News
Immer aktuell

Steuern A‑Z

Artikel zum Thema: KMU

Nicht­fi­nan­zi­el­le Bericht­erstat­tung — Nicht nur für große Konzerne relevant

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

März 2024 

Der Wert eines Unter­neh­mens lässt sich schon lange nicht mehr rein über finan­zi­el­le Kenn­zah­len dar­stel­len. Inno­va­ti­ons­kraft, Mit­ar­bei­ter­zu­frie­den­heit, der Ver­brauch von natür­li­chen Res­sour­cen oder gesell­schaft­li­che Ver­ant­wor­tung beein­flus­sen den lang­fris­ti­gen Erfolg eines Unter­neh­mens und schlagen sich auch in finan­zi­el­len Kenn­zah­len nieder. Inves­to­ren oder Kunden legen bei ihren Inves­ti­ti­ons- oder Kauf­ent­schei­dun­gen immer mehr Wert auf öko­lo­gi­sche oder soziale Belange. Auch der Gesetz­ge­ber und die EU sehen diese Themen im Rahmen des “Green Deal” als neue Wachs­tums­stra­te­gie und möchten die Union bis 2050 zu einer modernen, res­sour­cen­scho­nen­den und wett­be­werbs­fä­hi­gen Wirt­schaft ohne Netto-Treib­haus­gas­emis­sio­nen machen. Damit ein­her­ge­hend wird auch die nicht­fi­nan­zi­el­le Bericht­erstat­tung (oder Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung) für Unter­neh­men immer rele­van­ter und die Vor­schrif­ten dazu immer umfangreicher.

Gesetz­li­che Bestimmungen

Im öster­rei­chi­schen Unter­neh­mens­recht wurde schon bisher von großen Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten eine Analyse der wich­tigs­ten nicht­fi­nan­zi­el­len Leis­tungs­in­di­ka­to­ren, ein­schließ­lich Infor­ma­tio­nen über Umwelt- und Arbeit­neh­mer­belan­ge, im Rahmen des Lage­be­richts verlangt. In anderen euro­päi­schen Ländern gab es bereits ähnliche Vorgaben. Aus Sicht der EU wurden diese Anfor­de­run­gen jedoch in der Praxis nur unzu­rei­chend umge­setzt. Zudem fehlten für eine ange­mes­se­ne Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung ein­heit­li­che Qua­li­täts­stan­dards und Min­dest­an­for­de­run­gen. Dies machte es für Inves­to­ren, Kunden aber auch eine breitere Öffent­lich­keit schwer, nicht­fi­nan­zi­el­le Infor­ma­tio­nen zu ver­glei­chen bzw. auf deren Zuver­läs­sig­keit zu vertrauen.

Non-Finan­cial Report­ing Direc­ti­ve (NFRD)

Die NFRD der Euro­päi­schen Union (Richt­li­nie 2014/95/EU) und das daraus folgende “Nach­hal­tig­keits- und Diver­si­täts­ver­bes­se­rungs­ge­setz (NaDiVeG)” ver­pflich­te­te bestimm­te große Unter­neh­men in Öster­reich dazu, ab 2017 in ihren Jah­res­ab­schlüs­sen und Lage­be­rich­ten auch über nicht­fi­nan­zi­el­le Aspekte und die Diver­si­tät betref­fen­de Infor­ma­tio­nen zu berichten.

Wer ist betroffen?

Von der Richt­li­nie umfasst sind große Unter­neh­men, die gleich­zei­tig Unter­neh­men von öffent­li­chem Inter­es­se sind und im Durch­schnitt des Geschäfts­jah­res mehr als 500 Mit­ar­bei­ter beschäf­ti­gen. Im Wesent­li­chen sind dies kapi­tal­markt­ori­en­tier­te Unter­neh­men bzw. Kre­dit­in­sti­tu­te und Ver­si­che­run­gen, in Öster­reich etwa 120 Unternehmen.

Worüber muss berich­tet werden?

In einer nicht­fi­nan­zi­el­len Erklä­rung müssen Angaben über das Geschäfts­er­geb­nis, den Geschäfts­ver­lauf, die Lage der Gesell­schaft sowie die Aus­wir­kun­gen der Tätig­keit ent­hal­ten sein. Diese Infor­ma­tio­nen müssen sich darüber hinaus auf folgende Nach­hal­tig­keits­the­men beziehen:

  • Umwelt‑, Sozial- und Arbeitnehmerbelange,
  • auf die Achtung der Men­schen­rech­te und 
  • auf die Bekämp­fung von Kor­rup­ti­on und Bestechung.

