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Artikel zum Thema: Kindergeld

Kin­der­be­treu­ungs­geld und Zuver­dienst­mög­lich­kei­ten: ein Über­blick für Selbständige


November 2012 

Seit Anfang 2010 stehen fünf Vari­an­ten des Kin­der­be­treu­ungs­gel­des (KBG) zur Auswahl: vier Pau­schal­va­ri­an­ten und eine ein­kom­mens­ab­hän­gi­ge Variante. Mit der Kin­der­geld­re­ge­lung soll zum einen erwerbs­ori­en­tier­ten Frauen die Ver­wirk­li­chung des Kin­der­wun­sches erleich­tert werden, zum anderen soll die Karenz­mög­lich­keit für Väter inter­es­san­ter gemacht werden. Im Rahmen des Artikels werden die unter­schied­li­chen Arten unter dem Gesichts­punkt der selb­stän­di­gen Erwerbs­tä­tig­keit und der Zuver­dienst­mög­lich­keit beleuchtet.

Neben der Ergän­zung des bislang bestehen­den Pau­schal­sys­tems durch ein Ein­kom­mens­er­satz­sys­tem führte die Änderung des KBG-Gesetzes im Jahr 2010 zu einer Aus­wei­tung des KBG auf fünf ver­schie­de­ne Bezugs­va­ri­an­ten, wobei alle Vari­an­ten bei Inan­spruch­nah­me durch beide Eltern­tei­le nunmehr eine längere Gesamt­be­zugs­dau­er vorsehen. Eine der vier Pau­schal­va­ri­an­ten und das ein­kom­mens­ab­hän­gi­ge KBG wurden als Kurz­va­ri­an­ten (12+2) ein­ge­führt. Diese beiden Kurz­va­ri­an­ten hat das Öster­rei­chi­sche Institut für Fami­li­en­for­schung an der Uni­ver­si­tät Wien eva­lu­iert: laut dieser im Mai 2012 ver­öf­fent­lich­ten Studie sind neben Indizien für eine stei­gen­de Väter­be­tei­li­gung auch ein Zusam­men­hang zwischen dem Erwerbs­ta­tus und der Auswahl der KBG Variante erkenn­bar: Unselbst­stän­dig Erwerbs­tä­ti­ge ziehen eher die Ein­kom­mens­er­satz­leis­tung, Selbst­stän­di­ge die Pau­schal­va­ri­an­te vor.

Bevor auf die Höhe und die Zuver­dienst­mög­lich­kei­ten der beiden Systeme ein­ge­gan­gen wird, sind die gene­rel­len Vor­aus­set­zun­gen für den Bezug von Kin­der­be­treu­ungs­geld anzuführen:

  • Gemein­sa­mer Haushalt mit dem Kind,
  • Anspruch auf und tat­säch­li­cher Bezug von Familienbeihilfe,
  • Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen in Österreich,
  • Für Nicht-Öster­rei­cher: recht­mä­ßi­ger Auf­ent­halt in Österreich,
  • Durch­füh­rung und Nachweis der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen,
  • Beach­tung der Zuver­dienst­gren­ze (jährlich 16.200 € bzw. alter­na­tiv 60 % des letzten Ein­kom­mens. Ausnahme beim ein­kom­mens­ab­hän­gi­gen KBG: 6.100 €)
  • Ein­kom­mens­ab­hän­gi­ges KBG: mind. 6 Monate in Öster­reich sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Erwerbs­tä­tig­keit des Antrag­stel­lers vor der Geburt des Kindes (wobei Zeiten, in denen Beihilfe oder Wochen­geld gewährt wird, den Zeiten der tat­säch­li­chen Ausübung gleich­ge­stellt werden). Ähn­li­ches gilt für Zeiten der Karenz bei Ruhend­mel­dung (nicht jedoch Abmel­dung) des Gewerbes, wenn unmit­tel­bar davor eine 6 Monatige Erwerbs­tä­tig­keit zutraf. Im Bezugs­zeit­raum dürfen keine Leis­tun­gen aus der Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung bezogen werden.

