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Artikel zum Thema: Regelbesteuerung

Crowd­fun­ding für die Früh­pha­sen­fi­nan­zie­rung — steu­er­li­che Aspekte

Kate­go­rien: Manage­ment-Info

April 2017 

In unserer letzten Ausgabe haben wir aus­ge­hend von der Finan­zie­rung des Sockels der Frei­heits­sta­tue in New York als „Urform des Crowd­fun­dings“ vor allem die unter­schied­li­chen Formen von Crowd­fun­ding dar­ge­stellt. In diesem zweiten Teil der „Crowd­fun­ding-Serie“ wird neben typi­schen Anwen­dungs­fäl­len für Crowd­fun­ding auch ein Über­blick über wichtige steu­er­li­che Aspekte gegeben.

Wie bei jeder Finan­zie­rungs­form sollen auch beim Crowd­fun­ding Kapi­tal­ge­ber (Inves­to­ren) und Kapi­tal­neh­mer (Kapi­tal­su­chen­de) zusam­men­ge­bracht werden. Crowd­fun­ding zeigt sich etwa bei inno­va­ti­ven Start-up-Unter­neh­men beson­ders hilf­reich, da diese vor allem zu Beginn des Unter­neh­mens­le­bens­zy­klus Fremd­ka­pi­tal benö­ti­gen. Ebenso kann Crowd­fun­ding eine Lösung dar­stel­len, wenn hohe Inves­ti­tio­nen (z.B. für For­schung und Ent­wick­lung oder für die Erschlie­ßung neuer Märkte) anstehen, jedoch die klas­si­sche Ban­ken­fi­nan­zie­rung für das Unter­neh­men nicht möglich ist. Die Gründe dafür können viel­fäl­tig sein und gerade in der feh­len­den Eigen­ka­pi­tal­aus­stat­tung und den man­geln­den Sicher­hei­ten liegen wie auch in dem Umstand, dass die klas­si­schen Kapi­tal­ge­ber ein zu hohes Risiko in der Markt­er­schlie­ßung sehen.

Bei genauer Betrach­tung des Lebens­zy­klus eines Unter­neh­mens zeigt sich mitunter das Dilemma, dass einer­seits nicht aus­rei­chend private Mittel durch die Gründer selbst zur Ver­fü­gung stehen, um die „Pre-Seed-“- und „Seed-Phase“ bewäl­ti­gen zu können bzw. die „Start-up-Phase“ vor­be­rei­ten zu können. Ande­rer­seits sind die Unter­neh­men in dieser frühen Phase vom benö­tig­ten Finan­zie­rungs­vo­lu­men her betrach­tet noch nicht attrak­tiv genug für soge­nann­te „Business Angels“ oder „(Seed-)Venture-Kapitalisten“. Diese werden regel­mä­ßig erst in der Unter­neh­mens­wachs­tums­pha­se (Expan­si­ons­pha­se) aktiv. Durch Crowd­fun­ding kann diese Finan­zie­rungs­lü­cke im Pre-Seed‑, Seed- sowie Start-up-Stadium zumin­dest ver­rin­gert werden.

(Recht­li­che) Aus­prä­gungs­for­men von Crowdfunding

Als Aus­gangs­punkt für die wesent­li­chen steu­er­li­chen Aspekte im Zusam­men­hang mit Crowd­fun­ding ist es hilf­reich, typische Aus­prä­gungs­for­men der Finan­zie­rungs­in­stru­men­te im Rahmen des Crowd­fun­ding kurz darzustellen.

  • Stille Betei­li­gung

Bei einer stillen Betei­li­gung wird Kapital für einen bestimm­ten Zeitraum zur Ver­fü­gung gestellt, ohne dass der Kapi­tal­ge­ber nach außen hin in Erschei­nung tritt. Der Kapi­tal­ge­ber hat das nach­ran­gi­ge Recht, am Gewinn des Unter­neh­mens teil­zu­ha­ben und das inves­tier­te Kapital nach Ablauf der Betei­li­gungs­frist zurück­zu­er­hal­ten. Während ein atypisch stiller Betei­lig­ter das unter­neh­me­ri­sche Risiko mitträgt, bis zur vollen Höhe seiner Einlage haftet und an mög­li­chen Wert­stei­ge­run­gen des Unter­neh­mens par­ti­zi­piert, ist bei der typisch stillen Betei­li­gung die Betei­li­gung am Verlust unter­neh­mens­recht­lich aus­ge­schlos­sen.

  • Genuss­rech­te bzw. Genussscheine

Genuss­rech­te ver­mit­teln schuld­recht­li­che und keine gesell­schafts­recht­li­chen Ansprü­che gegen die Gesell­schaft auf Teil­nah­me am Gewinn oder Liqui­da­ti­ons­er­lös. Der Investor wird durch das Genuss­recht jedoch nicht Gesell­schaf­ter und erhält demnach keine Mit­glieds­rech­te, Stimm­rech­te oder Ver­wal­tungs­rech­te. Je nach Aus­ge­stal­tung können Genuss­rech­te ihrem hybriden Cha­rak­ter ver­gleich­bar als Eigen- oder als Fremd­ka­pi­tal klas­si­fi­ziert werden. Ähnlich einer atypisch stillen Betei­li­gung kann ein Genuss­recht die Teil­nah­me am Gewinn, Verlust und an einer even­tu­el­len Wert­stei­ge­rung ver­mit­teln. Ver­brief­te Genuss­rech­te werden als Genuss­schei­ne bezeichnet.