Die Angaben müssen eine Beschrei­bung des Geschäfts­mo­dells ent­hal­ten. Weiters ist eine Dar­stel­lung der Konzepte und Maß­nah­men hin­sicht­lich der Nach­hal­tig­keits­the­men inklu­si­ve sich daraus erge­ben­der Risiken erfor­der­lich. Zusätz­lich wird von großen Akti­en­ge­sell­schaf­ten verlangt, den Cor­po­ra­te Gover­nan­ce Bericht um ein Diver­si­täts­kon­zept zu erwei­tern. Unter­neh­men konnten die Infor­ma­tio­nen im Rahmen des Geschäfts­be­richts oder als eigenen Bericht veröffentlichen.

Mit der Umset­zung der NFRD in den Mit­glied­staa­ten wurde auch schnell Kritik laut. Zum einen sei die Zahl der betrof­fe­nen Unter­neh­men zu gering. Zum anderen zeigten die vor­ge­leg­ten Bericht­erstat­tun­gen Defizite in punkto Voll­stän­dig­keit, Ver­gleich­bar­keit und Verlässlichkeit.

Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Direc­ti­ve (CSRD)

Die EU-Kom­mis­si­on hat die NFRD über­ar­bei­tet und im Dezember 2022 die zukünf­tig geltende CSRD (Richt­li­nie 2022/2464/EU) ver­öf­fent­licht. In der CSRD werden Berichts­stan­dards sowie Prüf­pflich­ten ergänzt, außerdem wird der Kreis der ver­pflich­te­ten Unter­neh­men deutlich aus­ge­wei­tet. Nicht­fi­nan­zi­el­le Bericht­erstat­tung soll mit den Zielen des EU-Akti­ons­plans zur Finan­zie­rung nach­hal­ti­ger Ent­wick­lung in Einklang gebracht werden und Kapi­tal­strö­me in Richtung einer “grünen” Wirt­schaft gelenkt werden.

Wer ist betroffen?

Künftig gilt die Berichts­pflicht für so genannte “große Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten”. Das sind alle Unter­neh­men, die zumin­dest zwei der drei Grö­ßen­merk­ma­le erfüllen:

  • Bilanz­sum­me über 20 Mio. €,
  • Net­to­um­satz­er­lö­se über 40 Mio. €,
  • durch­schnitt­li­che Beschäf­tig­ten­zahl von über 250 während des Geschäftsjahres.

Außerdem sind kapi­tal­markt­ori­en­tier­te kleinere und mittlere Unter­neh­men “KMU” umfasst. Für diese soll aller­dings ein eigener ver­hält­nis­mä­ßi­ger Standard ent­wi­ckelt werden und sie werden erst drei Jahre später ver­pflich­tet. Auf Kon­zern­ebe­ne ist eben­falls auf das Vor­lie­gen eines “großen Konzerns” abzu­stel­len, wobei es inner­halb von berichts­pflich­ti­gen Kon­zern­struk­tu­ren zu Erleich­te­run­gen kommen kann. Die Richt­li­nie sieht auch vor, dass Unter­neh­men mit Sitz außer­halb der EU unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen von der Berichts­pflicht umfasst sind. Dies gilt für

  • Dritt­staa­ten­un­ter­neh­men mit 150 Mio. € Umsatz in der EU, 
  • deren Toch­ter­un­ter­neh­men die vor­ste­hen­den Grö­ßen­kri­te­ri­en erfüllen oder 
  • deren Zweig­nie­der­las­sun­gen mehr als 40 Mio. € Umsatz erreichen.
  • Dritt­staat­un­ter­neh­men, die an einem gere­gel­ten Kapi­tal­markt in der EU notiert sind.

Ab wann gilt die Berichtspflicht?

Die Berichts­an­for­de­run­gen der CSRD werden für Geschäfts­jah­re begin­nend ab dem 1. Jänner 2024 zunächst für einen ein­ge­schränk­ten Kreis von Unter­neh­men gelten, der dann suk­zes­si­ve erwei­tert wird:

  • ab 2025 für Unter­neh­men, die bereits der NFRD unter­lie­gen (Berichts­jahr 2024);
  • 2026 für große Unter­neh­men, die derzeit nicht der NFRD unter­lie­gen (Berichts­jahr 2025);
  • 2027 für kapi­tal­markt­ori­en­tier­te KMU und Unter­neh­men aus Dritt­staa­ten (Berichts­jahr 2026) mit der Mög­lich­keit auf Aufschub bis 2028;
  • 2028 für Unter­neh­men aus Dritt­staa­ten (Berichts­jahr 2029).

