein­schaft zum Zeit­punkt des Todes. Die typische beson­de­re Ver­bun­den­heit zwischen Lebens­ge­fähr­ten ist aus­rei­chend, wenn z.B. aus gesund­heit­li­chen Gründen kein gemein­sa­mes räum­li­ches Zusam­men­le­ben mehr möglich war.

Pfle­ge­ver­mächt­nis als “Lohn” für die Pflege naher Angehöriger

Die Erb­rechts­re­form sieht unter gewissen Vor­aus­set­zun­gen das gesetz­li­che Pfle­ge­ver­mächt­nis für nahe Ange­hö­ri­ge vor, die den nunmehr Ver­stor­be­nen in den letzten drei Jahren vor dessen Tod gepflegt haben. Wesent­lich ist dabei, dass sie keine Zuwen­dun­gen bzw. kein Entgelt für die Pflege erhalten haben dürfen und dass die Pfle­ge­tä­tig­keit das Ausmaß von min­des­tens sechs Monaten und jeweils mehr als 20 Stunden pro Monat (im Durch­schnitt) umfasst hat. Die Höhe des Pfle­ge­ver­mächt­nis­ses bemisst sich nach Art, Dauer und Umfang der Pfle­ge­leis­tun­gen und berück­sich­tigt auch die Erspar­nis im Sinne von ansons­ten ange­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen (z.B. durch eine ange­stell­te Pfle­ge­kraft). Das Pfle­ge­ver­mächt­nis gebührt neben dem Pflicht­teil — es erfolgt also keine Anrech­nung auf den Pflichtteil.

Relative und absolute Erbunwürdigkeit

Wie schon in der Recht­spre­chung wird durch das Erb­rechts­än­de­rungs­ge­setz 2015 zwischen “rela­ti­ver” und abso­lu­ter Erb­un­wür­dig­keit” unter­schie­den. Die Erb­un­wür­dig­keit kann immer durch die ver­er­ben­de Person auf­ge­ho­ben werden (“Ver­zei­hen” ist auch durch einen nicht mehr tes­tier­fä­hi­gen Erb­las­ser möglich). Für die absolute Erb­un­wür­dig­keit muss nicht einmal eine Enter­bung durch den Ver­stor­be­nen erfolgen — es reicht dafür (wie schon bisher) eine vor­sätz­lich began­ge­ne gericht­lich straf­ba­re Handlung, die mit einer mehr als ein­jäh­ri­gen Frei­heits­stra­fe bedroht ist und sich gegen den Ver­stor­be­nen oder gegen die Ver­las­sen­schaft richtet. Davon umfasst sind auch Angriffe auf den letzten Willen des Ver­stor­be­nen vor oder nach dessen Tod. 

Die relative Erb­un­wür­dig­keit — keine letzt­wil­li­ge Enter­bung vor­aus­ge­setzt — wirkt dann, wenn der nunmehr Ver­stor­be­ne keine Mög­lich­keit mehr hatte, diese Person zu enterben, bei­spiels­wei­se weil er nicht mehr tes­tier­fä­hig war oder ihm die Erb­un­wür­dig­keit nicht bekannt war. Relative Erb­un­wür­dig­keit liegt bei vor­sätz­lich began­ge­nen, gericht­lich straf­ba­ren Hand­lun­gen gegen­über nächsten Ange­hö­ri­gen des Ver­stor­be­nen vor wie auch beim Zufügen schweren see­li­schen Leids auf ver­werf­li­che Weise und bei der gröb­li­chen Ver­let­zung von fami­liä­ren Pflich­ten gegen­über dem Verstorbenen.

Stren­ge­re Form­vor­schrif­ten an den “letzten Willen”

Die Erb­rechts­re­form bringt keine neuen Formen der letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung mit sich, also etwa per Video oder elek­tro­nisch verfasst. Um Miss­brauch und Fäl­schung zu ver­hin­dern, wurden die Anfor­de­run­gen an das “eigen­hän­di­ge” und an das “fremd­hän­di­geTes­ta­ment ver­schärft. Bei fremd­hän­di­gen Tes­ta­men­ten muss der Erb­las­ser nunmehr vor drei gleich­zei­tig anwe­sen­den Zeugen die Urkunde unter­schrei­ben und mit dem eigen­hän­di­gen Zusatz versehen, dass diese Urkunde seinen letzten Willen enthält. Dadurch soll insoweit vor­ge­beugt werden, als eine vor­han­de­ne Blan­ko­un­ter­schrift mangels dieses Zusatzes nicht mehr zur Tes­ta­ments­fäl­schung geeignet ist. 

Ebenso gibt es höhere Anfor­de­run­gen an die Tes­ta­ments­zeu­gen — deren Name und Geburts­da­tum müssen aus der Urkunde her­vor­ge­hen und auch sie müssen schrift­lich auf ihre Eigen­schaft als (Testaments)Zeuge hin­wei­sen. Hingegen ist es nach wie vor nicht erfor­der­lich, den Inhalt des Tes­ta­ments zu kennen. Schließ­lich wurden durch die Novel­lie­rung auch die Regeln zur Befan­gen­heit von Tes­ta­ments­zeu­gen aus­ge­wei­tet. Bisher waren bereits die Erben bzw. Ver­mächt­nis­neh­mer selbst und deren nahen Ange­hö­ri­gen, Ehe­gat­ten, Eltern, Kinder usw. zeug­nis­un­fä­hig. Aus­ge­dehnt wurden die Befan­gen­heits­re­geln nunmehr z.B. auf gesetz­li­che Ver­tre­ter, ver­tre­tungs­be­fug­te Organe, Gesell­schaf­ter und Dienst­neh­mer der letzt­wil­lig bedach­ten Personen oder ent­spre­chend bedach­ter rechts­fä­hi­ger Gesellschaften.