Höhe des pau­scha­len Kinderbetreuungsgeldes

Anspruchs­zeit­raum

Kin­der­be­treu­ungs­geld

max. bis zur Vollendung 
30./36. Lebensmonat 

14,53 €/Tag = rd. 436 €/Monat

max. bis zur Vollendung 
20./24. Lebensmonat 

20,80 €/Tag = rd. 624 €/Monat

max. bis zur Vollendung 
15./18. Lebensmonat 

26,60 €/Tag = rd. 800 €/Monat

max. bis zur Vollendung 
12./14. Lebensmonat 

33,00 €/Tag = rd. 1.000 €/Monat

Kin­der­be­treu­ungs­geld als Ersatz des Erwerbseinkommens

Das ein­kom­mens­ab­hän­gi­ge KBG beträgt 80 % der Letztein­künf­te bis zur Voll­endung des 12. Lebens­mo­nats des Kindes, wenn nur ein Eltern­teil KBG bezieht. Bei Inan­spruch­nah­me durch beide Eltern­tei­le längs­tens bis zur Voll­endung des 14. Lebens­mo­nats des Kindes, wobei ein Eltern­teil nie mehr als 12 Monate KBG beziehen kann. Der Tages­satz ist mit max. 66 € gede­ckelt und ent­spricht rd. 2.000 € im Monat. Bei der Berech­nung des Tages­be­tra­ges kommt folgende Formel zur Anwen­dung: (Summe der maß­geb­li­chen Ein­künf­te x 0,62 +4.000) / 365.

Für die Berech­nung sind die Ein­künf­te aus Erwerbs­tä­tig­keit (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG: Ein­künf­te aus Land- und Forst­wirt­schaft, aus selb­stän­di­ger Arbeit, aus Gewer­be­be­trieb und aus nicht selb­stän­di­ger Arbeit) des rele­van­ten Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des maß­geb­lich. Relevant sind jene Steu­er­be­schei­de des Kalen­der­jah­res vor der Geburt, in dem unab­hän­gig für welches Kind kein KBG bezogen wurde, beschränkt auf das dritt­vor­ange­gan­ge­ne Jahr. Die Erwerbs­ein­künf­te werden um 3,5% erhöht und in weiterer Folge als „maß­geb­li­che Ein­künf­te“ bezeich­net. Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen, aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung und sonstige Ein­künf­te im Sinne des § 29 EStG sind bei der Berech­nung der Höhe des ein­kom­mens­ab­hän­gi­gen Kin­der­be­treu­ungs­gel­des nicht einzubeziehen.

Falls der rele­van­te Ein­kom­men­steu­er­be­scheid noch nicht vorliegt, wird zunächst ein vor­läu­fi­ges ein­kom­mens­ab­hän­gi­ges KBG iHv. 33,- € aus­be­zahlt. Bei Vor­lie­gen des Beschei­des wird der Tages­be­trag neu berech­net, liegt der ermit­tel­te Satz über dem vor­läu­fi­gen wird die Dif­fe­renz nach­be­zahlt. Liegt die Neu­be­rech­nung darunter, sollte die Mög­lich­keit genutzt werden, auf die Kurz­va­ri­an­te des Pau­schal­be­tra­ges umzu­stei­gen, da andern­falls eine Rück­for­de­rung droht. Bei späterer Änderung eines Steu­er­be­schei­des muss eine rück­wir­ken­de Neu­be­mes­sung und Berich­ti­gung bean­tragt werden. (Eine Kor­rek­tur seitens der Behörde erfolgt nur bei durch den Antrag­stel­ler ver­schul­det unrich­ti­gen Steuerbescheiden.) 

Auf folgende Punkte ist bei Inan­spruch­nah­me des ein­kom­mens­ab­hän­gi­gen KBG weiters zu achten:

  • Es gibt keinen Mehr­lings­zu­schlag und keinen Zuschuss bzw. Beihilfe zum KBG.
  • Für jeden Eltern­teil wird der ein­kom­mens­ab­hän­gi­ge Tages­be­trag separat berechnet. 
  • Die einmal gewählte Variante des KBG kann nicht mehr geändert werden und bindet auch den anderen Elternteil.