  • Par­tia­ri­sches Darlehen

Das par­tia­ri­sche Darlehen ähnelt als hybrides Finan­zie­rungs­in­stru­ment stark dem unver­brief­ten Genuss­recht, ins­be­son­de­re wenn eine variable Ver­zin­sung in Form einer Gewinn­be­tei­li­gung und ein Rück­zah­lungs­an­spruch, jedoch keine weiteren Ver­mö­gens­rech­te, gewährt werden. Wichtig ist, dass bei einem par­tia­ri­schen Darlehen Ver­lust­be­tei­li­gung, Bezugs- und Umtausch­rech­te und eine Betei­li­gung am Liqui­da­ti­ons­er­lös nicht möglich sind.

Steu­er­li­che Aspekte

Von den viel­fäl­ti­gen steu­er­li­chen Anknüp­fungs­punk­ten zum Thema Crowd­fun­ding sollen beson­ders jene steu­er­li­chen Aspekte her­vor­ge­ho­ben werden, welche für eine natür­li­che Person als Investor in ein Crowd­fun­ding-Projekt relevant sind. Als Aus­gangs­punkt ist zuvor noch die vor allem bei Genuss­rech­ten wichtige Abgren­zung zwischen Eigen- und Fremd­ka­pi­tal beim Kapi­tal­neh­mer zu nennen. Im Kör­per­schaft­steu­er­recht erfolgt eine klare Grenz­zie­hung, indem Genuss­rech­te dann als steu­er­li­ches Eigen­ka­pi­tal ein­zu­ord­nen sind, wenn sie sowohl eine Betei­li­gung am (lau­fen­den) Gewinn als auch am Liqui­da­ti­ons­ge­winn gewähren. Es handelt sich dann um ein soge­nann­tes „Sub­stanz­ge­nuss­recht“, welches auch zur Folge hat, dass die Ver­gü­tun­gen an den Genuss­rechts­in­ha­ber (Kapi­tal­ge­ber) steu­er­lich nicht abzugs­fä­hig sind. Es ist nämlich Einkommens­ver­wen­dung beim Kapi­tal­neh­mer gegeben. Hingegen liegt ein Nomi­nal­ge­nuss­recht (obli­ga­tio­nen­ähn­li­ches Genuss­recht) vor, wenn keine Betei­li­gung am Gewinn und/oder am Liqui­da­ti­ons­ge­winn vor­ge­se­hen ist. Aus Sicht des Kapi­tal­neh­mers handelt es sich dann steu­er­lich um Fremd­ka­pi­tal und die Ver­gü­tun­gen an die Inves­to­ren sind steu­er­lich abzugs­fä­hig.

Auf Seiten der Crowd­fun­ding-Inves­to­ren ist die Unter­schei­dung zwischen Sub­stanz­ge­nuss­recht (Eigen­ka­pi­tal) – das ist in Öster­reich die vor­herr­schen­de Form auf Crowd­fun­ding-Platt­for­men – und Nomi­nal­ge­nuss­recht (Fremd­ka­pi­tal) auch bedeut­sam für die steu­er­li­chen Folgen. Ver­gü­tun­gen aus Sub­stanz­ge­nuss­rech­ten, die im Pri­vat­ver­mö­gen gehalten werden, unter­lie­gen dem KESt-Abzug i.H.v. 27,5% und sind end­be­steu­ert. Ver­gleich­ba­res gilt, wenn das Sub­stanz­ge­nuss­recht von der natür­li­chen Person im Betriebs­ver­mö­gen gehalten wird. KESt-Abzug mit End­be­steue­rungs­wir­kung beim Investor kann auch bei Nomi­nal­ge­nuss­rech­ten ein­tre­ten, sofern das Genuss­recht ver­brieft ist und öffent­lich ange­bo­ten wurde (public pla­ce­ment). Andern­falls müssen die Ein­nah­men aus diesen fremd­ka­pi­tal­ar­ti­gen Genuss­rech­ten vom Investor der Regel­be­steue­rung (pro­gres­si­ver Steu­er­satz bei natür­li­chen Personen) unter­wor­fen werden.

Bei Crowd­fun­ding in Form einer typisch stillen Betei­li­gung sind die Ver­gü­tun­gen beim Kapi­tal­neh­mer regel­mä­ßig steu­er­lich abzugs­fä­hig und führen beim Investor zu Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen bzw. zu betrieb­li­chen Ein­künf­ten, welche der Tarif­be­steue­rung unter­lie­gen. Es kommt nicht zur KESt-(End)Besteuerung.

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