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OGH schützt Arbeitnehmer bei Urlaubsvorgriff
Falls einmal der Resturlaub eines Jahres nicht mehr für die geplante längere Reise ausreicht, kann durch einen Urlaubsvorgriff Abhilfe geschaffen werden. Ein Urlaubsvorgriff führt zwar im Regelfall nicht zu mehr Urlaub, jedoch bietet er dem Arbeitnehmer erhöhte Flexibilität in der Verwendung seiner Urlaubstage insgesamt. Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen (OGH vom 29.1.2015, GZ 9 ObA 135/14i), in dem strittig war, ob ein Urlaub einer Arbeitnehmerin ein zusätzlicher, vom Arbeitgeber (unfreiwillig) gewährter Urlaub sei oder ob es sich um einen Urlaubsvorgriff handelt, welcher den Urlaubsanspruch des Folgejahres reduziert. Da die Arbeitnehmerin nach einem längeren Krankenstand gekündigt wurde, ging es im vorliegenden Fall um den Anspruch auf eine Zahlung für nicht konsumierten Urlaub.
Die Patentanwaltsanwärterin verbrauchte in ihrem ersten Arbeitsjahr (2010/2011) 21 Urlaubstage, im zweiten Arbeitsjahr 35 Urlaubstage und im dritten, begonnenen Arbeitsjahr keinen Urlaub. Wohl auch dadurch bedingt, dass weder dem Arbeitgeber noch der Arbeitnehmerin bewusst war, dass grundsätzlich das Arbeitsjahr als Urlaubsjahr vorgesehen ist, wurde der Urlaub im Jahr 2012 nicht als Urlaubsvorgriff erkannt. Die Parteien hatten auch keine Vereinbarung über die Handhabung eines Urlaubsvorgriffs getroffen. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gingen davon aus, dass es zu einem automatischen Urlaubsvorgriff komme, so wie es auch bei der Übertragung eines Urlaubsguthabens geschieht. Folglich wiesen die beiden Gerichte das Begehren der ehemaligen Angestellten nach einer Zahlung für den nicht verbrauchten Urlaub ab.
OGH fordert eindeutige Vereinbarung für automatischen Urlaubsvorgriff
Mit Verweis auf das Urlaubsgesetz betonte der OGH — anders als die Vorinstanzen — dass ein Urlaubsvorgriff zulässig sei, jedoch einer eindeutigen Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien bedarf. Durch den Urlaubsvorgriff soll es dem Arbeitnehmer ermöglicht werden, einen Teil des ihm erst im folgenden Jahr gebührenden Urlaubs bereits vorweg zu verbrauchen. Dadurch kann die zeitliche Verteilung zugunsten des Arbeitnehmers verändert werden, wobei der Arbeitnehmer im Endergebnis nicht mehr an Urlaub erhält als ihm gesetzlich zusteht. Der OGH stellt außerdem klar, dass es ohne entsprechende Vereinbarung nicht zu einer automatischen Anrechnung eines vorgezogenen Urlaubs auf den erst im nächsten Urlaubsjahr entstehenden Urlaubsanspruch kommen kann. Das Urlaubsgesetz sieht zwar die (für den Arbeitnehmer günstige) Übertragung eines nicht verbrauchten Urlaubsanspruchs auf das nächste Urlaubsjahr vor, nicht aber den einseitigen Übertrag von zu viel verbrauchten Urlaubstagen. Erst durch die konkrete Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann ein Urlaubsverbrauch zum Urlaubsvorgriff werden. Kann eine solche eindeutige Vereinbarung jedoch nicht nachgewiesen werden, so gilt dem Obersten Gerichtshof folgend der zusätzliche Urlaub ohne Vorgriff und Anrechnung auf den im nächsten Urlaubsjahr gebührenden Urlaub — mit anderen Worten entspricht dies einem vom Arbeitgeber freiwillig gewährten zusätzlichen Urlaub. Im konkreten Fall hatte die ehemalige Arbeitnehmerin demnach Anspruch auf ein Entgelt für den nicht verbrauchten Urlaub. Daran ändert auch nichts, dass der Arbeitgeber ihr darüber hinaus auch noch freiwillig Lernurlaub zur Prüfungsvorbereitung gewährt hatte.
Arbeitgeber sollten rechtzeitig Vereinbarungen mit den
Arbeitnehmern treffen
Diese für den Arbeitnehmer vorteilhafte Entscheidung des OGH zeigt, dass ein Urlaubsvorgriff nicht automatisch zu entsprechend weniger Urlaub im Folgejahr führt, sondern nur dann, wenn der Urlaubsvorgriff eindeutig zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart wurde. Der OGH bleibt damit seiner Linie treu; bereits vor einigen Jahren ist er nämlich zur Entscheidung gekommen, dass keine Rückzahlungsverpflichtung seitens des Arbeitnehmers besteht, wenn der Arbeitgeber einem Urlaubsvorgriff zustimmt, obwohl er bereits weiß, dass er den Arbeitnehmer kündigen wird. Für Arbeitgeber zeigt sich einmal mehr die Notwendigkeit eindeutiger und rechtzeitiger Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern.
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