Anspruchs­zeit­räu­me

Das KBG kann frü­hes­tens ab Geburt des Kindes (bei Adop­tiv­kin­dern: ab Über­nah­me in Pflege) bezogen werden. Wird der ent­spre­chen­de Antrag auf KBG erst später gestellt, so wird höchs­tens 6 Monate rück­wir­kend KBG gewährt. Während des Bezuges von Wochen­geld (auch vor Geburt eines weiteren Kindes) ruht der Anspruch auf KBG in der Höhe des Wochen­gel­des (nicht jedoch wenn der Vater KBG bezieht). Das Wochen­geld beträgt nach den Bestim­mun­gen des GSVG 26,97 € (2012) täglich, bei der kür­zes­ten Pau­schal­va­ri­an­te und gege­be­nen­falls beim ein­kom­mens­ab­hän­gi­gen KBG kommt es zum Anspruch. Das KBG kann in Blöcken von min­des­tens zwei Monaten von den Eltern­tei­len in Anspruch genommen werden, ein zwei­ma­li­ger Wechsel unter­ein­an­der ist möglich.

Zuver­dienst­gren­zen

Die Zuver­dienst­gren­ze bei den Pau­schal­va­ri­an­ten beträgt jährlich 16.200 € oder die höhere indi­vi­du­el­le Zuver­dienst­gren­ze iHv 60 % des letzten Ein­kom­mens, das im letzten Kalen­der­jahr vor der Geburt ohne KBG-Bezug erzielt wurde. Beim ein­kom­mens­ab­hän­gi­gen KBG darf der Gesamt­be­trag der maß­geb­li­chen Ein­künf­te pro Jahr 6.100  (bis 31.12.2011: 5.800 €) nicht über­stei­gen. Es werden nur die Ein­künf­te jenes Eltern­teils her­an­ge­zo­gen, das KBG bezieht. Für die Ermitt­lung des Zuver­diens­tes sind für Geburten ab 2012 die steu­er­pflich­ti­gen Erwerbs­ein­künf­te pauschal um 30 % zu erhöhen. Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung, aus Kapi­tal­ver­mö­gen (BSp: GmbH Gewinn­an­tei­le) und sonstige Ein­künf­te gemäß § 29 EStG werden nicht (mehr) berücksichtigt.

Um eine mögliche Über­schrei­tung der Zuver­dienst­gren­ze zu ver­mei­den, kann auf das KBG für einzelne, ganze Kalen­der­mo­na­te im Vor­hin­ein ver­zich­tet werden. Eine Ver­zichts­er­klä­rung muss recht­zei­tig vor der Aus­zah­lung bei der Kran­ken­kas­se ein­lan­gen. Bei Über­schrei­tung der Zuver­dienst­gren­ze, ist die Dif­fe­renz bis maximal in Höhe des bezo­ge­nen KBG zurückzuzahlen.

Ein­künf­te aus selb­stän­di­ger Tätig­keit werden als Jah­res­ein­kom­men gleich­mä­ßig auf die ein­zel­nen Monate auf­ge­teilt. Um nach­wei­sen zu können, dass Ein­künf­te aus selb­stän­di­ger Erwerbs­tä­tig­keit vor oder nach Bezug des KBG bzw. während des Ver­zichts­zeit­rau­mes erzielt wurden, ist eine Zwi­schen­bi­lanz oder Zwischen-Ein­nah­men-Ausgaben-Rechnung zu erstellen. 

Fazit: Für Pau­schal­va­ri­an­ten sprechen fle­xi­ble­re Zuver­dienst­re­ge­lun­gen. Das ein­kom­mens­ab­hän­gi­ge Kin­der­be­treu­ungs­geld ist als Ersatz des Erwerbs­ein­kom­mens kon­zi­piert und die Zuver­dienst­mög­lich­keit deutlich ein­ge­schränkt. Um eine (auch antei­li­ge) Rück­zah­lung des KBG zu ver­mei­den, sind die unter­schied­li­chen Zuver­dienst­gren­zen jeden­falls zu beachten. Gewinn­an­tei­le von Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten bleiben bei beiden Systemen bei der Berech­nung des Zuver­diens­tes unbe­rück­sich­tigt. Die Abgren­zung der Ein­künf­te vor / nach Bezug des KBG kann sich auf­wen­dig gestal­ten. Auch kann es vor­teil­haft sein, für einzelne Monate auf den KBG-Bezug zu ver­zich­ten, wobei auch hier eine nach­voll­zieh­ba­re Abgren­zung erfor­der­lich ist. 

Nütz­li­che Links

Berech­nung des Zuverdienstes:
https://www.sozialversicherung.at/kbgOnlineRechner/

Online-Ratgeber der Wirtschaftskammer:
http://www.kinderbetreuungsgeld.or.at

KBG-Ver­gleichs­rech­ner:
http://www.bmwfj.gv.at

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