Somit müssen ab 2025 rund 2.000 Unter­neh­men in Öster­reich einen Nach­hal­tig­keits­be­richt erstel­len. In der gesamten EU wächst der Kreis der Berichts­pflich­ti­gen von rund 11.000 auf etwa 49.000 Firmen.

Worüber muss berich­tet werden?

Die CSRD soll bestehen­de Lücken bei den Berichts­vor­schrif­ten schlie­ßen und die Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung ins­ge­samt aus­wei­ten. Ziel ist es, die Rechen­schafts­pflicht euro­päi­scher Unter­neh­men über Nach­hal­tig­keits­aspek­te zu erhöhen und erstmals ver­bind­li­che Berichts­stan­dards auf Ebene der EU ein­zu­füh­ren. Inhalt­lich ori­en­tiert sich die CSRD an der ESG-Logik. Das heißt, es müssen Kenn­zah­len aus den Berei­chen Envi­ron­men­tal, Social und Gover­nan­ce ver­öf­fent­licht werden sowie Kenn­zah­len zur EU-Taxo­no­mie (Klas­si­fi­zie­rung von nach­hal­ti­gen Wirt­schafts­tä­tig­kei­ten). Weiters beruhen Anga­be­pflich­ten auf dem Grund­satz der dop­pel­ten Wesent­lich­keit. Demnach sind Unter­neh­men ver­pflich­tet, sowohl über die Aus­wir­kun­gen des eigenen Geschäfts­be­triebs auf Mensch und Umwelt als auch über die Aus­wir­kun­gen von Nach­hal­tig­keits­aspek­ten auf das Unter­neh­men zu berichten.

Ich bin nicht betrof­fen — bin ich betrof­fen? CSRD-Berichts­pflicht als Chance für KMUs

KMU (sofern nicht kapi­tal­markt­ori­en­tiert) sind aus der Ver­pflich­tung zur Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung gemäß CSRD aus­ge­nom­men. Jedoch können die neuen Rege­lun­gen auch für solche Unter­neh­men große Aus­wir­kun­gen haben. Bereits jetzt fertigen viele kleine Unter­neh­men frei­wil­lig einen Nach­hal­tig­keits­be­richt an. Sie haben erkannt, dass sie dadurch ihre Repu­ta­ti­on ver­bes­sern können. Kunden und poten­zi­el­le Arbeit­neh­mer achten ver­stärkt auf Nach­hal­tig­keit. Sie wollen wissen, wie ein Unter­neh­men auf sein Umfeld einwirkt, also wie es soziale, öko­lo­gi­sche und öko­no­mi­sche Belange mit­ein­an­der ver­ein­bart. Zudem bietet es die Mög­lich­keit, sich von Wett­be­wer­bern in der Branche zu dif­fe­ren­zie­ren. Weiters wird in Zukunft — noch stärker als schon bisher — im Rahmen von Aus­schrei­bun­gen, För­der­an­trä­gen oder bestehen­den Geschäfts­ver­trä­gen eine Bericht­erstat­tung vor­aus­ge­setzt. Die Not­wen­dig­keit von Trans­pa­renz beschränkt sich nicht auf fir­men­in­di­vi­du­el­le Aspekte, die gesamte Wert­schöp­fungs­ket­te ist abzu­bil­den. Daher werden viele große (berichts­pflich­ti­ge) Unter­neh­men zukünf­tig eigene Stan­dards auf Lie­fe­ran­ten und Ver­trags­part­ner umlegen.

Mit der neuen Nach­hal­tig­keits­be­richts­pflicht kommt auch auf kleinere und mittlere Unter­neh­men einiges an Aufwand zu. Neben den formalen Anfor­de­run­gen, die zu erfüllen sind, hilft die Beschäf­ti­gung mit der Thematik auch dabei, sich grund­sätz­lich Gedanken darüber zu machen, wie Nach­hal­tig­keit im Unter­neh­men gelebt wird und wie man sich dies­be­züg­lich posi­tio­nie­ren möchte. Dies wiederum kann eine Chance für KMUs sein.

Bild: © Adobe Stock — Kalawin