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Artikel zum Thema: Inventur

Vor dem Ende des Geschäfts­jah­res kommt noch die Inventur

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

November 2013 

Ist ein Unter­neh­mer nach dem UGB zur Buch­füh­rung ver­pflich­tet, so muss er für den Schluss eines jeden Geschäfts­jah­res ein Inventar auf­stel­len. Das Inventar bildet die im Zuge der Inventur erfass­ten Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de und Schulden in einem zuver­läs­si­gen Men­gen­ge­rüst ab. Neben inner­be­trieb­li­chen Infor­ma­tio­nen handelt es sich um eine wichtige Vorstufe zur Auf­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses sowie – Ergeb­nis­er­mitt­lung durch Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich vor­aus­ge­setzt – auch für steu­er­li­che Belange. Als Teil der Buch­füh­rungs­pflicht sind auch die Grund­sät­ze ord­nungs­mä­ßi­ger Buch­füh­rung (GoB) auf das Inventar anzu­wen­den – den Geboten der Rich­tig­keit, Voll­stän­dig­keit und Nach­prüf­bar­keit muss daher Rechnung getragen werden. Grobe Verstöße gegen diese Vorgaben bis hin zu dem gänz­li­chen Fehlen des Inven­tars bzw. der damit ver­bun­de­nen Nach­wei­se können im Extrem­fall zur steu­er­li­chen Schät­zung durch die Behörden führen.

Das Inventar sollte mög­lichst zeitnah zum Bilanz­stich­tag erstellt werden und bedingt daher bei Unter­neh­men mit Bilanz­stich­tag zum 31.12. regel­mä­ßig die Durch­füh­rung einer zeit­in­ten­si­ven Inventur rund um den Jah­res­wech­sel. Überdies ist mit der Inventur auch eine Kontroll- und Prä­ven­tiv­funk­ti­on ver­bun­den. Die Kon­trol­le besteht in dem Ver­gleich zwischen Soll- und Ist­be­stand – eine Prä­ven­tiv­funk­ti­on ist dann gegeben, wenn durch die Inventur uner­laub­te oder ver­schwen­de­ri­sche Mit­tel­ver­wen­dung auf­ge­deckt wird und diese Dif­fe­ren­zen von bestimm­ten Personen ver­ant­wor­tet werden müssen.

Bei der Durch­füh­rung der Inventur sind ver­schie­de­ne Inven­tur­ver­fah­ren erlaubt. Grund­vor­aus­set­zung für jedes Inven­tur­ver­fah­ren ist, dass die korrekte art- und men­gen­mä­ßi­ge Erfas­sung des Ver­mö­gens sicher­ge­stellt wird, um die Bewer­tung des Ver­mö­gens zu ermög­li­chen. Typi­scher­wei­se können kör­per­li­che Gegen­stän­de durch Zählen, Messen und Wiegen erfasst werden, wobei der Einsatz tech­ni­scher Hilfs­mit­tel grund­sätz­lich erlaubt ist. Die Inven­tur­ver­fah­ren können in drei Grund­aus­prä­gun­gen ein­ge­teilt werden:

  • Voll­stän­di­ge kör­per­li­che Bestandsaufnahme;
  • Buch- und beleg­mä­ßi­ge Bestandsaufnahme;
  • Stich­pro­ben­wei­se Bestandsaufnahme.

