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Artikel zum Thema: Verkehrsunfall

Arzt­be­such im Kran­ken­stand muss dem Arbeit­ge­ber ange­kün­digt werden

Kate­go­rien: Manage­ment-Info , Ärzte-Info

August 2016 

Der Kran­ken­stand dient der Genesung des Arbeit­neh­mers und ist daher mit gewissen Pflich­ten des Arbeit­neh­mers und des Arbeit­ge­bers ver­bun­den. Bedeu­tend ist dabei, dass sich der Arbeit­neh­mer schonen soll und daher auch der Auf­ent­halt außer­halb seines Zuhauses — abge­se­hen z.B. von Arzt­be­su­chen bzw. wenn es der Heilung för­der­lich ist – nur begrenzt erlaubt ist. Auf der anderen Seite soll auch der Arbeit­ge­ber den kranken Arbeit­neh­mer während des Kran­ken­stands „in Ruhe lassen“. Im Sinne der Wahrung der betrieb­li­chen Inter­es­sen des Arbeit­ge­bers kann es vor allem bei längeren Kran­ken­stän­den jedoch sein, dass der Arbeit­neh­mer seiner Aus­kunfts­pflicht auch während des Kran­ken­stands nach­kom­men muss (z.B. per E‑Mail oder Telefon).

Selbst der Weg zum Arzt, welcher ja während des Kran­ken­stands regel­mä­ßig von zuhause aus erfolgt, sollte aus ver­si­che­rungs­tech­ni­schen Gründen mit Bedacht beschrit­ten werden. Der Oberste Gerichts­hof hatte sich dies­be­züg­lich mit einem tra­gi­schen Fall (GZ 10 ObS 131/15k vom 19.1.2016) aus­ein­an­der­zu­set­zen. Es ging dabei um die Frage, ob gesetz­li­cher Unfall­ver­si­che­rungs­schutz auch auf dem Weg von zuhause zum Arzt (und retour) während des Kran­ken­stands besteht. Konkret hatte sich ein nunmehr rund 40jähriger Mann während seiner unselb­stän­di­gen Tätig­keit mit dem Schrau­ben­zie­her in die linke Hand gesto­chen. Die Ver­let­zung ver­heil­te ohne Kom­pli­ka­tio­nen, jedoch bildete sich mehrere Jahre nach dem Arbeits­un­fall an der Ein­stich­stel­le ein kleines Knötchen, das operativ entfernt werden musste. Während des Kran­ken­stan­des nach diesem ope­ra­ti­ven Eingriff fuhr der Mann von seiner Wohnung zu seinem Hausarzt, um Kon­trol­le und Ver­bands­wech­sel durch­füh­ren zu lassen. Auf dem Rückweg von der Ordi­na­ti­on erlitt der Patient bedingt durch Stra­ßen­glät­te einen Ver­kehrs­un­fall, welcher sehr schwere Ver­let­zun­gen (Lähmung vom achten Brust­wir­bel abwärts) nach sich zog. Da der Ver­kehrs­un­fall letzt­lich auf den Arbeits­un­fall vor mehreren Jahren zurück­zu­füh­ren ist, wollte der Ver­un­fall­te bei der Unfall­ver­si­che­rungs­an­stalt (mit Hinweis auf den gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rungs­schutz) eine Voll­ren­te (Ver­sehr­ten­ren­te) geltend machen.

Arzt­be­such muss für Erhalt des Ver­si­che­rungs­schut­zes dem Arbeit­ge­ber zuvor ange­kün­digt werden

Nachdem die Vor­in­stan­zen die Inan­spruch­nah­me der Unfall­ver­si­che­rungs­an­stalt ver­nein­ten, betonte der OGH in seiner Ent­schei­dung, dass Maß­nah­men zur Erhal­tung oder Wie­der­her­stel­lung der Gesund­heit grund­sätz­lich dem unver­si­cher­ten per­sön­li­chen Lebens­be­reich zuzu­rech­nen sind. Etwas anderes gilt jedoch bei Arbeits­un­fäl­len, welche auch Unfälle mit­ein­schlie­ßen, die sich auf dem Weg von der Arbeits­stät­te (Aus­bil­dungs­stät­te) oder der Wohnung zur Unter­su­chungs- oder Behand­lungs­stel­le ereignen. Hin­ter­grund dafür ist, dass der mit der Arbeits­tä­tig­keit zeitlich zusam­men­hän­gen­de Arztweg in den Schutz der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung ein­be­zo­gen werden soll, sofern der Arzt­be­such dem Dienst­ge­ber zuvor bekannt gegeben worden ist. Mit der Vor­ankün­di­gung des Arzt­be­su­ches wird der Ver­si­che­rungs­trä­ger durch zumin­dest zeitlich im Vor­hin­ein fest­ge­leg­te Grenzen vor miss­bräuch­li­cher Inan­spruch­nah­me geschützt. Wird der Arbeit­ge­ber nicht im Vorfeld über den (geplan­ten) Arzt­be­such infor­miert, so fehlt es an dem unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang mit einem Weg von oder zur Arbeits­stät­te, welcher bei einem Arzt­be­such während des Kran­ken­stands ja regel­mä­ßig per se nicht gegeben ist (der Arbeit­neh­mer befindet sich ja gerade nicht an seinem Arbeits­platz). An dem dann feh­len­den gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rungs­schutz ändert sich auch nichts, wenn — wie im zugrun­de­lie­gen­den Fall — der Kran­ken­stand durch einen früheren Arbeits­un­fall ver­ur­sacht worden war.

Der OGH bleibt in dieser hart anmu­ten­den Ent­schei­dung seiner Linie treu und macht die vor­he­ri­ge Meldung des Arzt­be­suchs am Arbeits­platz zur Bedin­gung für den gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rungs­schutz. Es ist daher ratsam, vor einem Arzt­be­such während des Kran­ken­stands, welcher ja im Regel­fall von zuhause aus ange­tre­ten wird, unbe­dingt den Arbeit­ge­ber zu infor­mie­ren, um nach­tei­li­ge Kon­se­quen­zen zu ver­mei­den. Dabei ist es uner­heb­lich, ob es sich um einen „normalen“ Kran­ken­stand handelt oder dieser durch einen früheren Arbeits­un­fall bedingt ist. Selbst wenn sehr viel Pech zusam­men­kom­men muss, damit man auf dem Weg zum Arzt bzw. am Rückweg vom Arzt einen schweren Unfall erleidet, sollte man die recht­zei­ti­ge Meldung beim Arbeit­ge­ber (z.B. mittels Anruf oder E‑Mail vor Antritt des Weges) nicht scheuen. Ansons­ten besteht kein gesetz­li­cher Unfall­ver­si­che­rungs­schutz und man muss privat für die oftmals beträcht­li­chen Fol­ge­kos­ten aufkommen.

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