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Artikel zum Thema: Niederlassungsfreiheit

Grup­pen­be­steue­rung — EuGH-Urteil ermög­licht Ein­be­zie­hung inlän­di­scher Enkelgesellschaften

Kate­go­rien: Klienten-Info

Juni 2012 

Die Vorteile der öster­rei­chi­schen Grup­pen­be­steue­rung für Konzerne liegen vor allem in dem Ergeb­nis­aus­gleich (Gewinne und Verluste inner­halb der Gruppe können grund­sätz­lich aus­ge­gli­chen werden und sind beim Grup­pen­trä­ger zu ver­steu­ern) und in der Tatsache, dass auch Verluste aus­län­di­scher Grup­pen­mit­glie­der ein­be­zo­gen werden können. Hin­sicht­lich aus­län­di­scher Grup­pen­mit­glie­der galt bisher aller­dings die Beschrän­kung auf die erste Ebene (Toch­ter­ge­sell­schaft). Über die aus­län­di­sche Tochter gehal­te­ne Mehr­heits­be­tei­li­gun­gen an inlän­di­schen Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten konnten also nicht in die Gruppe auf­ge­nom­men werden.

Der EuGH hat in der Rechts­sa­che „Papillon“ (EuGH 27.11.2008, Rs C‑418/07) den Aus­schluss von inlän­di­schen Toch­ter­ge­sell­schaf­ten aus­län­di­scher Grup­pen­mit­glie­der nach fran­zö­si­scher Rechts­la­ge als Verstoß gegen die Nie­der­las­sungs­frei­heit gewertet. Wenn­gleich die EuGH-Ent­schei­dung in der Lite­ra­tur auch in Öster­reich schon als unmit­tel­bar anwend­bar ein­ge­stuft wurde, fehlte bis jetzt eine offi­zi­el­le Reaktion der Finanzverwaltung.

In einer kürzlich ver­öf­fent­lich­ten Infor­ma­ti­on hat die Finanz­ver­wal­tung (BMF-Info vom 16.5.2012) die Anwend­bar­keit auf die öster­rei­chi­sche Grup­pen­be­steue­rung bestä­tigt und die Ein­be­zie­hung der Ergeb­nis­se einer inlän­di­schen Gesell­schaft, die über eine im Gemein­schafts­ge­biet ansäs­si­ge Zwi­schen­ge­sell­schaft gehalten wird, zuge­las­sen. Anders als bei der aus­län­di­schen Toch­ter­ge­sell­schaft, wo nur die Verluste im Betei­li­gungs­aus­maß beim Grup­pen­trä­ger ver­wer­tet werden können, sind die Gewinne und Verluste der inlän­di­schen Enkel­ge­sell­schaft letzt­lich dem Grup­pen­trä­ger zuzu­rech­nen. Das Ergebnis der inlän­di­schen Enkel­ge­sell­schaft geht nämlich zu 100% zeit­gleich mit dem Ergebnis des aus­län­di­schen Grup­pen­mit­glieds in das Grup­pen­er­geb­nis ein.

Die Aus­deh­nung der Grup­pen­be­steue­rung ist jeden­falls zu begrüßen, wenn­gleich auch die bestehen­den Grenzen berück­sich­tigt werden müssen. So ist es etwa nicht möglich, die Ergeb­nis­se von unter der inlän­di­schen Enkel­ge­sell­schaft hän­gen­den weiteren in- und aus­län­di­schen Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten in die Grup­pen­be­steue­rung ein­zu­be­zie­hen. Dies ist hin­sicht­lich von Ver­lus­ten nach­tei­lig, weit weniger aber in Gewinn­si­tua­tio­nen, da die Gewinne regel­mä­ßig ohnehin der Betei­li­gungs­er­trags­be­frei­ung unter­lie­gen. Ob die Beschrän­kung auf die erste Ebene nicht ebenso einen Verstoß gegen die Nie­der­las­sungs­frei­heit dar­stellt, bleibt abzu­war­ten. Dem Grup­pen­be­steue­rungs­sys­tem folgend ist es darüber hinaus auch nicht möglich, eine steu­er­wirk­sa­me Teil­wert­ab­schrei­bung auf die inlän­di­sche Enkel­ge­sell­schaft vor­zu­neh­men. Eine Fir­men­wert­ab­schrei­bung seitens der aus­län­di­schen Toch­ter­ge­sell­schaft im Zuge des Erwerbs der inlän­di­schen Gesell­schaft ist steu­er­lich in Öster­reich ebenso wenig anerkannt.

Bild: © Paul Bodea — Fotolia