Voll­stän­di­ge kör­per­li­che Bestandsaufnahme

Die voll­stän­di­ge kör­per­li­che Bestands­auf­nah­me durch Zählen, Wiegen oder Messen des gesamten Bestands zu einem Stichtag könnte selbst bei kleinen Unter­neh­men oftmals an die Grenzen des Mach­ba­ren führen. Folglich ist es erlaubt, die Bestands­auf­nah­me auf mehrere Tage um den Bilanz­stich­tag herum aus­zu­wei­ten (aus steu­er­li­cher Per­spek­ti­ve ist ein Zeitraum von zehn Tage vor bis zehn Tage nach dem Bilanz­stich­tag erlaubt). Man spricht dann von der „aus­ge­wei­te­ten Stich­tags­in­ven­tur“, in deren Rahmen sicher­zu­stel­len ist, dass Ände­run­gen zwischen Bilanz­stich­tag und Auf­nah­me­tag korrekt durch Fort­schrei­bung bzw. Rück­rech­nung berück­sich­tigt werden. Trotz des hohen Aufwands, welcher mit der voll­stän­di­gen kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me ver­bun­den ist, ist diese Vor­ge­hens­wei­se bei Bestän­den, welche unkon­trol­lier­ten Abgängen wie etwa durch Schwund, Ver­duns­tung oder Verderb unter­lie­gen, ver­pflich­tend. Eine weitere Unterart des Inven­tur­ver­fah­rens mittels voll­stän­di­ger kör­per­li­cher Bestands­auf­nah­me ist die so genannte „vor- und nach­ver­leg­te Stich­tags­in­ven­tur mit voll­stän­di­ger kör­per­li­cher Bestands­auf­nah­me“. Die Beson­der­heit dabei ist, dass der Inven­tur­stich­tag vom Bilanz­stich­tag abge­kop­pelt wird und die Bestands­auf­nah­me inner­halb eines Zeit­raums zwischen drei Monate vor und zwei Monate nach dem Bilanz­stich­tag zu erfolgen hat. Die Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de können zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten inner­halb dieses Zeit­raums tat­säch­lich erfasst werden, wobei die Ergeb­nis­se der Bestands­auf­nah­men in einem beson­de­ren Inventar zusam­men­zu­fas­sen sind und dann auf den Bilanz­stich­tag fort­ge­schrie­ben oder rück­ge­rech­net werden müssen. Da mit der erhöhten Fle­xi­bi­li­tät poten­ti­ell auch Unge­nau­ig­kei­ten zunehmen können, darf dieses Inven­tur­ver­fah­ren nicht auf Bestände ange­wen­det werden, welche unkon­trol­lier­ten Abgängen durch Schwund, Ver­duns­tung, Verderb etc. unter­lie­gen können. Schließ­lich gibt es noch die so genannte per­ma­nen­te Inventur als Aus­prä­gung der voll­stän­di­gen kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me. Hierbei werden die für die Inven­tar­er­stel­lung not­wen­di­gen Bestände zum Bilanz­stich­tag aus der Lager­buch­füh­rung (Lager­kar­tei) her­an­ge­zo­gen. Die tat­säch­li­che Bestands­auf­nah­me erfolgt hierbei nur zwecks Kon­trol­le der Lager­buch­füh­rung und kann zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten inner­halb des Geschäfts­jah­res durch­ge­führt werden. Da die per­ma­nen­te Inventur von dem Ide­al­fall der kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me zu einem Stichtag weit entfernt ist, darf sie weder bei beson­ders wert­vol­len Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den noch bei Bestän­den, welche einem unkon­trol­lier­ten Abgang unter­lie­gen können, ange­wen­det werden.

Buch- und beleg­mä­ßi­ge Bestands­auf­nah­me und Stichprobeninventur

Das Inven­tur­ver­fah­ren der buch- und beleg­mä­ßi­gen Bestands­auf­nah­me ist in Kom­bi­na­ti­on mit der Stich­tags­in­ven­tur in der Praxis weit ver­brei­tet. Typische Anwen­dungs­fäl­le sind bei Unmög­lich­keit der kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me oder bei Verstoß gegen das Kri­te­ri­um der Wirt­schaft­lich­keit, da etwa unge­wöhn­lich hohe Kosten mit der kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me ver­bun­den wären. Bei dieser Vor­ge­hens­wei­se werden die Bestände aus den Büchern über­nom­men und durch Belege, Doku­men­te etc. nach­ge­wie­sen. Die Stich­pro­ben­in­ven­tur als weiteres Inven­tur­ver­fah­ren ist dadurch gekenn­zeich­net, dass sie ebenso mit der Stich­tags­in­ven­tur, der vor- und nach­ver­leg­ten Stich­tags­in­ven­tur und der per­ma­nen­ten Inventur kom­bi­niert werden kann. Durch die richtige Anwen­dung eines mathe­ma­tisch-sta­tis­tisch aner­kann­ten Stich­pro­ben­ver­fah­rens kann dabei ein Ergebnis erzielt werden, welches dem einer voll­stän­di­gen kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me gleicht. Der große Vorteil ist aller­dings die massive Kos­ten­re­duk­ti­on bei Rück­griff auf ein Stich­pro­ben­ver­fah­ren! Im Schätz­ver­fah­ren kann basie­rend auf einer Zufalls­stich­pro­be der Inven­tur­wert geschätzt werden und in einem Test­ver­fah­ren die Bestands­zu­ver­läs­sig­keit der Lager­buch­füh­rung über­prüft werden. Beson­de­re Bedeu­tung erlangt die Stich­pro­ben­in­ven­tur zur Kon­trol­le eines aus der bestands­zu­ver­läs­si­gen Lager­buch­füh­rung ermit­tel­ten Gesamt­werts. Weicht dabei der durch die Stich­pro­ben­in­ven­tur ermit­tel­te Istwert um mehr als 2% vom Sollwert (Lager­buch­füh­rung) ab, muss eine voll­stän­di­ge kör­per­li­che Bestands­auf­nah­me durch­ge­führt werden. Gleich der per­ma­nen­ten Inventur darf auch die Stich­pro­ben­in­ven­tur als Schätz­ver­fah­ren weder auf beson­ders wert­vol­le Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de ange­wen­det werden noch auf Bestände, welche einem hohen Schwund­ri­si­ko unterliegen.

Prüfung von Inven­tur­ver­fah­ren und Inventar

Für einen mög­lichst rei­bungs­lo­sen Ablauf der Inventur und zur Erzie­lung eines opti­ma­len Ergeb­nis­ses ist es not­wen­dig, die Prozesse zu kon­trol­lie­ren und ent­spre­chend zu prüfen. Oftmals wird die Inven­tur­be­ob­ach­tung auch vom Wirt­schafts­prü­fer durch­ge­führt. Eine Inven­tur­prü­fung umfasst regel­mä­ßig die Prüfung der Inven­tur­pla­nung, -vor­be­rei­tung und –durch­füh­rung sowie der Inven­tur­aus­wer­tung in Ver­bin­dung mit der Inven­tar­er­stel­lung. Während bei der Auf­bau­prü­fung die Ange­mes­sen­heit der ange­wen­de­ten Inven­tur­ver­fah­ren kon­trol­liert wird, soll die Funk­ti­ons­prü­fung die Wirk­sam­keit der Inven­tur­ver­fah­ren über­prü­fen. Die Kon­troll­maß­nah­men müssen an das jeweils zur Anwen­dung kommende Inven­tur­ver­fah­ren ange­passt werden – bei der kör­per­li­chen Bestands­auf­nah­me kann etwa das Auf­nah­me­ver­fah­ren beob­ach­tet werden oder eine Kon­troll­zäh­lung durch­ge­führt werden. Auf­merk­sa­me Beob­ach­tung ist ebenso bei Anwen­dung des Stich­pro­ben­ver­fah­rens sinnvoll, da der Auswahl der Stich­pro­ben­ele­men­te beson­de­re Bedeu­tung zukommt. Bei der vor- oder nach­ver­leg­ten Stich­tags­in­ven­tur ist schließ­lich auf die zeit­li­chen Vor­aus­set­zun­gen und auf die Ord­nungs­mä­ßig­keit der Fort­schrei­bung bzw. Rück­rech­nung zu achten.

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